Prolog

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Kyle fühlte sich überhaupt nicht wohl in seiner Haut, als nun alle anderen Mitglieder eintrafen und sich auf ihre Plätze setzten und ihn mit ausdruckslosen Augen anstarrten.

Er wusste genau, was gleich passieren würde und wie er sich zu verhalten hatte. Sein Vater hatte es ihm oft genug eingetrichtert und auch von den anderen wusste er was ihm bevorstand. Wie es allen bevorstand, die zu ihm und seiner Art gehörten.

Seine Art existierte schon seit tausenden von Jahren. Und schon früher gab es zwei Gruppen, die abtrünnigen Engel zu denen sein Vater und seine Anhänger gehörten und die reinen und guten Engel, die für Frieden und Harmonie sorgen. Sein Vater war zur Zeit der Anführer der abtrünnigen Gruppe und genoss viel Ansehen und Macht unter ihnen.

Deswegen war es seinem Vater auch besonders wichtig, dass sein Sohn alles richtig machte und seine Verwandlung ohne Probleme überstand und ihm keinen Grund gab, sich für ihn zu schämen oder ihn lächerlich zu machen. Denn die Verwandlung, die ihm bevorstand, war schmerzhaft und qualvoll, doch Kyle war sich sicher, dass er sie ohne Probleme überstehen würde.

Als nun alle Mitglieder im Saal versammelt waren und ihre Plätze auf den Bänken rund um in dem riesigen, prachtvollen Saal eingenommen hatten und auch sein Vater auf dem prächtigsten Stuhl von allen Platz genommen hatte, straffte er seine Schultern und stellte sich aufrecht in die Raummitte, wo ihn alle genau sehen konnten und widmete sich dem Schmerz, der ihn erwartete.

Erst passierte eine Weile nichts und man hätte in der Stille, die herrschte eine Nadel auf den Boden fallen hören können, doch keiner der Anwesenden machte auch nur ein Geräusch und Kyle der Stille nicht gewöhnt war, fühlte sich ziemlich unwohl in dieser anhaltenden Stille und wünschte sich nichts mehr, als das seine Verwandlung endlich anfangen würde.

Dies passierte auch schon einige Minuten später, was sich durch einen stechenden Schmerz zwischen seinen Schulterblättern bemerkbar machte. Zunächst war es ein nicht all zu großer Schmerz, doch er wurde mit jeder Minute die er in diesem Stillen Saal stand stärker und er fing langsam an zu stöhnen und aus allen Poren seines Körpers zu schwitzen. Er hatte das Gefühl als würde ihm jemand mit einem Bügeleisen über den Rücken fahren.

Als er aufsah, lagen die Ausdruckslosen Augen seines Vaters auf ihm und erinnerten ihn daran ihn nicht vor seinen Anhängern bloß zu stellen und Schwäche zu zeigen, daher biss er die Zähne aufeinander, um nicht aufzuschreien.

Die Schmerzen waren kaum noch auszuhalten und er keuchte nach Luft aber verkniff es sich aufzuschreien.

Sein Vater würde ihm sonst mindestens genauso schlimme Schmerzen zufügen, wie die, die er grade auszuhalten hatte. Denn sein Vater hatte schon als er noch wesentlich jünger war, Gewalt der Liebe vorgezogen.

Was vermutlich an dem Tod seiner geliebten Mutter lag, die als er 6 Jahre alt war, bei einem Unfall gestorben war. Sie war diejenige gewesen die ihn immer vor seinem Vater in Schutz genommen und vor seinen Bestrafungen gerettet hatte, sie hatte ihm damals die Tränen vom Gesicht gewicht, wenn er eine seines Vaters Wutattacken hatte aushalten müssen.

Und seit dem Tod seiner Mutter war seine Vorliebe für Gehorsam nur noch größer geworden und Kyle hatte schon einiges ertragen müssen.

Ein plötzlicher und heftigerer Schmerz, viel extremer als er je erlebt hatte, riss ihn in die Gegenwart zurück und ließ in auf die Knie fallen. Seine Hände gruben sich in seine Hose und die Fingernägel bohrten sich in seine Haut. Seine Zähne waren so fest auf einander gepresst, das sein Kiefer anfing zu Schmerzen. Etwas brach aus seinem Rücken heraus und Kyle wusste, dass er den schlimmsten Teil seiner Verwandlung geschafft hatte und seine Flügel nur noch in ihre volle Größe auswachsen mussten.

Er spürte sie wachsen und die Schmerzen ließen allmählich nach und er konnte seinen Körper ein wenig entspannen.

Als seine Flügel nun ihre volle Größe erreicht hatten, stand er auf und sah sich im Saal um. Seine Augen blieben an denen seines Vaters hängen und er blickte ihn abwartend an. Er schaute immer noch Ausdruckslos doch in seinem Blick lag etwas neues, eine Mischung aus Stolz und Erleichterung, was ihn froh machte, denn sein Vater guckte ihn selten so an. Und wenn er es tat, konnte man sich sicher sein das es ernst war.

Kyle verkniff sich ein Lächeln und blickte in das Meer von Gesichtern, die im zugewandt waren und ihn nun mit lächelnden Blicken ansahen und aufstanden und anfingen zu klatschen.

Dann blickte er zum ersten mal auf seinen Rücken. Er war sich sicher gewesen, das die Flügel die Farbe wie die seines Vaters haben würden, doch sie waren nicht rot sondern Schwarz wie die Nacht und sie schimmerten silbern, wie die aller Engel. Er fand seine Flügel wunderschön und ließ sie mit seinen Gedanken ausstrecken und ihre volle Größe entfalten. Sie hatten einen Riesen Durchmesser und sahen prächtiger aus, als alle Flügel die er je gesehen hatte. Er war Stolz auf sich und wünschte seine Mutter hätte das miterleben können. Sie wäre bestimmt Stolz auf ihn gewesen.

Sein Vater war auch aufgestanden und ging nun mit großen Schritten auf ihn zu. Als er ihn erreicht hatte legte er ihm eine Hand auf die Schulter lächelte ihn an und sagte: „Das hast du gut gemacht mein Sohn, nun bist du einer von uns und musst die Regeln und Bräuche befolgen und ehren! Akzeptierst du dein Dasein als Engel und wirst deine Pflichten erfüllen und dich deinem Anführer nie widersetzen?"

Kyle sah seinem Vater starr in die Augen und sagte mit starker Stimme „Ich werde dir für immer dienen und meine Pflichten als Engel ehren und erfüllen". Sein Vater nickte bedächtig, drehte sich dann um und schritt durch die Menge davon.

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Der Beginn meiner erste Geschichte ... ich hoffe sie gefällt allen die sie lesen :)

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