Märtyrertum

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Ich hatte gerade eben zusätzliche Kissen auf meinem Bett verteilt, als es an der Tür klingelte. Schnell flitzte ich hinunter, denn ich war zwar nervös, wie Lilly auf die Geschichte reagieren würde, allerdings war mir vorhin beim Kakao kochen wieder eingefallen, dass sie mir ja auch noch etwas erzählen wollte. Etwas, das mit Deamon zu tun hatte. Schande über mich,  aber es interessierte mich wirklich.

„Also, ich hab auch mal noch ne Packung Eis mitgebracht, ich wusste nicht ob ihr noch genug zuhause habt.”
Wortlos wackelte ich mit dem Eisportionierer, welchen ich noch in der Hand hielt.
„Den kannst du gleich wieder wegbringen”, bestimmte Lilly, „wir essen mit Stil aus der Schachtel!”
„Wenn wir noch länger hier herum stehen, können wir das Eis trinken, also mach hin”, versuchte ich sie zur Eile anzutreiben.
„Du hast es doch nicht etwa eilig?” Fast sofort bewegte sich Lilly noch langsamer, sodass man sie fast mit den Faultieren aus Zoomania verwechseln konnte. Ich verdrehte nur die Augen.

Als es draußen schon düster würde und der Abspann von 'The Kissing Booth' lief, stellte ich Lilly endlich zur Rede. Es konnte doch nicht sein, dass wir nur futterten und dabei alles andere vergaßen?! Naja beziehungsweise hatte sie alles vergessen, ich wollte nur nicht ungeduldig wirken.

Fast sofort fing sie an fies zu grinsen. Sie wusste, dass es mich brennend interessierte und sie genoss es, mich zappeln zu lassen. Meine Geschichte schien sie auch nicht mehr zu interessieren und falls doch, war sie eindeutig die Geduldigere von uns beiden.

„Ach ich weiß nicht, es interessiert dich doch bestimmt gar nicht. Ich will dich nicht langweilen.” Wie schaffte sie es nur, dabei auch noch so aufopferungsvoll zu klingen?! Sie musste sich vorkommen wie ein Märtyrer, so leidend wie sie klang.

„Ja... Ich schlaf gleich ein vor Langeweile und jetzt erzähl! Sonst esse ich das Schokoeis allein!” Wenn das keine Drohung war. Schokolade war Lilly's absolutes Lieblingseis und das nutzte ich sowas von aus. Langsam zog ich die Packung zu mir und beobachtete, wie Lilly sie unglücklich mit den Augen verfolgte. Ich sah ihr richtig an, wie hin und her gerissen sie war. Zum Glück hatte ich sie letztendlich doch richtig eingeschätzt, denn sie zuckte resigniert mit den Schultern.

„Naja also wir konnten doch diesen Link nicht öffnen... Nun ja also ich hab es zuhause nochmal probiert und es ging.”
Sofort war ich hellwach, vielleicht würde es uns nun gelingen uns einen Durchblick zu verschaffen. Aber warum lächelte Lilly so geheimnisvoll?

„Okay und weiter...”, fragte ich neugierig, denn ich hatte keine Lust, ihr alle Infos aus der Nase ziehen zu müssen.
„Ach das interessiert dich auch?”, versuchte sie mich weiter auf die Folter zu spannen. Ohne ein Wort zu sagen, zog ich das Schokoeis weiter zu mir.
„Schon gut, schon gut! Also das meiste ist total uneinsichtig. Der hat eigentlich die meiste Zeit von so einer komischen Prophezeiung geredet. Anscheinend spielt die aber eine entscheidende Rolle in dieser ganzen Geschichte. Es scheint, als würden sich die Mitglieder sehr genau an das halteny was sich irgend so ein Prophet zusammengereimt hat.” Gebannt hing ich an ihren Lippen.

„Aber das ist noch nicht alles, um diese Sekte handeln sich die lustigsten Mythen. Eine davon besagt, dass die Mitglieder keine Menschen sind, sondern seltsame Kreaturen. Sie sollen schwarze, schuppige Haut haben und schillernde Flügel dürfen natürlich auch nicht fehlen.”

Wachsam sah sie mich an, beobachtete genauestens meine Reaktion, aber ich konnte mir beim besten Willen nicht erklären, was sie von mir erwartete.
„Hast du nicht gesagt, dass Deamon in dieser Sekte ist?”, fragte ich grinsend.
„Jaa, wieso?” Sie schien nicht so ganz zu wissen, was ich nun von ihr erwartete.
„Ich glaube, ich frag ihn morgen, wo seine schillernden Schwingen abgeblieben sind!”
„Hm ja, tu das”, erwiderte sie nachdenklich.

Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass sie mehr wusste als sie Preis gab.

Im Auge der Finsternis Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt