Kapitel 3

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April kam um 22 Uhr zuhause an und steckte den Schlüssel in das Schloss der großen, schweren Eingangstür, schloss auf und trat ein.

Es war Licht an und sie sah May auf dem Sofa in der Eingangshalle liegen, wo sie wahrscheinlich auf sie gewartet hatte. Sie schlief tief und fest und ein Buch lag aufgeschlagen auf dem Boden neben dem Sofa.

April lächelte und zog sich ihre Jacke aus und hing sie an die Garderobe und stellte ihre Schuhe neben die anderen. Sie ging auf das Sofa zu und hob das Buch vom Boden auf und legte es auf den kleinen Beistelltisch neben dem Sofa.

Sie blickte auf May herab, wie sie ruhig und regelmäßig atmend da lag. Sie kniete sich neben das Sofa und hob ihre kleine Schwester sanft hoch und trug sie vorsichtig hoch in den ersten Stock.

In Mays Zimmer angekommen legte sie ihre kleine Schwester auf ihr Bett und gab ihr einen Kuss auf die Stirn und flüsterte „Schlaf gut kleine Maus, bis morgen", in ihr Ohr. Mit diesen Worten richtete sie sich auf, deckte May noch zu und ging leise aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter sich.

Sie ging den Flur entlang und die Treppe rauf zu ihrem Zimmer. Auf dem Weg kam sie am Zimmer ihres Vaters vorbei, in das sie kurz reinblickte. Ihr Vater saß an seinem Schreibtisch und beugte sich über seine Arbeit. Er arbeitete oft bis tief in die Nacht, da er zum Teil zuhause arbeiten konnte.

Er blickte auf als sie ihren Kopf durch die Tür steckte und sagte „Hallo meine Hübsche. Ist May schon im Bett?" April nickte „Ja ich hab sie eben nach oben gebracht. Dad, solltest du nicht langsam mal schlafen gehen? Du musst doch morgen früh raus". Ihr Vater lächelte sie an und antwortete „Ja ich bin fast fertig, ich muss nur noch diese Berichte durchgehen". Mit diesen Worten wendete er sich wieder seiner Arbeit zu und war wieder in seiner Arbeitswelt vertieft.

Sie stieg die Treppe hoch und machte ihre eigne Zimmertür auf und trat in ihr dunkles Zimmer ein. April schaltete ihr Licht an und hängte ihre Tasche über ihren Schreibtischstuhl, ging in ihr Ankleidezimmer und zog sich ihren Pyjama an.
Dann machte sie ihr Nachttischlämpchen an, das große Licht aus und nahm sich eins der neuen Bücher von ihrem Schreibtisch und ließ sich auf ihr Bett sinken.

Sie schlug das Buch auf und blätterte zur erste Seite und begann ihr neues Buch zu lesen. Sie hatte es am Wochenende von ihrem Vater geschenkt bekommen, es hieß „City of Bones". Ein paar ihrer Freundinnen hatten das Buch schon gelesen und meinten alle, dass es wirklich spannend und fesselnd sei.

Leichter Regen prasselte auf das Fenster an der Dachschrägen genau über ihr und ein schwacher Wind ließ die Vorhänge an ihrer Balkontür aufbauschen. Es herrschte eine gähnende Leere dort draußen vor ihrem Fenster, es schien als hätte die Nacht, die Welt verschluckt und nur ihre Nachttischlampe spendete ihr Licht und Wärme.

April war so vertieft in ihr Buch, dass sie den Schmerz, der plötzlich von ihrem Nacken zu ihren Schulterblättern wanderte, kaum wahrnahm. Doch schon beim nächsten Kapitel ihres Buches wurde der Schmerz heftiger und ließ sie zusammenzucken.

Der Schmerz wurde mit jeder Minute schlimmer und ließ sie nach Luft schnappen. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie ihr Buch hatte fallen lassen, nun lag es aufgeschlagen auf dem Boden, die Seiten umgeknickt.

April war aufgesprungen und fasste sich an den Rücken, doch da war nichts, nur ein heftiger Schmerz zwischen ihren Schulterblättern. Sie zog ihr T-Shirt aus und ließ es zu Boden fallen, lief zu ihrer Tür und guckte ihren Rücken im Spiegel an der Tür an. Der Schmerz war kaum noch auszuhalten. Auf ihrem Rücken zwischen den Schulterblättern war ein roter Fleck zu sehen welcher immer größer wurde.

Plötzlich verdoppelte sich der Schmerz und ließ sie aufschreien. Sie sah, dass etwas aus der Haut zwischen ihren Schulterblättern hervorbrach. Sie schrie erneut auf und sank auf die Knie. Das was aus ihrem Rücken brach, wuchs mit jeder Sekunde und der Schmerz war kaum noch auszuhalten.

Blut lief ihr über den Rücken wo „das" was aus ihrem Rücken wuchs die Haut in Fetzten gerissen hatte. Die Wunde wurde größer, mit jedem Zentimeter wo es weiter raus wuchs.

Man konnte nun deutlich etwas, weißes erkennen. Etwas was immer weiter wuchs. Die Schmerzen waren nun nicht mehr so stark und auch die Wunde hörte auf zu bluten und fing, wie durch Zauberei an sich wieder um das was dort gewachsen war, zu schließen.

April hatte sich auf dem Boden zusammengekauert und die Arme um die Knie geschlungen. Ihre Augen waren fest verschlossen und Tränen liefen ihr über die Wangen.

Und als sie ihre Augen nun öffnete und ihren Rücken im Spiegel sah, entwich ihr erneut ein Schrei und sie schlug sich vor Schreck eine Hand vor den Mund.

Was sie sah, war vollkommen unmöglich.

Das konnte nicht sein. Es war bestimmt ein Traum.

Sie sah zwei weiße, große und an den Rändern mit Blut beschmierte Schwingen, die denen von Engeln aus Filmen und Büchern glichen.

Sie war so geschockt das sie sich eine ganze Weile nicht bewegen konnte. Als der Schock nun langsam verebbte, hob sie ihre Hand zum Rücken und berührte das was sie sich nicht zu glauben traute. Die Schwingen fühlten sich weich und warm an, wie ein Vogelgefieder und die Schwingen pulsierten im Rhythmus ihres Herzschlags.

Sie konnte immer noch nicht fassen, was da gerade passiert war. Ihr Rücken sah wieder wie vorher aus, keine Wunde, kein Blut, kein Schmerz, nur diese riesigen weißen Schwingen waren zu sehen.

April saß mit offenem Mund auf dem Boden und fragte sich ob die anderen ihr Geschrei auch gehört hatten. Sie warf einen Blick auf ihren Wecker, 01:13 Uhr. Sie ging davon aus, dass keiner mitbekommen hatte was grade passiert war, denn sonst wären ihr Vater oder ihre Schwester schon längst ins Zimmer gekommen.

Sie wollte sich erheben und schwankte dabei leicht, plötzlich wurde ihr schwarz vor Augen und sie fiel zurück auf ihren Teppich und verlor das Bewusstsein.

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Why Angels FlyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt