Müde wachte ich auf. Meine erste Nacht in der Arena war um. Ich lag noch immer eingekuschelt in meinem Schlafsack, am ganzen Leib zitternd. Vorsichtig sah ich mich um. Überall flogen weiße Flocken vom Himmel und auch über mir war eine dünne Schicht blendend weißer Schnee. Gegner konnte ich keine ausmachen. Zum Glück... Ich packte meinen Schlafsack in den Rucksack und schmolz mir etwas Schnee zum trinken. Ich beschloss zum Füllhorn zurück zu gehen ; wenn ich wüsste wo es wäre. Ich sah mich nochmals um, doch hatte keine Orientierung. Als mir ein eisiger Wind über die Haut fuhr ging ich ziellos los.
Plötzlich sah ich Fußstapfen im Schnee. Es waren zwei Leute. Sollte ich hinterher oder verschwinden? Unschlüssig kaute ich an meinem Fingernagel, aus plötzlich die Kanone ertönte. Ängstlich drehte ich mich um und lief von den Fußstapfen weg. Warum musste ich in die Arena? Ich stampfte gedankenverloren durch den tiefen Schnee, während mir ein eisiger Wind ins Gesicht wehte. Warum konnte es nicht eine der blöden Zicken aus meiner Nachbarschaft treffen? Wieso ausgerechnet mich? Heiße Tränen tropfen in den kalten Schnee und ließen ihn schmelzen, wo er gelandet war. Eine besonders kalte Brise kam von der Seite und ich klapperte meine Zähne. Plötzlich fiel mir auf, dass es hier überall neblig war. Man sah die eigene Hand nicht mehr klar. Ich zuckte zusammen, als plötzlich die Hymne des Kapitols erklang. Am Himmel wurde das Bild des Jungen aus sechs gezeigt. Danach war Stille. Anscheinend war bereits Nacht geworden. Der Tag war viel zu schnell vorüber gegangen, aber da fiel mir wieder ein, dass die Spielemacher selbst das beeinflussen können. Frierend ging ich weiter. Der Schnee ging mir bis zu den Knien, es kam noch immer neuer dazu. Meine Hose war durchnässt und ich spürte meine kalten Füße nicht mehr. Dennoch lief ich weiter. Ich machte keinen Halt. Ich hatte Angst, wovor genau konnte ich nicht sagen. Einfach vor der gesamten Situation.
Endlich wusste ich, wohin ich unterwegs war. Ich wollte Billy suchen. Er war hier irgendwo. Ich darf nicht erfrieren. Ich hab zwei Tage durchgehalten, zwei Tage mehr als ich es für möglich gehalten habe. Ich bin bereits an meinen Grenzen, aber vielleicht kann ich sie noch erweitern. Und in diesem Moment wurde mir klare, dass ich vielleicht doch eine Chance aufs überleben hätte. Man sieht nicht einmal mehr Fußstapfen, da es so heftig schneit. Ich bin gut im verstecken, hier kann ich mich perfekt verstecken. Ich muss nur überleben. Nur überleben!
Also lief ich weiter. Ich würde mich nicht schlafen legen, niemals. Mein Instinkt sagte mir, ich würde erfrieren. Sofort. Ich kämpfte mich voran, der Wind wurde stürmischer und zerrte an mir, meinen Klamotten. Zwischendurch schmelzte ich etwas von dem Schnee zum Trinken und teilte mir den Laib Brot ein. Ich hatte ein kleines Fünkchen Hoffnung, die nutzte ich aus.
Ich wusste nicht, wie spät es war. Es könnte morgens sein, jedenfalls war ich am Ende. Meine Beine schleppten sich dahin, schwer wie Blei. Was ist, wenn Billy in der anderen Richtung ist? Ich bin nur ein kleines Kind, in einer Riesen Arena. Mein Gesicht war eiskalt, alles an mir war kalt und nass. Wie einem wandelnde Leiche. So musste wohl auch mein Gesicht aussehen. kalt, leer, am Ende. Vielleicht war ich auch bald eine Leiche. Plötzlich hörte ich die Kanone. Erschrocken fuhr ich herum. Wer sollte denn da sein? Ich sollte mir meine Kräfte sparen. Also lief ich weiter, den Blick nach vorne gerichtet.
Bald ertönte die Kanone erneut. Irgendwann nochmal. Was hatten die Spielemacher vor? Mit Mühe hielt ich meine Augen offen, der kalte Wind half. Ich sah nichts außer weißen Schnee und grauen Nebel der gespenstisch vor mir her trieb, mich einschloss. Das Brot war alle. Meine Beine erschöpft. Ich spürte sie kaum noch. Meine Zehen konnte ich auch schon nicht mehr bewegen. Ich schaue nach unten. Der schöne weiße Schnee. Warum sollte ich mich nicht dort hinlegen? In den kalten weißen Schnee. Wie ein gemütliches Bett lag er vor mir. Auf einmal sprach der Schnee zu mir :"Was kämpfst du noch gegen mich? Wir wissen doch beide, dass du nicht überleben wirst. Leg dich doch hin, ich passe auf dich auf. Kein Tribut wird dich töten. " Benommen beugte ich mich herunter. So weich lag der Schnee vor mir. Es hatte keinen Sinn mehr. Ich ließ meinen Körper seinen Willen und klappte im Schnee zusammen. Gute Nacht, Billy.
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Die Tribute von Panem -die 20. Hungerspiele
FanfictionMein Verstand sagte mir Lauf Raven. Mein Herz sagte mir du musst sterben. Für Billy. Und mein Bauch sagte mir kämpfe, dort vorne liegt das Messer. (...) Schließlich hörte ich doch auf mein Herz. Raven ist 12 Jahre alt, als sie zum Tribut gezogen w...