Dummes Herz

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Dieser Schultag stellte einen neuen Rekord im langsam vergehen auf. Könnte sogar ins Guinness Buch der Rekorde eingetragen werden, es war echt zum Haare raufen.

Zwischen Lilly und mir herrschte Funkstille. Um genau zu sein, war sie nach unserem Streit nach Hause gegangen. Ohne offiziell irgendjemandem Bescheid zu geben. Wen fragten die Lehrer natürlich immer? Mich. Nur um jedes Mal zu hören, dass Lilly mir auch nichts gesagt hatte. Das fühlte sich an, als würde ein stumpfer Dolch in meinem Herz hin und her gedreht werden.
Der einzige Grund, warum ich mir keine Sorgen um sie machte war, dass sie Luke geschrieben hatte, dass sie heim gegangen war.

Nach der letzten Stunde schleppte ich mich gerade aus dem Schulgebäude, als jemand meinen Namen rief. Kurz überlegte ich, so zu tun, als hätte ich nichts gehört, doch da es ja etwas wichtiges sein könnte, drehte ich mich doch um. Nur um festzustellen, dass Deamon hinter mir her joggte. Genervt drehte ich mich wieder zurück, fest dazu entschlossen ihn zu ignorieren.

„Talia jetzt warte doch!”
Den Blick stur nach vorn gerichtet stiefelte ich weiter geradeaus.
„Talia! Unsere Beziehung hat eindeutig noch nicht die Stufe erreicht wo ich dich auf Knien anflehn muss, mich anzuhören. Schuld bin ich mir auch keiner bewusst, also bleib stehen!”
Bei dem Wort 'Beziehung' machte mein dummes Herz auf einmal einen Satz, nur um dann in dreifacher Geschwindigkeit weiter zu schlagen. „Das ist nur, weil ich so schnell gelaufen bin”, redete ich mir leise selbst gut zu, „das hat überhaupt rein gar nichts damit zu tun, dass er so gut aussieht. Außerdem, soo gut sieht er nicht aus!”
Das letzte war gelogen, das war mir selbst mehr als nur bewusst. Aber vielleicht glaubte ich es ja irgendwann selber, wenn ich es mir nur oft genug einredete.

Dummes Herz, beruhig dich!

Vertieft in meinen inneren Konflikt blieb ich stehen, was Deamon nutzte, um die letzten Meter zu mir aufzuschließen. Knapp vor mir blieb er stehen. Wirklich knapp. Machte er das etwa extra?

Ich räusperte mich, versuchte den Kloß aus meinem Hals zu verbannen.
„Was willst du?” Oh je, das klang jetzt unfreundlicher, als es gemeint war.
„Ich bringe dich heim, du siehst so allein aus.”
Ohh wie süß von ihm! Wenn man einmal davon absah, dass ich gar nicht wollte, dass er mich heim bringt. Wirklich nicht!
„Ach lass nur, den Weg find ich schon allein.”, versuchte ich ihn lächelnd abzuwimmeln. Äußerlich wirkte ich ruhig, aber in mir drin herrschte Chaos. Wie süß war das denn bitte? Ihm war aufgefallen dass ich allein war! Ähm... Ich meinte natürlich es war nett und zeugte von einer guten... äh... Wahrnehmung. Genau!

Er kam mir, wenn möglich, noch näher, als er so schon war und ich bekam das Gefühl, dass er sehr gut über das Chaos in mir drin Bescheid wusste.
„Weißt du, wie gern ich dich in solchen Momenten küssen würde?”, murmelte er mit belegter Stimme.
Geschockt starrte ich ihn an wie so ein Schaf. Automatisch stellte ich mir vor, wie es wäre ihn zu küssen. Er konnte bestimmt gut küssen. Seine Lippen sahen echt weich aus.

Moment Mal... Was dachte ich da eigentlich?! War ich noch ganz bei Trost?!
Mein Blick zuckte zu seinen Lippen und ich atmete zittrig aus. Ich konnte nicht abstreiten, dass ich wollte, dass er mich küsste. Ich gab dem Drang nach, schloss die Augen und hob mein Kinn ganz leicht, um ihm entgegen zu kommen.

Er kam noch etwas näher. Ich konnte bereits seinen Atem auf meinem Gesicht spüren. Das sollte nun also mein erster Kuss sein. Ich konnte mir nicht helfen, aber eine gewisse Romantik war dem ganzen nicht abzusprechen.

„Aber leider lassen sich manche Wünsche nicht verwirklichen.”

Mein überfordertes Gehirn war so durch den Wind, dass ich noch eine Sekunden mit geschlossenen Augen stehen blieb, bis die Bedeutung seiner Worte zu mir durchdrang. Gedemütigt riss ich die Augen auf und starrte Deamon, welcher sich bereits einige Meter entfernt hatte und zu mir zurück grinste, an. Hatte ich gerade wirklich darüber nachgedacht, wie es wäre mit ihm meinen ersten Kuss zu haben, während er mich nur verarscht hatte?

„Was ist jetzt, kommst du nun?”
War das gerade sein Ernst? Ich räusperte mich, bevor ich an ihm vorbei stolzierte und machte, dass ich heim kam.

Im Auge der Finsternis Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt