Kapitel 3: Die mächtige Jungfrau (Teil 2)

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Als der Tag aber in voller Gänze erwacht war, ließ Odalon alle Priester zusammenrufen und erzählte ihnen von dem Traum. Und er war also gewiss, dass dieses herangewachsene Mädchen aber Diejenige war, die sie suchten, und sagte es also ihnen.

Da aber murrten die anderen Priester, denn bisher war es jeder Frau versagt worden, ein wahrhaftiger Runenpriester zu werden, denn die Frauen galten als zu gering für solch heilige Aufgabe.

Und es entbrannte daraufhin ein Streit der Runenpriester mit Odalon, gleichwohl es vorher noch niemals dazu gekommen war.

Odalon war aber überzeugt, dass einzig und allein dieses Mädchen die Richtige war, strahlte sie doch auch die Ruhe und den Frieden einer wahrhaftigen Göttin aus und also sandte er ihnen allen Bilder aus seiner Erinnerung seines Traumes zu, auf dass sie selbst zu dieser Erkenntnis kommen sollten.

Er konnte sich aber nicht recht darauf besinnen durch den Streite um ihn, so dass er also nur einige wenige damit erreichte. Diese wenigen aber schlossen sich sogleich Odalon und seiner Überzeugung an und der Streit nahm weiter zu.

Die aber, die wider Odalon stritten, riefen: „Vom Bestehen des Bundes an ward noch nie eine Frau zum Priester berufen! Nun aber soll ein Weibsstück gar die Götterrune erlangen?
Das können wir niemals gutheißen!"

Die aber, die mit Odalon stritten, antworteten: „Es ist wohl wahr, was ihr sprecht, doch bedenket: Die Frauen haben seit jeher eine größere Magie in sich denn wir alle!
Wer sollte die Götterrune zu tragen in der Lage sein, wenn nicht eine von ihnen?"

Die Anderen aber wieder riefen: „Was aber wenn die magische Kraft jenes Weibes auch nicht reicht zu Genüge?! Bedenket, dass es die Rune der Götter ist, von der wir hier sprechen!"

Da aber wussten Odalon und seine Mitstreiter keine Antwort zu geben.

Unter denen aber, die Odalon überzeugt hatte, befand sich auch jener Erzrunenpriester, welcher trug die Erzrune der völligen Geistesmacht. Dieser aber hatte den ganzen Streit lang noch nichts gesagt, sondern hatte seine Rune dazu gebraucht um über das Umstrittene nachzusinnen.

Nun aber, da die Anderen um keine Antwort wussten, trat er nach vorn und sprach:
„Ist es nicht die Rune der Götter selbst, die wir zu erschaffen suchen, mit welcher alle Dinge möglich werden?! Wird sie nicht die Kraft Desjenigen, in welchen sie gewillt ist einzuziehen, nicht so weit erhöhen, bis dass dieser sie auch tragen kann?"

Die Anderen wurden wahrhaftig ein wenig ruhiger, gleichermaßen aber antworteten sie:
„Wenn dem so ist, warum soll dann jene Frau die Rune erlangen? Es kann doch auch die Kraft eines jeden Mannes dann erhöht werden in derselben Weise!"

Der Erzrunenpriester aber antwortete daraufhin und sprach: „Wer ist denn gerecht genug und wer hat denn göttliche Güte und Frieden genug, dass er im Recht ist zu tragen die Lesrunar - die Rune der Götter?! Ich aber habe gesehen, was Odalon gesehen, und von jenem Moment an aber hab ich diese eine Erkenntnis klar und deutlich vor den Augen:

Nur eine Jungfrau voller Unschuld und mit reinem und edlem Gemüt kann werden Trägerin der Götterrune, denn eine Solche hat jene unverdorbene und von Natur gegebene Reinheit, welche auch in der Rune der Götter wohnt, so dass die Götterrune also gewillt ist in Solcher zu hausen!

Und bedenket fernerhin: Die Rune der Götter wird niemals bereit sein, jedem magische Kraft dazu zu geben! Derjenige der gewillt ist sie zu tragen, muss schon von Grund auf eine große Kraft besitzen! Das Wenige aber, was ihm dann noch fehlt, das wird ihm dann noch durch die Götterrune gegeben!

Also muss solch Träger immer noch mehr Kraft besitzen denn uns niederen Geschöpfe, welche ihr hochtrabend als Erzrunenpriester benennt!
Wie lange aber habt ihr schon gesucht, bis dass ihr uns gefunden habt?
Wie lange steht der Bund nun schon und hat noch nicht erlangt das Ziel?
Wo wollt ihr noch suchen, bis dass ihr endlich einsehet, dass es die Götter euch nicht gelingen lassen werden auf solche Weise!

Die Legende vom letzten Helden - Teil I: Das erste Buch des ObadiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt