Traum

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Träume sind was Seltsames. Manchmal sind sie gut und zeigen uns eine Welt, die so atemberaubend ist, dass wir sie nie wieder verlassen wollen. Und manchmal lassen sie uns rennen, geben uns vorsprung und jagen uns, bis wir schreined aufwachen. So eine Idee hatte ich, als ich diesen Text anfing, doch verweilt er jetzt schon einige Zeit auf meiner Festplatte und ich habe ihn nie weitergeschrieben. Irgendwann hab ich vielleicht die zündene Idee.

Seit ich denken konnte verfolgten mich Träume. Immer wiederkehrende Hirngespinste, die sich nachts zeigten. Ich konnte manche dieser Träume bis ins kleinste Detail nacherzählen, da ich sie schon immer hatte. Andere kamen mit der Zeit dazu, waren aber nicht weniger wichtig.
Auf diese Weise erinnerte mich mein Verstand immer wieder an all die Sachen, die ich schon so lange zu vergraben versuche. Jeder Mensch hat Dinge, über die er nicht spricht. Es sind einfach die Erinnerungen, bei denen man nicht böse war, wenn die Bilder in tausend Teile zersprangen. Bei denen es man sogar für gut, vielleicht sogar richtig, hielt.

Doch bei mir war das anders. Mein Kopf ließ die alten Pfade nicht zurück und zerrte mich immer wieder mitten in die alten Erlebnisse, die als Erinnerung gespeichert waren. Immer wieder von Neuem sah ich genau die Dinge, über die schon längst Gras hätte wachsen sollen.

So Träumte ich zum Beispiel öfter von dem Tag, als mein bester Freund aus meiner Kindheit über die Straße lief und dabei von einem Auto erfasst wurde. Wir waren Kinder und es war eine Art Mutprobe, weil er schon immer der Ängstlichere von uns beiden war. So redete ich so lange auf ihn ein, bis er einstieg.

Wenn ich nur damals weitergedacht hätte. Wir waren jung, vielleicht fünf oder sechs Jahre. Aber trotzdem hätte ich das wissen müssen. Er hatte solche angst davor gehabt und hätte es freiwillig niemals gemacht.
Ich war dumm gewesen, sowas hätte ein Freund niemals gemacht.

Ein weiterer Traum, der immer wieder kam, war die letzte Nacht mit meiner Liebsten. Wir waren damals schon mehrere Jahre ein paar und ich liebte sie und gab auf sie mehr Acht, als auf mich. Ich hätte sie für nichts auf dieser Welt freiwillig gehen lassen und wollte mit ihr meine Zukunft teilen. Sie war mein Schatz, der bessere Teil von mir, meine Liebe des Lebens, meine Welt.
In dieser Nacht passierten allerdings schreckliche Dinge. Sie verkündete mir, dass sie einen Neuen Typen hat und auch ein Kind von ihm erwartete. In dieser Nacht stritten wir uns stark, weil sie mir die gesamte Schuld an Allem gab. Sie sagte, ich hätte sie vernachlässigt, wäre nur noch unterwegs gewesen und würde gar nicht mehr die Nähe zu ihr suchen. Sie sei angeblich so einsam in den ganzen Jahren geworden und hatte sich jemand neuen gesucht. Das ging schon einige Zeit mit den beiden und die Trennung zwischen uns war nur ein weiterer Schritt, um eine glückliche Familie zu werden.

Es gab noch mehr solcher Träume, die sich immer mal in meine Träume schlichen.
Jedes mal nach so einem Traum wachte ich schweißgebadet auf. Mein Herz schlug so schnell und ich bekam nur schlecht Luft. Mein ganzer Körper zitterte stark und ich hatte oft das Gefühl, noch im Traum zu stecken. So ließ meine Angst auch nach einigen Stunden meist nicht nach und es dauerte lange bis ich wieder Schlaf fand. In der Zeit saß ich einfach da, hatte mich in eine für mich sicherer Position gesetzt, und tat einfach nichts. Oft war es für mich unmöglich, nicht zu weinen.
Doch gerade von letzterem wusste niemand etwas. Ich hielt meine Klappe über jeden einzelnen Traum, über jede schlaflose Nacht und über jede vergossene Träne.
Meine Angst war viel zu groß, dass jemand denken könnte, ich sei schwach. Vielleicht sah ich das alles auch nur viel schlimmer, als es eigentlich war und ich nahm das alles einfach nur viel zu ernst. Wahrscheinlich hatte jeder mal einen schlechten Traum und nur ich machte so ein Drama daraus.

In einer Nacht war es besonders schlimm. Ich schlief noch unruhiger als sonst, wälzte mich im Bett hin und hier. Alle Träume, die normalerweise über mehrere Nächte auftauchen, spielten sich plötzlich in einer Nacht ab. Wie in einem niemals enden wollenden Film zogen sich die Erinnerungen vor meinem inneren Augen vorbei und kurz bevor der Höhepunkt kam, wo ich normalerweise hochschrecken würde, fing die nächste Szene an. Dadurch wachte ich nicht auf, sondern erlebte jeden Traum von Neuem.

Als die letzte fast verblasste Erinnerungen an mir vorbeizog, schreckte ich hoch und schrie vor Angst. Ich war noch halb im Traum und setzte mich auf, sah mich paranoid in meinem Zimmer um. Mit zitternden Händen umfasste ich meine Beine und zog diese dicht an meinen Körper. Mein ganzer Kopf war wie leergefegt und an Konzentration oder Realismus war jetzt nicht zu denken.

Adevntskalender 2018: Auf den Spuren der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt