Halbe Geständnisse

13 1 4
                                    

Doch die lockere Stimmung dauerte nicht sehr lange an. Wie auch? Schließlich saß ich hier mit einem, von einer Fantasiegestalt, lädierten Gesicht. Nur dass diese Fantasie sehr real gewesen war.

Lilly wurde recht schnell wieder ernst und sah mich abwartend an. Als ich den Schock, dass ich diese Träume anscheinend immer wieder vergaß, überwunden hatte, nickte ich ihr leicht zu, denn ich sah ihr an, dass sie mir noch etwas erzählen musste.

"Ich habe Nachforschungen angestellt. Luke ist ja ziemlich gut mit Deamon befreundet und ja... da muss ich dich dann noch etwas dazu fragen..." Ihre Stimme klang ziemlich dünn, woran ich erkannte, dass sie Angst vor meiner Antowort hatte, was so an sich wirklich merkwürdig war.

"Frag nur gleich, ich merk doch, dass es dir wichtig ist", ermunterte ich sie, denn der Streit neulich hatte mir klar gemacht, dass ich mich viel zu wenig um ihre Gefühle und Bedürfnisse kümmerte. Klar, ich wurde im Traum von komischen Wesen verprügelt, was einen ganz schön vereinnahmen konnte, aber trotzdem war ich ihre beste Freundin! Aufmunternd lächelte ich sie an, um zu zeigen, dass ich und meine Probleme warten konnten. Lilly lächelte zurück, entschied sich dann jedoch dafür, mir zuerst das andere zu erzählen, da es wohl irgendwie im Zusammenhang zueinander stand.

"Naja, also Luke hat mir einiges über diese Wesen erzählt. Ich hatte dir doch schon mal von dieser Prophezeiung erzählt, von welcher in diesem komischen Video geredet wurde. Anscheinend ist die ganze Sache verzwickter, als wir bisher annahmen. 'Die Finsternis' wurde irgendwie vor langer Zeit verflucht, weil das Herz von ihrem Anführer so kalt und hart ist, dass darin kein Fünkchen Liebe Raum hat. Traurige Vorstellung wenn du mich fragst." Ich nickte zustimmend, soweit es die Hände und Pinsel in meinem Gesicht zuließen. Die Vorstellung, dass ein Mensch nie Liebe spüren würde war wirklich traurig. Was wohl dazu geführt hatte, dass dieser Anführer so wurde, wie er heute war?

"Naja jedenfalls musst du wissen, dass diese Sekte durch eine absolute Monarchie regiert wird. Die Prophezeiung bietet eine Möglichkeit, den Fluch zu lösen. Nur der Weg, wie der Fluch aufgelöst werden soll ist natürlich nicht der angenehmste."

"Wie meinst du das?", unterbrach ich sie ,"Und worin besteht dieser Fluch überhaupt? Deamon sieht ja nun nicht wirklich verflucht aus."

"Naja besteht darin, dass sie nur noch als diese schuppigen Wesen wandeln können. Und irgendwie ist auch das mit der Legende teil des Fluches. Früher, vor der Verfluchung waren sie ziemlich weit an der Spitze, was die Einflussnahme auf alles und jeden betrifft. Nun gelten sie als Legende und eine Legende kann bekanntermaßen keinen Einfluss auf irgendetwas nehmen. Und naja, also ich hab mir den genauen Wortlaut der Prophezeiung aufgeschrieben, allerdings liegt der Zettel zu Hause, ich wusste ja nicht, dass wir ihn heute brauchen würden. Aber ungefähr weiß ich es noch. Irgendjemand, der noch nicht 17 ist, muss von dem nächsten Anführer umgebracht werden, dass dieses Opfer der Sekte zu neuer Stärke verhilft. Diese Zielperson muss ein reines Herz haben und Jungfrau sein. Was, wenn du mich fragst, schon ein ziemliches Klischee darstellt. Ich meine, wieso müssen immer die armen Jungfrauen dran glauben? Ich mein, ich will mich nicht beschweren, so bin ich zumindest außer Gefahr, aber..."

"Lilly! Komm auf den Punkt", unterbrach ich ihren Redeschwall über das Leid der Jungfrauen genervt. Ich war schließlich sogar doppelte Jungfrau und ich fand eigentlich nicht, dass ich so ein schweres Los gezogen hatte. Klar, ich musste mich ständig mit Deamon rum streiten, aber es gab wahrlich schlimmere Schicksale.

"Nun ja... Ich weiß nicht wie..." In diesem Moment klingelte es zur ersten Stunde und ich stand schnell auf. Würde ich zu spät kommen, würde mein übermäßig geschminktes Gesicht erst recht auffallen und darauf konnte ich verzichten.

"Kommst du? Du kannst mir ja später noch den Rest erzählen. Jetzt gilt es erst einmal, Mathe zu überstehen. Sieht man noch was?" Lilly schüttelte stumm den Kopf und schaute mich besorgt an. "Okay, aber später stellst du mir dann als erstes deine Frage, ich merke, dass sie dich enorm beschäftigt."

"Oh, mich beschäftigen noch ganz andere Sachen", murmelte sie halblaut, als sie vor mir her zu Mathe ging. Fast hätte ich sie nicht verstanden, doch ich verschob es auf später, sie zu fragen, was genau sie damit meinte.

Im Auge der Finsternis Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt