Kapitel 6

404 39 2
                                    

Ruben nickte ernst.

"Ich hab's verstanden Tyr. Aber es kann sein, dass dich meine Leute nicht aufnehmen."

Tyr ließ ein wölfisches Grinsen auf seinem Gesicht erscheinen.

"Solange sie Lya aufnehmen, kann ich damit leben."

Er stand auf.

"Ich hol dich sobald ich Lya eingeweiht habe."

Ruben nickte und klammerte sich an die Hoffnung bald hier raus zukommen. Zach und sein Vater waren nicht gekommen. Aber er hatte unerwartet ein Bündnis mit diesem Wolfsmenschen geschlossen. Vielleicht wendete sich jetzt doch alles zum Guten. Die Kerkertür schwang plötzlich auf. Tyr wirbelte herum. Es waren keine Wolfsmenschen auch wenn sie so aussahen. Sie rochen nach Menschen. Mit einem Knurren stürzte sich Tyr auf sie. Der vordere Mann reagierte noch in derselben Sekunde und stellte sich kampfbereit hin. Tyr krachte gegen ihn und drückte seine Krallen an den Hals des Fremden. Für einen Menschen hatte er sehr grüne Augen. Tyr bemerkte den Angriff des zweiten erst, als dieser ihn vom anderen weg riss. Rubens Schrei ließ Tyr in seinem Angriff innehalten. Was der Typ hinter ihm sofort nutzte um ihn ein Messer an die Kehle zu halten.

"Eine falsche Bewegung und du bist tot Wolfsmensch."

Trügerisch sanft glitt die tiefe Stimme über Tyr hinweg.

"Nicht Papa, das ist Tyr. Er ist gut. Er wollte mich hier rausholen, wenn wir Lya aufnehmen."

Rubens Stimme überschlug sich fast vor Schnelligkeit.

"Zach könntest du mal...?"

Der Mann mit den grünen Augen trat zu ihnen. Der Griff des Messers wechselte so schnell den Besitzer, dass Tyr keine Zeit hatte zu reagieren. Der Vater von Ruben nahm sich die Schlüssel aus Tyrs Mantel und ging zur Zellentür.

"So du wolltest Ruben also helfen? Warum sollte sich ein Wolfsmensch dazu herablassen?"

Tyr hörte keine Gehässigkeit aus der Stimme, sondern einfache Neugier. Er wollte niemanden von Lya erzählen. Schon gar nicht diesen Menschen. Aber wenn er Lya wirklich hier raus bringen wollte, musste er wohl ein bisschen Maß an Vertrauen in zeigen.

"Hier lebt ein Mädchen, das Lya heißt. Sie ist ein Mensch und gezwungen hier zu arbeiten. Ich hab ihr geschworen sie aus dieser Hölle rauszuholen. Aber es wäre egal in welche Stadt ich sie schicken würde, sie könnte immer ausfindig gemacht werden. Deshalb muss sie abtauchen, zu den Rebellen."

Tyr knurrte innerlich. Es gefiel ihm gar nicht so viel von Lya und sich preis zu geben. Aus dem Augenwinkel sah er, dass der Mann die Zellentür aufgeschlossen und Ruben in die Arme genommen hatte. Der schmiegte sich vertrauensvoll in seine Arme.

"Was bedeutet dir das Mädchen?"

Zach hielt das Messer nicht mehr so eng an seinen Hals gepresst. Aber Tyr spürte seine Wachsamkeit auch wenn er mit ihm redete als wären sie keine Feinde.

"Sie hat mir ihre Liebe geschenkt. Ich werde sie weder abweisen noch enttäuschen."

Tyrs Stimme klang fest und entschlossen. Zach überlegte. Er könnte diesem Wolfsmenschen glauben und ihm helfen sein Mädchen in Sicherheit zu bringen. Aber er würde nicht riskieren, dass seine eigene Familie in Gefahr geriet nur weil er leichtgläubig vertraut hatte.

"Drew gehst du schon mal mit Ruben raus?"

Zachs Stimme klang befehlsgewohnt. Drew zögerte nicht und nahm Ruben auf den Arm.

"Warte Papa! Zach, du versprichst doch Tyr nichts zu tun."

Rubens Stimme war bittend.

"Mach dir keine Sorge Ruben. Von meiner Seite aus wird ihm heute kein Leid geschehen."

Drew trug Ruben raus. Tyr spannte sich an. Er würde sich nicht kampflos umbringen lassen. Doch zu seiner Überraschung nahm Zach das Messer von seiner Kehle und ließ ihn los.

"Ich hoffe ich muss nicht bereuen einem Wolfsmenschen vertraut zu haben."

Seine grünen Augen schienen sich in Tyrs zu bohren. Tyr starrte zurück und spürte, wie sich bei der offenen Herausforderung seine Augen veränderten. Zach beobachtete interessiert wie die Augen des Wolfsmenschen anfingen zu glühen. Er öffnete und schloss die Hände unwillkürlich. Zach richtete seinen Blick darauf. Er wusste, dass Wolfsmenschen im Kampf eine Verwandlung durchmachten. Glühende Augen und Klauen an den Fingern war nur ein Teil davon.

"Wir werden den Jungen so schnell wie möglich hier raus bringen. Hol du deine Lya und bring sie zur Ostmauer wenn ihr in fünfzehn Minuten nicht da seid, verschwinden wir."

Tyr nickte und wartete bis Zach durch die Kerkertür verschwunden war. Dann folgte er ihm und stieg lautlos die Treppe hinauf. Seine Gedanken konzentrierten sich ganz darauf Lya zu finden und endlich hier raus zubringen.

~~~

Lya wand sich, doch die Fesseln hielten. Nicht so sehr, dass es weh tat, aber doch fest genug, dass sie sich nicht von allein befreien konnte. Lya wollte auch eigentlich gar nicht auf sich aufmerksam machen. Schließlich wurde der Junge vermutlich gerade gerettet. Sie konnten bestimmt jeden Vorsprung den sie bekommen konnten, brauchen.

Die Tür schwang plötzlich auf und Leya, eins der Menschenmädchen, die hier arbeiteten, betrat den Raum. Lya musste wohl unbewusst einen Laut von sich gegeben haben. Denn Leya kreischte erschrocken auf und flüchtete aus dem Raum. Kurz darauf hörte Lya aufgebrachte Stimmen und dann betrat eine Wache den Raum. Der Wolfsmensch unterstand direkt Alastor. Mit einem Blick erfasste er die Situation und würgte Leyas aufgeregtes Geplapper ab als er sich zu dem zweiten Wolfsmensch umdrehte und ihm knapp Befehle erteilte. Dieser nickte und verschwand.

Lya erstarrte als er sich ihr näherte. Aber er löste nur das Seil um ihre Füße und zog sie auf die Beine. Fast wäre Lya wieder eingeknickt, als das Blut wieder in ihre Beine floss. Auf einmal hing sie kopfüber und registrierte erst, dass der Wolfsmensch sie über der Schulter getragen hatte als sie wieder abgesetzt wurde, im großen Saal vor dem Alphapaar, Alastor und Balan. Lya konnte nichts gegen das Zittern tun, das sie erfasste.

"Was ist geschehen?", fragte Lord Amon.

Der Wolfsmensch nahm ihr das Tuch aus dem Mund.

"Ich fand sie gefesselt und geknebelt in der Abstellkammer nachdem ein anderes Menschenmädchen sie gefunden hatte."

"Ausschwärmen sucht die Burg nach Fremden ab und schließt die Tore damit niemand die Burg verlassen kann", befahl Alastor.

Sofort verschwanden die Wolfsmenschen im Raum, um den Befehl auszuführen. Alastor trat vor Lya.

"Wer hat dich überwältigt?"

"Menschen als Dienstboten verkleidet. Ich hab sie nicht wiedererkannt und nachgefragt wer sie sind", stieß Lya hervor und wand sich innerlich unter dem Blick des Herrenführers.

Seine Augen ähnelten denen von seinem Sohn so sehr, dass Lya dachte er könne ebenfalls ihre Seele sehen und jedes Geheimnis offen legen.

"Wie viele Menschen?", fragte er weiter.

"Zwei", sagte Lya.

"Weißt du wo sie hin wollten?"

Stumm schüttelte sie den Kopf. Er nickte knapp und richtete sich an den Wolfsmenschen hinter ihr.

"Sieh nach ob der Junge noch da ist."

Lya versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Aber sie betete, dass die zwei Fremden den Jungen schon befreit hatten und in Sicherheit waren.

Spiel der Wölfe Tyr & LyaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt