In der Tat hatte ich schön geträumt, weil ich von ihm geträumt hatte. Wir waren zurück im Urlaub und machten am Abend einen Strandspaziergang. Er hatte seinen Arm um meine Taillie gelegt und hielt gleichzeitig meine Hand. Der Wind bließ durch meine Haare und das Meer rauschte.
Diesmal wache ich sanft auf. Weder meine Mutter noch mein Handy hatten mich geweckt. Ich setzte mich auf, streckte mich und sah mich um. Oh Gott, hatte ich lange geschlafen, es war schon 13:00. Alex schlief noch und ich wollte ihn auch nicht wecken. Also schlich ich mich auf Zehenspitzen ins Bad und machte mir einen Zopf. Aussehen gleich Vogelscheuche, aber er wird sich damit abfinden müssen und ich auch. Dann fing ich an mir die Zähne zu putzen. Das endete bei mir immer damit, dass ich die ganze Zahnpasta rund um den Mund verteilt hatte und aussah, als hätte ich Tollwut.
"Good Morning"
Ich erschrank. Naja, Morning traf es nicht so ganz. Schnell spülte ich meine Zahnbürste ab und befreite mein Gesicht von der Zahnpasta.
"Gut geschlafen?", fragte ich während ich versuchte meine zerzausten Haare glatt zu kriegen. Warum hatte ich diesen blöden Zopf nur wieder aufgemacht?
"Ja, tief und fest. Aber an deiner Rausschleichtechnik musst du noch ein bisschen feilen, wenn du mich nicht aufwecken willst."
Er lächelte. Tzz..., vielleicht wollte ich ihn aufwecken. Mit einem unbeeindruckten Blick verließ ich das Bad und ging in mein Zimmer zu meinem Schminktisch. Alex folgte mir. Es war kein typischer Mädchenschminktisch mit Blümchen und pinken Nagelläcken und pinken Lippenstiften, es standen einfach nur ein paar Produkte darauf. Schwarze Kajale, Mascaras, Puder, zwei, drei Lippenstifte und noch ein paar andere Dinge. Im Gegensatz zu manchen 12-jährigen hatte ich nicht wirklich viel Make Up. Während ich also in 5 Minuten einen akzeptablen Look schminkte, stylte er seine Haare. Meiner Meinung nach hätte er nichts an seinen Haaren machen müssen, denn die sahen auch so schon toll aus.
"Was steht eigentlich heute auf dem Programm?", fragte er mich.
"Naja, heute ist dieses Austauschschüler Treffen"
"Ach ja, das habe ich total vergessen"
"Aber wenn du nicht willst, müssen wir nicht hingehen"
Er schwieg kurz. Entweder weil er das Haarspray suchte oder weil er nachdachte.
"Doch, ich will dahin. Schließlich will ich ja auch deine Freunde kennenlernen."
Oh ja, das finde ich eine grandiose Idee. Endlich konnte ihn Sam in echt kennenlernen, denn sie kam auch zu dem Treffen, obwohl sie keinen Mitbewohner bekommen hatte. Wahrscheinlich hatte sie Finn solange genervt, bis sie einwilligte. Apropos, ich hatte ihr von Alex noch garnicht erzählt. Das Treffen stand unter dem Motto "Freunde verbringen Zeit mit Freunden", das hieß Finn, Sam und ich setzten uns mit Alex und Zac zusammen, dem Austauschschüler von Finn, die sich ja auch kannten, und verbrachten gemeinsam den Tag. Ich fand das ganze etwas komisch, aber ich ließ die Veranstalter einfach machen. Da Montag war, hatte niemand gekocht, weil meine Eltern beide in der Arbeit waren, hungrig waren wir beide aber auch nicht. Diesmal nahm ich sogar meine Lederjacke mit, für den Fall, dass es spät werden würde.
"Emily?"
"Hm?"
"Du siehst wunderschön aus."
Mein Herz machte einen Satz und ich lief wieder rot an. Verlegen blickte ich zu Boden. Ich sperrte die Haustür hinter uns zu und dann spazierten wir los.
Der Weg war nicht weit, denn die Veranstaltung fand auf dem Schulgelände statt und entweder man nahm den Bus und fuhr sieben Stationen oder man ging zehn Minuten zu Fuß. Wir (oder viel mehr ich) entschieden uns gegen den Bus, weil ich viel lieber Zeit mit ihm allein verbringen wollte. Also gingen wir nebeneinander her und immer wieder wandte ich meine Kopf zu ihm und wir sahen beide grinsend wieder weg. Nach Reden war keinem von uns richtig zu mute, aber mich störte das ganz und garnicht. Nun war es nicht mehr weit, nur noch diesen Zebrastreifen überqueren, dann 500 Meter und wir waren da. Ich setzte meine Füße auf die Straße ohne groß nach links oder rechts zu sehen, was ein riesen Fehler gewesen war. Ein ohrenbetäubunges Hupen war zu hören, Alex packte mich am Handgelenk und riss mich zurück auf den Bürgersteig. Es ging alles so schnell. Ich landete an seinem Oberkörper und klammerte mich an ihn weil ich vor Schock nicht wusste, was ich tun sollte. Meine Atmung verlangsamte sich nicht. Was war da eben gerade passiert? Alex legte seine Hand auf meinen Rücken.
"Alles okay?"
"Ich denke schon"
Hatte mir Alex gerade das Leben gerettet? Ich sah ihm in seine Augen. Sie funkelten nicht, sie sahen eher angsterfüllt aus.
"Versprich mir, dass du mir nie wieder so einen Schrecken einjagst."
Ich nickte. Er nahm meine Hand, wie die eines kleinen Kindes und wir gingen über die Straße. Doch anstatt sie dann loszulassen setzten wir den Rest des Weges Hand in Hand fort. Mein Bauch kribbelte. Wieso mussten wir schon da sein? Sam saß mit ihrem iPad auf dem Schoß im Gras und als sie uns erblickte stand sie auf und grinste. Ich ließ seine Hand los, obwohl es mir schwer fiel.
"Willst du uns einander nicht vorstellen?"
"Klar. Sam, das ist Alex. Alex, Sam."
Sie riss die Augen auf und formte ihren Mund zu einem O. Die wuscheligen, dunkelbraunen Haare, der Körper, das Lächeln - meine Beschreibung dürfte gut gewesen sein, sie hatte es sofort geschnallt.
"Nice to meet you, Alex. Ist das dein Ernst? Dein Urlaubsschwarm wohnt für die nächsten sechs Monate bei dir Zuhause?! , fragte sie mich auf Deutsch, sodass er es nicht verstehen konnte.
Sie schien auszuflippen, umarmte mich und riss mich hin und her. Alex stand daneben und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Doch von einem Augenblick auf den anderen war sie wie wegtreten und es sah so aus, als ob sie ins Leere starrte. Als ich ihren Blick folgte merkte ich, dass es nicht so war. Auf uns drei kamen Finn und Zac zugesteuert. Zac, ein großer, leicht gebräunter Brite mit blonden Haaren, den ich auch aus dem Urlaub kannte, war auch ein Freund von Alex und die zwei begrüßten sich mit einem Handschlag. Auch Zac schien Interesse an Sam zu zeigen.
"Hi, ich bin Zac und wie lautet der Name des wunderschönen Mädchens mir gegenüber?", fragte er in seinem tollen britisch und einem strahlenden Lächeln, das weit nicht an Alex' herankam.
Er erschien mir ein bisschen draufgängermäßig, aber Sam war hin und weg.
"Mein Name ist Sam. Ähm.. soll ich dir die Schule zeigen?"
Zac willigte sofort ein und schon waren die beiden weg. Finn war genauso überrascht wie Alex und ich. Aber ich spürte auch ein bisschen Eifersucht in seinem Blick. Hatte er doch Gefühle für Sam? Tja, vielleicht hätte er die ein bisschen früher auspacken sollen, wir drei kannten uns ja schon seit Jahren. Als auch Finn verschwand (vermutlich um die restlichen aus unserer Klasse zu suchen) beschlossen Alex und ich, Sam und Zac ein wenig nachzuspionieren oder besser gesagt so zu tun als ob auch ich Alex die Schule zeigte. Wir suchten bestimmt zehn Minuten, rannten durch die Gänge, sahen in allen Klassenräumen nach, doch keine Spur von ihnen. Also schlenderten wir wieder nach draußen und sahen sie im Innenhof sitzen. Sie hatten sich ein schattiges Plätzchen unter dem riesigen Kastanienbaum gesucht und redeten. Beide schienen angespannt. Doch die Lage spitze sich zu, denn von rechts stolzierte die Schulzicke Chloe auf sie zu. Ich schlug mir die Hand vor den Mund. Nein, sie wagte es nicht, das zu zerstören! Und ob sie das tat...
![](https://img.wattpad.com/cover/20702086-288-k882530.jpg)
DU LIEST GERADE
Neuer Schüler , Mitbewohner und große Liebe?
RandomÜber ihn hinwegkommen? Tja, das war schwierig für Emily. Sie konnte ihre "Summer Love" Alex einfach nicht vergessen. Vielleicht musste sie das aber auch nicht. Sticht ihr nach dem Urlaub sofort ein Neuer ins Auge oder gibt es ein Comeback von dem g...