Vier

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Die Zwillinge folgten ihrer Großmutter einen schnell schmaler werdenden, leicht ansteigenden Gang entlang. Nach einiger Zeit weitete er sich wieder zu einer Höhle, die viel kleiner war, als die vorige. In der rauen Steinwand direkt dem Gang gegenüber befand sich eine einzelne, filigran geschnitzte Holztür. Andächtig traten die drei darauf zu. 

„Wer möchte zuerst?" fragte Serafina.
Nach kurzem Zögern meldete sich Phoebe.
„Gut, meine Liebe."
Serafina nahm Phoebe bei der Hand, öffnete die Tür, warf James ein Lächeln zu und verschwand mit ihr. Kurz darauf erschien sie wieder und schloss die Tür hinter sich.
„Jetzt heißt es warten."

Das Warten dauerte allerdings nicht allzu lange, einige Minuten später kam Phoebe breit grinsend zurück.
„Feuer!" sagte sie strahlend.
James drückte ihre Hand und schenke ihr eines seiner seltenen Lächeln. Dann ließ auch er sich von seiner Großmutter in den Raum führen.
Es war eine kleine Höhle, fast winzig, verglichen mit den epischen Ausmaßen des Felsens der sie beherbergte. Beleuchtet wurde sie von ein paar Glühlichtern die ziellos durch sie hindurchschwebten. Sie hatte eine kuppelartige Decke, und war völlig leer, bis auf eine scheinbar natürlich gewachsene Säule in der Mitte des Raumes, auf der eine schlichte graue Steinschale stand.
„Leg deine Hände an die Schale. Entspanne deinen Geist. Wenn dein Element erscheint, lass es in dein Herz. Dann kannst du zurückkommen."
James nickte angespannt, und hörte, wie Serafina den Raum verließ.
Langsam ging er der Schale entgegen und streckte die Hände aus. Erstaunt stellte er fest, dass die Schale nicht kalt war, wie er es erwartet hatte, sondern angenehme Wärme ausstrahlte. Er schloss die Augen, drückte die Finger fester an den glatten Stein, und entspannte seinen Geist. Erinnerungen kamen ihm in den Sinn, wie er das erste Mal versehentlich Magie verwendete, sein erster Tag auf Hogwarts, seine Erkenntnis, dass er einen schier unerschöpflichen Vorrat magischer Fähigkeiten hatte. Er öffnete die Augen und sah, wie sich ein Gewirr von Farben in der Schale ausbreitete. Mal überwog Blau, dann Violett, dann Grün. Er schloss die Augen wieder. Weitere Erinnerungen prasselten auf ihn ein. Er beim Üben der Zauberkunst, Phoebe und er beim Quidditchspiel ihrer Tante, seine erste Liebe. Die Bilder schienen absolut Zufällig zu sein. Er blieb mit geschlossenen Augen stehen bis er ein leises Zischen hörte.
Vorsichtig öffnete er die Augen, und sah eine kleine Flamme in der Schale flackern, die größer und größer wurde. Er atmete einmal tief ein, dann löste er die Hände von der Schale und hielt sie direkt in die Flamme. Der erwartete Schmerz blieb aus, stattdessen breitete sich ein sanftes Kribbeln in seinen Händen aus, das seinen Körper durchfuhr und ein warmes Gefühl in seiner Brust hinterließ.
Er atmete glücklich wieder aus. „Danke", flüsterte er.
Er verließ die Höhle durch die schöne geschnitzte Tür und sah, dass außer seiner Schwester und seiner Großmutter inzwischen auch die Erstklässler mit einem jungen Lehrer angekommen waren.
„Und?" fragte Phoebe aufgeregt.
„Auch Feuer", antwortete James und griff nach ihrer Hand. Sie erwiderte den Druck grinsend.
Serafina sah stolz zu ihren Enkeln. Dann sagte sie: „Nun wird es aber Zeit, dass wir euch zu euren Klassenkameraden bringen."

Serafina führte die beiden zurück in die nun leere Eingangshöhle und dann eine breite Treppe hinauf, die nach oben schmaler wurde und sich schließlich wendelte. Nach ein paar Runden gelangten sie dann in eine große, runde Halle die scheinbar die richtige Eingangshalle war. Überall verteilt waren Sessel, Sofas und Sitzkissen. In den Wänden waren Kamine und Bogengänge die zu weiteren Treppen und nach draußen führten.
„Es gibt fünf Treppen in diesem Turm, die ausgeschlossen von der wir kamen", erklärte Serafina, und deutete auf die Aufgänge. „Alle führen zu denselben Etagen. Die fünf Türen führen zu den Türmen. Die Treppen befinden sich innerhalb der Mauer. Da nehmen sie am wenigsten Platz weg."
„Dann müssen die Mauern sehr dick sein", sagte James.
„Das sind sie", kam die prompte Antwort. „Hier ist, wie ihr sehen könnt, die Eingangshalle. Sie wird aber auch zum Lernen genutzt, um sich zu treffen, zu unterhalten, Spiele zu spielen oder sich zu entspannen. Die Schüler sagen gerne, dies sei der Gemeinschaftsraum der Schule. Außerdem kommt man von hier aus überall schnell hin."
Wie um das zu beweisen führte die alte Frau die Zwillinge eine der fünf identischen Treppen nach oben in den nächsten Stock. Auch dieser war einfach nur ein großer runder Raum mit Bögen die zu den Treppen führten.
Doch hier standen unzählige runde Fünfer-Tische in keinem erkennbaren Muster herum.
„Das ist der Speisesaal", erklärte Serafina. „Das dort vorne", sie deutete auf einen größeren Tisch in der Mitte, „ist der Lehrertisch. Alle anderen sind für Schüler, unabhängig in welchen Türmen sie sind. Kommt nach dem Festessen zu mir."
Mit diesen Worten ließ sie ihre Enkel stehen und ließ sich am Lehrertisch nieder.
Etwas ratlos sahen James und Phoebe sich um, doch bevor sie sich an einen der Leeren Tische setzten konnten hörten sie Emmas Stimme.
„Hier rüber!"
Sie saß mit Lauri allein an einem Tisch, auf den James und Phoebe nun zugingen.
„Wir haben euch Plätze freigehalten", sagte Emma, und Lauri fügte hinzu: „Die leeren Tische da sind für die Erstklässler."
Dankbar setzten sich die Zwillinge.
„Das Essen gibt's auch erst wenn alle da sind, und das dauert normalerweise etwas", sagte Emma. „Aber bestimmt spielen uns die Fossegrimme etwas vor."
Wie aufs Stichwort traten ein paar Menschenähnliche Wesen in den Speisesaal, mit Harfen und Geigen bewaffnet und begannen liebliche Melodien zu spielen.
„Sie sind sehr nett", sagte Emma, „Solange man ihnen mit Freundlichkeit begegnet."
„Ja, aber versucht sie niemals um ihr Essen zu betrügen", warnte Lauri mit eine Dringlichkeit, die vermuten ließ, dass er damit schon schlechte Erfahrungen gemacht hatte. James sah ihn fragend an aber er winkte nur lachend ab.
„In welche Türme seid ihr denn nun gekommen?" fragt Emma neugierig.
„Feuer", antwortete Phoebe.
„Beide?" hakte Lauri nach als James nichts sagte.
Sie nickten.
„Schade. Wir hätten viel mehr Spaß haben können wenn wir im gleichen Turm wären", sagte Emma nachdenklich.
„Das hat uns bisher auch nicht aufgehalten", erinnerte Lauri sie.
„Das ist wahr."
„Wo bist du denn?" fragte Phoebe.
„Luft", erwiderte er. „Aber eigentlich ist es tatsächlich so, dass die meisten nur zum Schlafen separiert in ihren Türmen sind. Normalerweise sind alle überall."
„Bis auf die Geister", merkte Emma an.
„Ihr habt Geister?" hakte James interessiert nach, der gute Beziehungen zu fast jedem Geist in Hogwarts pflegte.
„Nein, die aus dem Geistturm, wer denn sonst?", erklärte Emma verständnislos. „Gibt's auf Hogwarts Geister?"
„Sogar ziemlich viele", bestätigte Phoebe.
„Hm", machte Emma. „Es heißt in einer der unteren Höhlen spukt es, aber wir haben noch nicht herausgefunden welche es ist."
„Was natürlich nur eine Frage der Zeit ist", warf Lauri ein.
„Wie auch immer", sagte Phoebe. „Heißt das, dass jeder in jeden Turm darf?"
Emma schüttelte den Kopf. „Naja nicht direkt. Aber wenn ich Zeit mit dir verbringen will kann ich dich einfach mit in den Wasserturm nehmen und Niemanden würde es stören. Du solltest nur nicht einfach so in einen der Türme gehen."
„Also... könnte ich das theoretisch tun?"
„Das könntest du", erwiderte Lauri, „Ich würde dir aber herzlich davon abraten. Es ist zwar nie etwas abgeschlossen, aber die Lehrer hier sind nicht auf den Kopf gefallen. Jemand der an einem Ort ist an dem er nicht sein sollte bleibt dort für gewöhnlich nicht lang."
„Es sei denn, sie haben jahrelange Erfahrung darin, sich an solchen Orten aufzuhalten", sagte Emma mit selbstzufriedenem Grinsen, das Lauri prompt erwiderte.
„Ich glaube, mit euch beiden werden wir noch viel Spaß haben", sagte Phoebe. 

Ein magisches Abenteuer (Loki-Geschichte im Harry Potter Universum)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt