Ich schnappte meine Lederjacke und den Haustürschlüssel und machte mich auf den Weg. Es dämmerte mittlerweile und etwas kälter war es auch geworden. Eigentlich könnte ich jetzt mit kuscheligen Socken in meinem Bett hocken und Serien gucken, aber da ich ja so eine tolle Freundin bin und mit Finn herausfinden wollte, was Sam, Zac und vor allem Alex draußen machten, bin ich jetzt auf dem Weg zu Finns Haus. Warum? Weil mir nach diesem Telefonat einiges klar geworden war. Finn war definitiv eifersüchtig auf Zac. Sam, Finn und ich waren schon jahrelang befreundet und ich hatte nie das Gefühl, dass da was zwischen den beiden läuft. Klar, sie hatten die selben Interessen und verstanden sich immer gut, aber dass da mehr war...? Okay, vielleicht war ich einfach nur zu dumm, um es zu checken - wäre ja nicht das erste Mal. Die Straße war, obwohl es noch nicht so spät war, bis auf einzelne Menschen leer. Ich beobachtete eine Mutter die ihre Kinder an den Händen hinter sich her zog (nicht dass sie noch das Sandmännchen verpassten). Ich bog rechts in die nächste Straße ein und schlenderte weiter. Was wollte Finn eigentlich mit der Aktion bezwecken? Hoffte er, dass Sam immer noch sauer auf Zac war und er ihm einen Vortrag drüber halten konnte, dass er sie nicht verletzten durfte? Oder war sein Ziel, Sam seine Liebe zu gestehen? Ich musste ihn auf jeden Fall darüber ausfragen. Bei seinem Haus angelangt drückte ich die Klingel und eine Sekunde später öffnete sich die Tür, er hatte also schon auf mich gewartet. So lange hatte ich doch gar nicht gebraucht. Als ich ihm nach seinem Plam fragte, grinste er.
"Naja, wir gehen die beiden oder die drei jetzt suchen und dann sehen wir weiter"
Gesagt getan. Ohne Plan (okay, für Finn war es ein Plan) irrten wir eine halbe Stunde durch die so gut wie garnicht befahrenen Straßen, einige Gassen und durch die Fußgängerzone. Langsam zweifelte ich daran, dass wir sie noch fanden. Finn schien es genauso zu gehen, er sah echt deprimiert aus. Die ganze Zeit über suchte ich nach dem richtigen Augenblick, um ihn nach seinen Gefühlen für Sam zu fragen, aber jetzt war es so weit. Jetzt musste ich es tun.
"Finn?"
"Ja?"
"Darf ich dich was fragen?"
"Nein, du darfst nicht mit meinem Motorrad fahren."
Ich grinste, damit nervte ich ihn schon seit Monaten.
"Es geht um was anderes."
"Oh, okay"
"Was fühlst du für Sam?"
"Hä, was soll die Frage?"
"Naja, man merkt, dass du tierisch eifersüchtig auf Zac bist"
"Tzz, ich und eifersüchtig? Auf den?"
Er biss sich auf die Unterlippe und kratzte sich am Hinterkopf. Ich hatte ihn ertappt. Und außerdem: Warum sollte er nicht eifersüchtig auf Zac sein? Er sah gut aus, war charmant und sprach englisch. Das traf natürlich auch auf Alex zu, aber er hatte ja nichts mit Sam zu tun oder doch? Plötzlich bekam ich Panik. Was ist wenn sie sich bei ihm ausheulte und er Gefühle für sie entwickelte? Nein, das würde sie mir nicht antun, sie war eine meiner besten Freundinnen. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen.
"Okay, ich gebe es ja zu. Sam ist ein wunderschönes Mädchen, hat ein tolles Lächeln, atemberaubende Augen und schöne Haare. Sie vergöttert, so wie ich, Chelsea, spielt gut Volleyball und sie ist einfach eine der wenigen Personen, mit denen ich über alles reden kann. Sie ist nicht nur das Mädchen in das ich mich über die Jahre verliebt habe, sondern auch meine beste Freundin. Und dann kommt auf einmal dieser Zac und macht das alles kaputt!"
Ich blieb aprupt stehen. Er errötete ein wenig, aber ich fand dieses Liebesgeständis unglaublich süß. Sein Blick war starr auf den Boden gerichtet. Seufzend setzte ich mich wieder in Bewegung und zog ihn weiter. Ohne weitere Worte zu wechseln setzten wir unseren Weg fort. Ich hätte gern etwas gesagt, aber ich wusste nicht was. Es war ein peinliches Schweigen. Soetwas gab es zwischen Finn und mir noch nie, außer am Anfang unserer Freundschaft und das war schon länger her. Eilig versuchte ich diese Minuten der Stille zu überbrücken indem ich überlegte, wo Sam sich mit Zac treffen könnte. Da fiel es mir plötzlich ein. Warum bin ich da nicht sofort drauf gekommen und vor allem Finn? Es hätte bei uns beiden sofort KLICK machen sollen.
"Natürlich, es liegt doch auf der Hand!", freute ich mich die Antwort gefunden zu haben. "Wo treffen wir uns immer, wenn wir reden wollen und wir Zuhause keine Ruhe haben?", fragte ich und wusste, dass Finn nun auch wusste wovon ich sprach.
"Na klar", grinste er,"das Talkfe!"
Ein kleines Café, das wir drei bei einem unserer Stadtbummel entdeckt haben, war seit diesem Tag unser Stammlokal. Und weil niemand in unserer Umgebung das Café kannte und wir ungestört reden konnten nannten wir es eines Tages Talkfe. Das beste am Talkfe war, dass es 24 Stunden offen hatte und man, wenn man Zeit zum Nachdenken oder in den seltensten Fällen zum Lernen brauchte, sich einfach einen Kaffee bestellen und sich die Zeit vertreiben konnte. Da wir ziemlich oft da waren, kannten wir den Weg genauso gut wie den Weg zur Schule. Nachdem wir weitere 15 Minuten durch das Schwarz der Nacht streiften, kamen wir endlich an. Finn konnte es kaum erwarten die Tür zu öffnen, doch ich hielt ihn zurück.
"Was hast du denn vor, jetzt da wir sie offensichtlich gefunden haben?", fragte ich wieder.
"Naja, wir belauschen sie erstmal", antwortete er, löste sich aus meinem Griff und öffnete die Tür. Das war so garnicht er. Ich folgte ihm. Wir steuerten auf unseren Tisch zu, der wie immer nicht besetzt war. Nachdem wir uns gesetzt hatten, suchten wir den ganzen Raum nach bekannten Gesichtern ab. Ich erblickte einen schwarz gekleideten Jungen mit vielen Piercings, ein Pärchen, das so alt wie meine Eltern sein musste und drei Teenager, die... Oh, das waren Sam und die anderen! Mit einer Kopfbewegung deutete ich in ihre Richtung. Finn wandte sich um und wieder zurück zu mir.
"Was machen wir jetzt?", fragte er panisch.
Ich grinste:"Die Frage ist eher, was machst du?"
"Hör zu Sam, ich habe echt Mist gebaut. Können wir nicht nochmal neu anfangen?", hörte ich Zac auf der anderen Seite des Raums. Finns und meine Aufmerksamkeit war nun bei den Dreien.
"Also bereust du es mich geküsst zu haben?", wollte sie wissen und sie klang genauso aufgebracht wie bei unserem Skypegespräch vorhin.
"Nein, auf keinen Fall! Ich, du, ich meine ..."
Er stütze seinen Kopf mit seinen Händen und seufzte. Ich war froh, nicht die einzige zu sein, die Sam kompliziert fand. Sie senkte ihren Blick und starrte in ihren Kaffeebecher.
"Ihr seid doch total kindisch", meldete sich Alex zum ersten Mal in der Konversation zu Wort und grinste. Er schien die mentale Unterstützung für Zac darzustellen, doch momentan mal... wie unterstützte er ihn eigentlich? Ihn als kindisch zu bezeichnen, war nicht gerade bestärkend. Während er einen Schluck von seinem Kaffee nahm, trafen sich unsere Blicke. Schnell sah ich weg. Shit, er hatte uns bemerkt. Doch anstatt uns zu rufen oder mir einen "Haut ab" - Blick zuzuwerfen, verschwand er auf die Toilette. Finn schien ihm folgen zu wollen, also standen wir beide wieder auf. Er schnitt Alex den Weg ab.
"Was geht da bei denen ab?", fragte Finn ziemlich aufgebracht, aber dennoch nicht zu laut.
Wir gingen vor die Tür und er musterte mich von Kopf bis Fuß. Ich spürte ein Kribbeln in meinem Bauch.
Finn schnippte vor unseren Gesichtern: "Hey Leute, hier spielt die Musik. Also, haben sie sich schon ausgesprochen?"
"Nein, habt ihr ja gehört. Wir sitzen jetzt bestimmt schon eine halbe Stunde in diesem Café und sind nicht weitergekommen", antwortete Alex. Er hatte seine Hände in die Hosentaschen gesteckt und seine Stimme klang wirklich sexy. Finn warf ihm einen skeptischen Blick zu. Obwohl er es doch gerade selbst gehört hatte, schien er ihm nicht zu glauben. Er benahm sich einfach total daneben und total untypisch für ihn.
"Finn, du steigerst dich da in etwas hinein. Egal, ob Sam und Zac sich jetzt aussprechen oder nicht, an der Sache zwischen euch wird sich nichts ändern, solange du nicht den Mund aufkriegst", versuchte ich ihm auf Deutsch zu erklären, ich wusste ja nicht, ob er wollte, das Alex bescheid wusste. Wahrscheinlich nicht, weil wenn er es nicht einmal mir gesagt hatte.
"Wenn er wann den Mund nicht aufkriegt?", hörte ich ein Echo hinter mir - Sam. Ich wandte mich um. Sie und Zac waren aus dem Lokal gekommen und grinsten uns an. Hatten sie sich jetzt innerhalb von 2 Minuten ausgesprochen? Ich verstand die Welt nicht mehr.
"Alles cool zwischen euch?" , wagte Alex die Frage.
Beide nickten und teilten uns mit, dass sie schon totmüde waren und ins Bett wollten.
"Aber jetzt seid ihr dran", sagte Zac und schob Alex und mich hinein, während die anderen nach Hause gingen. Mit was waren wir dran? Sam hatte ihm doch nicht von unserem Kuss erzählt? Sie wollten doch nicht, dass wir über unseren Kuss sprachen? Ich ahnte Böses.
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Neuer Schüler , Mitbewohner und große Liebe?
RandomÜber ihn hinwegkommen? Tja, das war schwierig für Emily. Sie konnte ihre "Summer Love" Alex einfach nicht vergessen. Vielleicht musste sie das aber auch nicht. Sticht ihr nach dem Urlaub sofort ein Neuer ins Auge oder gibt es ein Comeback von dem g...