Das hatte mich überrumpelt.
"Wieso ich?"
"Hör zu...ähm... es gibt da etwas, dass du nicht weißt."
Fängt ja schon mal toll an. So konnte man eine Beziehung aufbauen - natürlich auf freundschaftlicher Ebene. Er sah zu Boden.
"Naja, ich... . Deine Mum..."
Oh nein, was hatte meine Mum mit der ganzen Sache schonwieder zu tun. Warum musste sie sich immer und überall einmischen?
"Sie hat mir am Tag eurer Abreise einen Zettel gegeben. Auf diesem Zettel hatte sie ihre Email Adresse geschrieben und sie sagte, falls mir etwas an dir lag, sollte ich mich melden."
Er legte eine Pause ein, schüttelte den Kopf und grinste. Es schien ihm peinlich zu sein.
"Ich hatte nicht den Mut, dich anzusprechen und..."
Wieder brach er ab. Oh Gott, ich lief wahrscheinlich genau in diesem Moment rot an. Cool bleiben, cool bleiben.
"... da sie noch ein paar Last Minute Austauschschüler suchten dachte ich, dass das eine Möglichkeit wäre, dich nochmal zu sehen."
Hilfe, jetzt war meine Röte nicht mehr zu stoppen. Er war einfach so toll. Seit meiner Abreise hatte ich gegen ihn und meine Gefühle für ihn gekämpft, doch in Wahrheit war es sinnlos. Ich wollte das Wort ergreifen.
"Ich ähm..."
"Du brauchst jetzt nichts zu sagen. Ich weiß, dass ich Scheiße gelabert habe und es tut mir leid. Wollen wir uns einfach wie normale Mitbewohner verhalten?"
So schnell konnte er den Spieß wieder umdrehen. Aber er hatte recht. Wir aßen unsere Pizza auf, ich zahlte und wir gingen weiter. Ich zeigte ihm die besten Orte zum Einkaufen, die Discos, in denen sich die Schulschlampen, aber auch normale Leute rumtrieben (ich war nicht so der Partytyp. Ich saß lieber allein Zuhause vorm Fernseher oder skypte mit Sam) und am Ende noch einen kleinen Park am Stadtrand. Wir setzten uns auf eine der Parkbänke und beobachteten die Enten im Teich. Bis jetzt hatte ich immer noch nicht realisiert, dass wir die nächsten sechs Monate miteinander verbringen, uns durch den Schulalltag schlagen und er meine ganze Klasse kennenlernen würde. Verrückt.
"Kann ich dich etwas fragen?", kam es ganz plötzlich von ihm.
"Klar"
"Warum hast du mich nicht angesprochen?"
Ich traute mich nicht, diese Frage zu beantworten. Ich wollte ehrlich sein, aber auch nichts Falsches sagen. Aber das war die Antwort auf die Frage: Angst.
"Ich hatte Angst, etwas Falsches zu sagen oder überhaupt nicht einmal ein Wort rauszubekommen. Angst, dass du nicht mit mir reden willst, dass du eine Freundin hast oder dass du..."
Er drehte sich zu mir und lächelte. Dann strich er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Mein Herz pochte schneller und doch fühlte dieser Moment sich endlos an. Wir saßen einfach nur da und blickten einander in die Augen. Diesmal wandte ich meinen Blick nicht ab, nein, ich wollte ihn nicht aus den Augen lassen. Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich so wunderschöne braune Augen gesehen. Außerdem wusste ich nicht, wie er es geschafft hatte, das ich mich innerhalb von einer Urlaubswoche in ihn verliebte. Dieser Junge war besonders, das spürte ich. Wir schlenderten weiter und langsam wurde es dunkel. Stundenlang waren wir kreuz und quer unterwegs gewesen, dabei hatte ich die Zeit total vergessen. Doch solange ich meine Zeit mit ihm verbrachte, betrachtete ich sie nicht als verschwendet. Es wehte eine leichte Brise und ich bekam Gänsehaut. Wie dumm war ich auch gewesen in kurzer Hose und Trägertop herumzulaufen. Alex schien mein Frieren zu bemerken, doch auch er hatte nichts zum Anziehen dabei. Eigentlich war das gut, denn sonst hätten wir dieses "Er gibt ihr die Jacke, weil ihr kalt war" - Klischee erfüllt. Stattdessen legte er seinen Arm um mich und strich mit seiner Hand über meinen Oberarm. Das machte man doch als Freunde auch oder? Oder? Ich spürte seine Körperwärme und das beschärte mir ein Kribbeln im Bauch. Das konnte doch nur ein Traum sein.
Endlich waren wir bei mir Zuhause angekommen. Meine Eltern schienen beide unterwegs zu sein. Trotz der Tatsache, dass wir das ganze Haus für uns allein hatten, zogen wir uns in mein Zimmer zurück. Zuvor bat ich ihm noch eine Tasse Tee an, doch er lehnte diese mit einem Glaubst du, wir Briten trinken außer Tee nur Tee? ab. Wir managten das gut: Ich zog mich im Bad um, während er sich in meinem Zimmer Bett fertig machte. Zum Schlafen trug ich eine Shorts und ein weites T-Shirt, das war nicht zu heiß und auch ziemlich bequem. Als ich zurück in mein Zimmer kam stand er oberkörperfrei vor mir, er trug nur eine Jogginghose.
"Ist es okay, wenn ich so schlafe?"
Als ob ich darauf ernsthaft Nö, zieh dir bitte ein Shirt an geantwortet hätte. Sein Körper sah einfach so toll aus. Er war trainiert, doch er besaß kein Sixpack, das mich persönlich nicht störte, denn meiner Meinung nach hielten sich Jungs mit extrem trainiertem Body eh oft für etwas Besseres. Außerdem hatte ich ihn im Urlaub ja schon in Badehose gesehen, von daher...
"Nö, kein Problem", antwortete ich möglichst lässig.
Ich setzte mich auf mein Bett, schnappte mir mein Handy und las die neusten Tweets auf Twitter. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er mich dabei beobachtete. Jedes andere Mädchen, das ihren neuen Mitbewohner erst seit heute kannte, wäre das vielleicht unangenehm gewesen, doch ich fand es schön - schon im Urlaub. Mir war zwar immer noch nicht klar, warum er genau bei uns gelandet war und nicht bei Finn oder sonst irgendwem, aber ich wollte ihn momentan auch nicht fragen. Ich legte mein Handy weg, drehte mich auf den Bauch, schnappte mir ein Kissen und sah in seine Richtung. Er grinste mich an. Vor einer Woche wollte ich es nicht zulassen, weil ich ihn ja nie wieder gesehen hätte, doch heute war mir das egal, denn er würde sechs Monate neben mir schlafen.
"Emily?"
"Ja?"
"Ich finde es schön, hier bei dir zu sein"
Das fand ich auch und ich wollte ihn auch nicht mehr gehen lassen, aber heute war ich einfach schon so verdammt müde. Ich drehte mich mit dem Gesicht zur Wand und deckte mich zu.
"Ich finde es auch toll, dich bei mir zu haben. Gute Nacht, Alex"
War das zu viel? Dich bei mir zu haben klingt ja schon fast kitschig, aber ich meinte es auch so. Viel konnte ich nicht mehr darüber nachdenken, denn nur wenige Sekunden später schlief ich ein. Das einzige, das ich noch hörte, war ein leises Träum schön von der Ausziehcouch.
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Neuer Schüler , Mitbewohner und große Liebe?
AcakÜber ihn hinwegkommen? Tja, das war schwierig für Emily. Sie konnte ihre "Summer Love" Alex einfach nicht vergessen. Vielleicht musste sie das aber auch nicht. Sticht ihr nach dem Urlaub sofort ein Neuer ins Auge oder gibt es ein Comeback von dem g...