Kapitel 5: Gefangennahme und Vertreibung des Runenbundes (Teil 1)

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Das Runenkind der Götter aber wuchs auf in der Obhut Ledalias und der Runenpriester. Und es wuchs aber zwölfmal schneller denn gewöhnliche Kinder und also geschah es, dass es bereits nach einer Woche konnte vernünftig essen und hatte aber einen scheinbar unstillbaren Hunger gleich Ledalia hatte in der Zeit des Austragens.

Daraufhin kam es aber dazu, dass die Runenpriester wieder mussten herbeischaffen Essen um Essen und das Kind aß alles auf ohne Mühe und fiel hernach in einen tiefen, langen Schlaf, gleich in der Weise, wie es zuvor auch mit Ledalia geschehen war.

Und das Kind, welches ein kräftiger Junge war, wuchs und wuchs weiter an der Seite Ledalias heran und hatte also einen Platz in ihrem Gemach. Und Odalon aber war Derjenige, der zu Ledalia kam alle Weile, zu sehen nach dem Jungen und zu helfen Ledalia bei jedem Belang.

Und eines Tages aber fasste Odalon sich Mut und fiel Ledalia zu Füßen und hielt an um ihre Hand. Und Ledalia, welche nun fast im selben Alter war denn Odalon, sagte aber mit Freuden ja, und so geschah es, dass Odalon und Ledalia schlossen den Bund der Ehe unter sich, und sie feierten alle zusammen ein großes Fest.

Und so zogen Odalon und Ledalia also gemeinsam auf den besonderen, kleinen Jungen und waren also so gut zu ihm, als wenn er ihr eigenes Kindlein wäre.

Die Runenpriester aber konnten nun vollenden ihre besondere Schriftsammlung und machten also Eintragungen über das Runenkind und seine Entstehung und gingen hin zum Gemache des Odalon und der Ledalia alle Tage, zu sehen nach weiteren Fortschritten des Kindes.

Und der Junge aber wuchs und wuchs und konnte Tag für Tag neuere Dinge und war nach einigen Wochen schon gleich einem Bube im dritten oder vierten Lebensjahr und konnte also schon sprechen.

Und er redete zuerst aber nur in der Runensprache, so dass niemand ihn konnte so recht verstehen außer Odalon, welcher besaß die Rune des Allwissenden. Es währte aber nicht lange, da hatte der Kleine auch die Sprache der Anderen um ihn aufgegriffen und erlernt und konnte also reden mit jedermann.

Und er war aber schon von Anfang an sehr klug und helle, und fragte also alle Zeit nach seiner Herkunft und Namen. Sie hatten ihm aber keinen richtigen Namen gegeben, denn sie wussten einfach nicht um den rechten Namen für ihn und redeten ihn also nur mit ‚Götterjunge' an. Denn sie wussten ja auch um seine göttliche Klugheit und also wollten sie alle, dass er sich selbst eines Tages den rechten Namen gebe.

Und der Götterjunge aber drängte Ledalia und Odalon alle Weile, dass sie ihm sollten seine Herkunft verraten und geben sollten einen Namen, aber sie vertrösteten ihn darum und sagten ihm, dass er Macht genug hätte sich eines Tages selbst darüber im Klaren zu werden.

Und so wuchs der Götterjunge auf in völliger Geborgenheit in dem Runentempel der Runenpriester, und es fehlte ihm an nichts.

Es war aber ein Hohepriester am Königshof zu Ägypten, der war einst abgelehnt worden zu treten in den Bund der Runenpriester, denn er hatte es nicht geschafft zu bezwingen einen Runenpriester mit seiner Rune und hatte also nicht bestanden das besondere Aufnahmeritual. Er hatte sich daraufhin aber erbost über die Runenpriester und ihren Bund und sann auf Rache.

Und es geschah, dass er an sich zog die Rune des Schattens, denn er hatte davon gehört, dass diese Rune konnte die magische Kraft steigern um das Dreifache. Und also zog er an sich jene Rune und es geschah, dass seine magische Kraft wahrhaftig zunahm in besonderem Maße und er wusste aber nicht, dass die Schattenrune im Geheimen sich an der Lebenskraft eines Menschen nährt zur selben Zeit da sie einem magische Kraft verleiht.

Und die Schattenrune aber tat ihr weiteres Übel, so dass sein Herz wurde nun ganz verstockt von den guten Dingen des Lebens, und schon bald gierte er nach Macht, Ansehen und nach der Erniedrigung von guten Menschen. Und er hatte verfolgt und beobachtet die Runenpriester und wusste also auch um den geheimen Tempel bei den Pyramiden.

Und eines Tages also trat er vor den Thron des noch jungen Pharao Tut-Anch-Amun und sprach: „Wir haben gut gewirkt in diesem Lande, so dass allerorts kein Zeichen mehr zu finden ist von dem Frevel und der Götterlästerung eures Vaters!

Wisse aber mein König dass die einstigen Tempelpriester eures Vaters sich einen eigenen Tempel haben geschaffen, in dem sie sich versammeln zu begehen neue und noch schlimmere Frevel gegen die Götter!"

Da ward der Pharao aber wahrhaft neugierig geworden und der Hohepriester hatte das volle Gehör seines Königs, der da fragte: „Welch Frevel begehen diese - sprich!"

Und der Hohepriester erzählte dem Pharao also von den Bemühungen der Runenpriester mit den Runen und höheren Runen.

In Ägypten aber waren die Runen schon seit jeher allgemein bekannt, so dass ihr Gebrauchen also nichts Verbotenes war.

Der Hohepriester aber rückte die Runen in ein schlechtes Licht und verstand es, seinem König die rechte Sicht der Dinge zu rauben, und umgarnte ihn und hetzte ihn regelrecht auf gegen die Runen und gegen das Gebrauchen von Runen.

Und so sagte er ihm unter anderem, dass die Runenpriester die Runen anbeteten und sich darum Runenpriester nannten und dass sie die Runen also höher setzten denn die Götter.

Und letztendlich sagte er dem König, dass immer noch mehr Menschen werden dem Bunde zueilen, so dass ihre Anhängerschaft sich ausbreiten würde übers ganze Land gleich einer Seuche und dass dann die Menschen eines Tages nur noch würden die Runen anbeten und nicht mehr die Götter und also würden sie auch den König nicht mehr anerkennen, welcher ist der Vertreter der Götter auf Erden.

Da aber wurde Tut-Anch-Amun zornig über solch augenscheinlichen Frevel, sprang auf und rief aus: „Welch eine Götterlästerung die Runen höher zu stellen denn die Götter, welche sind die w a h r e n Geber der Runen! Ruft herbei alle Krieger dieser Stadt, auf dass wir ausräuchern diesen Tempel des Frevels!"

Und mit einem Male war eine Unruhe am Hofe des Pharao und es wurden herbeigeschafft alles Kriegsvolk und Kriegsgerät und die Kriegsleute machten sich bereit zu ziehen zu den Pyramiden in voller Bewaffnung.

Es war aber ein Mann am Hofe des Pharao mit dem Namen Manh-Ra-Mun, dieser war der stärkste und mächtigste Krieger im ganzen Land und er trug in sich die Rune der Stärke.

Und er war der oberste Leibwächter des Pharao, gleich seine Vorfahren stets die obersten Leibwächter der vergangenen Könige gewesen waren, und also hatte er ein sehr hohes Ansehen.

Dieser aber kannte auch Odalon und dessen Gefolge aus der Zeit, da diese noch als Hohepriester dem Sonnengotte dienten, und glaubte also nicht an ihren Frevel.

Und so trat er ehrfürchtig an den Pharao heran und fragte: „Herr, glaubt ihr wirklich, dass es stimmt, was der Hohepriester euch anvertrauet hat?"

Tut-Anch-Amun aber war in Wut und entgegnete ihm: „Wie kannst du es wagen die Worte eines meiner Hohepriester in Frage zu stellen!"

Da aber fiel Manh-Ra-Mun vor ihm auf die Knie und sprach gesenkten Hauptes: „Mein König, ihr wisst dass ich und meine Ahnen euch und euren Ahnen allzeit treuen Dienst erwiesen, und dass es auch weiterhin soll dabei bleiben!

Doch erscheint es mir, dass etwas nicht stimmt mit eurem Hohepriester, denn er hat schon seit längerer Zeit ein seltsames Benehmen an sich und also vertraue ich seinem Worte nicht!

Denn ich kenne auch den früheren Hohepriester Odalon und habe ihn schätzen gelernt, auf dass ich weiß, dass er solchen Frevel nicht begehen würde!

Ich werde alles tun, was ihr mir saget, mein König; euer Wille ist mein Wille, und was man euch auftragt, dass tragt man auch mir auf! Doch möchte ich auf keinen Fall, dass unschuldig Blut muss vergossen werden aufgrund falschen oder unwahren Wissens!"

Der Pharao aber antwortete ihm und sprach: „Erhebe dich, Manh-Ra-Mun, und höre meine Antwort: Wer da Frevler ist und Gotteslästerer, den kann ich nicht dulden unter den Lebenden!

Ich nehme mir aber deine Worte zu Herzen und sage dir zu, dass keiner wird umkommen von den Runenpriestern, wenn er nicht zu flüchten sucht vor seinem Pharao, sondern sich lässt gefangen nehmen, auf dass ein Gericht über Schuld oder Unschuld eines Solchen kann entscheiden!"

Da aber erhob sich Manh-Ra-Mun wieder und verbeugte sich dreimal vor dem Pharao und dankte ihm und machte sich also daran, an seiner Seite mitzuziehen.

Und so zog aus der Pharao mitsamt einer Kriegsschar an die einhundert Mann zu dem Fuße der Pyramiden.

Die Legende vom letzten Helden - Teil I: Das erste Buch des ObadiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt