Kapitel 13

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2 Tage bis Sams Party

Alex und ich hatten uns den Wecker auf 9:00 Uhr gestellt, denn wir hatten noch viel für Sams Geburtstag zu tun. Doch anstatt sofort mega motiviert aufzuspringen, vergrub ich mein Gesicht in mein Kissen. "Aufstehen", sagte mein Mitbewohner hinter mir. "Fünf Minuten noch", grummelte ich, woraufhin er mir meine Decke wegzog. Ich stöhnte, quälte mich aus dem Bett und rieb mir die Augen. Als ich Alex nicht sah, beschloss ich ins Bad zu gehen. Er stand oben ohne vorm Spiegel und putze sich die Zähne. Mich zum zweiten Waschbecken schleppend wuschelte ich durch meine Haare, die dringend gewaschen werden mussten. Weil ich aber eindeutig zu faul war, klatschte ich mir nur eine Ladung Trockenshampoo in die Haare und beließ es dabei. Anschließend putze auch ich meine Zähne, machte mein Make Up und stellte mich vor meinen Kleiderschrank. Wieso war das immer so schwer, sich etwas auszusuchen? Ich war ja nicht einmal eine Person mit gutem Stil, sondern zog einfach immer irgendwas miteinander an. Trotzdem vertrödelte ich dafür immer unzählige Minuten. Nach einer Viertelstunde hatte ich also mein heutiges Outfit gefunden. Es bestand aus einer langen, blauen Jeans und einer roten Bluse mit Nieten darauf. Dazu noch meine Lederjacke und fertig. Zufrieden betrachtete ich mich im Spiegel. Alex sah mir über die Schulter und zog sich ein Shirt über. "Warum trägst du eigentlich immer Make Up auf? Mich musst du damit nicht beeindrucken", sagte er und grinste schief. Ich verdrehte die Augen. Natürlich musste ich das. Selbst im Urlaub hatte ich jeden Tag ein bisschen Concealer und Puder aufgetragen. Als ich mich zu ihm umdrehte und meine Augenbrauen hochzog, wurde sein Grinsen nur noch breiter. Er kam auf mich zu, strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und sagte: "Jetzt siehst du wieder unwiderstehlich aus" Obwohl ich wusste, dass er es genauso meinte wie ich, als ich ihm seine Haare gemacht hatte, fühlte ich mich geschmeichelt. Nach diesen Worten sah er mich einfach nur an. Wollte er auf irgendetwas hinaus? Ich erinnerte mich an die Geschehnisse, von gestern. Wir hatten uns ja fast geküsst. Wollte er etwa, dass ich ihn küsste? Ich war mir nicht sicher. Doch ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und murmelte ein leises Danke, damit ich einen Grund für den Kuss hatte. "Ich muss jetzt los, Sachen einkaufen. Wir sehen uns nachher", sagte er noch, schenkte mir ein Lächeln und verließ dann mein Zimmer.

Auch ich machte mich an die Arbeit. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch, öffnete eine Schülerliste unserer Schule auf meinem Laptop und legte mir meinen Collegeblock und einen Kugelschreiber vor mich hin. Ich fiel mir anfangs schwer Leute auszuwählen, doch da Finns Anweisung Lade alle Leute ein, die Sam mag oder wenigstens sympathisch findet lautete, wurde es mit der Zeit einfacher. Unsere Schülerschaft bestand aus ungefähr 720 Schülern und davon pickte ich mir 170 heraus und schickte ihnen eine Einladung. Es nahm mehrere Stunden in Anspruch, doch ich glaubte, dass ich meine Aufgabe gut gemacht hatte, als ich fertig war. Dann versuchte ich Carlos zu erreichen, was zwecklos war, denn der ging wirklich nie an sein Handy. So war es auch dieses Mal. Hey, hier ist die Mailbox von Carlos. Lass' nach dem PIEP was hören kam aus dem Lautsprecher. "Hi Carlos, hier ist Emily. Wir bräuchten ein bisschen Musik für Samstag. Ich schreibe dir eine Nachricht wo und wann. Sag bescheid, ob du Zeit hast", hinterließ ich ihm eine Nachricht und legte auf. Naja, zumindest war die Hälfte meiner Aufträge erledigt.

Weil ich Hunger hatte, ging ich hinunter in die Küche und bereitete mir einen gemischten Salat mit Hühnerstreifen zu. Alex hatte zwar nicht gesagt, wann er nach Hause komme, aber mit Sicherheit war er später auch hungrig. In letzter Zeit hatte ich viel zu wenig Zeit zum Nachdenken und konnte mir deshalb wegen meiner Eltern wenig den Kopf zerbrechen. Ihnen schien es genauso zu gehen, denn seit Alex bei uns Zuhause war, hatten sie wenig mit mir gesprochen vor allem nicht über die jetzige Situation. Gut, ich war seltener Zuhause, aber trotzdem hätten sie mich für wenigstens fünf Minuten zur Seite nehmen können, um mit mir zu reden. Auch sie waren seltener Zuhause. Meine Mum bei ihrer besten Freundin, um sich den Frust und die Trauer von der Seele zu reden, und mein Dad... . Um ehrlich zu sein, wusste ich nicht, wo er andauernd war - vielleicht hatte er eine Andere. Aber nein, ich durfte nicht daran denken. Nach vorne sehen, mein eigenes Leben leben und glücklich sein, egal was zwischen den beiden passiert. Plötzlich spürte ich zwei große Hände vor meinen Augen. Ich erschrak, doch ich wusste sofort, dass es nur eine Person sein konnte und sofort breitete sich ein Lächeln auf meinem Gesicht aus. Auf mein Gehör war mal wieder kein Verlass gewesen, denn ich hatte ihn schonwieder nicht kommen hören. "Ich bin wieder da", sagte er und nahm seine Hände von meinen Augen. Ruckartig drehte ich mich zu ihm um. Am Boden standen zwei Tüten mit Dekoration und er hatte einen Partyhut und eine Tröte in der Hand, in die er im nächsten Moment reinbließ. Ich musste lachen. Schnell garnierte ich den Salat, ließ das Hühnchen fertigbruzeln und stellte die Mahlzeit auf den Tisch. Wir setzten uns gegenüber und aßen schweigend den Salat. "Kochen kannst du auch noch. Also ich muss sagen, du wärst schon eine Traumfrau", unterbrach er das Schweigen und grinste. Zwar wusste ich nicht, was er an Salat zubereiten und Hähnchen braten kochen nannte, aber ich antwortete grinsend: "Ich weiß, aber wann präsentierst du mir deine Traummannkünste?" Die Antwort schien ihn zu überraschen und auch ich war überraschend von mir selbst. "Hab ich das nicht schon?", grinste er. Bis jetzt hatte er mir nur Komplimente gemacht, mich mit Lebensmittel beworfen oder mich nass gemacht und mich geküsst. Okay, vielleicht hatte er das in gewisser Weise. Nachdem wir mit dem Essen fertig waren, räumten wir das Geschirr in die Spülmaschine und machten dann den Flachbildfernseher im Wohnzimmer an. Das Bild einfach so viel besser, als in meinem Zimmer, denn ich hatte noch einen uralten Röhrenfernseher von meiner Oma. Warum waren wir eigentlich so früh aufgestanden, wenn wir alles schon erledigt hatten? Okay, wenn Carlos ran gegangen wäre, hätte ich noch ein bisschen mehr zu tun gehabt. Noch müde vom frühen Aufstehen lehnte ich meinen Kopf an Alex Schulter, ohne mir zu überlegen, ob das irgendwie komisch war. Ihm schien es aber nichts auszumachen. How I met your mother lief gerade und ich ließ es laufen. Erst später fiel mir ein, dass Alex ja kein Wort verstehen konnte. Trotzdem blieben wir bestimmt 40 Minuten so liegen, also zwei Episoden lang, bis ich einen Anruf bekam. Hoffend, dass es sich um Carlos handelte, ging ich ran.

"Wenigstens du hebst ab", erklang Sams Stimme, "ich habe Finn bestimmt schon fünf Mal angerufen"

"Er hat bestimmt viel zu tun", antwortete ich und das war nicht einmal gelogen.

"Wie geht's Alex so?"

"Dem geht's gut", sagte ich und mein Blick wanderte zu ihm. Er verstand kein einziges Wort, was mich zum schmunzeln brachte. Dann fragte sie mich, ob wir uns im Talkfe treffen wollten. Ich willigte ein und wollte mich von meinem Mitbewohner verabschieden, doch der stand ruckartig auf und verpasste mir, so wie ich ihm vorhin, einen Kuss auf die Backe. Seltsam fand ich es schon, aber irgendwie auch schön. "Wir sollten das zur Gewohnheit machen", scherzte er. "Ja, klar", war meine sarkastische Antwort, dann drehte ich mich um und machte mich auf den Weg. Dort angekommen stellte sich heraus, dass Sam mit mir über Finn sprechen wollte. Sie schilderte mir, genau wie er, die Situation vor dem Shoppen und trank eine heiße Schokolade. Hier im Talkfe konnte sie sicher sein, dass die Milch nicht schlecht war. Ich erinnerte mich gerne an die Geschichte, bei der Finn, Sam und ich einen DVD Abend mit leckerer heißer Schokolade machen wollten, doch die Milch sauer war. Immer wenn wir darüber redeten, konnten wir zehn Minuten nicht aufhören zu lachen. Da die Situation aber diesmal ernster war, wollte ich es nicht ansprechen. "Er war ganz anders, total aufgebracht und einfach nicht Finn", seufzte Sam und lehnte sich zurück, "was ist, wenn er sich bis zu meinem Geburtstag nicht eingekriegt hat?" Mit der Standartantwort Der kriegt sich schonwieder ein versuchte ich sie zu besänftigen, doch ich merkte, wie geknickt sie war. Einen schönen Tag mit einem gut gelaunten Finn und mir verbringen, das war doch ihr größter Geburtstagswunsch und nicht mal den konnten wir ihr dieses Jahr erfüllen. Ich war kurz davor Finn zu schreiben, um die Party abzusagen. Als ich mein Handy zückte, hatte ich aber schon einen Nachricht.

Hey Emily, haben die Getränke gerade gekauft, wo sollen wir sie hinbringen? :D stand auf dem Bildschirm.

Ich weiß nicht, ob die Party so eine gute Idee ist :( schrieb ich zurück. Ich hatte ja am anfangs schon Bedenken gehabt, aber jetzt wo Sam mir gegenübersaß und ich ihre blauen, glasigen Augen in Natura sah, zog sich mein Magen zusammen. Noch konnte ich die Party verhindern, aber ich wusste auch, wenn Finn sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann konnte ihm keiner so schnell davon abhalten.

Was?! Nein, die Party wird ein voller Erfolg! Vertraust du mir denn nicht? ;)

Was für eine dumme Frage. Natürlich vertraute ich ihm, er war mein bester Freund, auch wenn ich immer noch wegen gestern schmollte. Natürlich vertraue ich dir tippte ich also in mein Handy. "Wem schreibst du?", wollte Sam plötzlich wissen. Ich konnte jetzt wohl schlecht Finn antworten, sonst würde sie auch noch böse auf ihn sein. "Alex, wann ich wieder nach Hause komme", antwortete ich also und fügte ein aufgesetztes Grinsen hinzu. 

Na also. Mach dir keinen Kopf und schreib mir die Adresse. Ich mach das schon :)

Ich stöhnte innerlich auf, schrieb ihm die Adresse und sagte ihm, er solle morgen um 10:30 Uhr dort sein. Dann legte ich mein Handy weg, damit Sam nicht noch Verdacht schöpfte. Sie stützte ihren Kopf mit den Händen ab und seufzte. "Versprich mir, dass, auch wenn Finn sich nicht mehr einkriegt, wir wenigstens zu zweit meinen Geburtstag verbringen, zusammen Harry Potter schauen und uns Torte reinstopfen?", sagte sie und klang dabei flehend. Ich biss mir auf die Unterlippe. Nein, das konnte ich ihr nicht versprechen. "Hör zu Sam, ich...", begann ich und versuchte ihrem Blick möglichst auszuweichen. Ihr Handy unterbrach mich. Ich hatte mehr Zeit zum Nachdenken. Sie nahm ab, lauschte und stieß dann ein erfreutes Oh, hi Finn aus. Grinsend sah sie mich an. Wieder hörte sie zu. "Ja, klar", war die nächste Antwort. So ein Mist, ich konnte der Konversation nicht folgen. Ja klar konnte man auf so viel antworten. "Ich auch", waren die nächsten Worte, die aus ihrem Mund kamen. Langsam war ich genervt, ich wollte endlich wissen, um was es ging. Nach einigen Ja, okay, ja verabschiedete sie sich voller Freude von Finn und legte auf. Was hatte der Typ nur gesagt, dass sie von einer Minute auf die andere wieder fröhlich war? "Und?", wollte ich wissen. "Er hat gesagt, dass er sich auf unseren Tag zu dritt total freut", quiekte sie und grinste von einem Ohr zum anderen. Meine Atmung wurde schneller und flacher. Ich kochte vor Wut. Wie konnte er sie nur so anlügen? Ihr nichts von der Party verraten? - JA! Aber ihr Hoffnungen machen? NEIN, das ging eindeutig zu weit! Es würde dieses Jahr keinen Tag zu dritt geben! Morgen würde ich ihm meine Meinung geigen!

Neuer Schüler , Mitbewohner und große Liebe?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt