Kapitel 7

407 36 4
                                    

Tyr hörte Tumult im Gang als er von der Küche kam. Er fand Lya einfach nicht. Er beschleunigte seine Schritte um eingreifen zu können falls Lya wieder von jemanden belästigt wurde. Doch als er um die Ecke bog, war es nicht Lya, die in Schwierigkeiten steckte, sondern die beiden Fremden. Der Junge stand in der Mitte von ihnen. Tyr kannte die beiden Wolfsmenschen, die sie bedrängten. Es waren Brüder, die in seiner Altersklasse schnell aufgestiegen, weil sie sich nicht zu schade waren jede noch so unnötig grausame Aufgabe zu erfüllen. Tyr zögerte nicht eine Sekunde, zog seinen Dolch und schnitt dem einen mit einer einzig fließenden Bewegung die Kehle durch. Er ging zu Boden und Zach wandte sich sofort zu Dew, um den verbleibenden Wolfsmensch auszuschalten. Dann drehte er sich wieder zu ihm um und musterte ihn.

"Du bist dir nicht zu schade deine Brüder zu hintergehen?"

Seine Stimme klang scharf. Er zweifelte an Tyrs Loyalität. Wenn er sich schon so leicht von seiner eigenen Art abwandte, würde er vielleicht genauso einfach die Menschen verraten. Tyr zog nur eine Augenbraue hoch.

"Sie haben nicht in einem einzigen Moment ihres Lebens etwas getan um von mir Gnade erwarten zu können", gab er zurück.

Zach sagte nichts weiter. Dafür meldete sich nun Drew zu Wort.

"Wo ist dein Mädchen?"

"Wenn ich das wüsste, wäre sie jetzt hier", entgegnete Tyr.

Zach und Drew tauschten einen Blick. In Sekundenschnelle hatte Tyr Zach am Kragen gepackt und drückte ihn gegen die Wand.

"Was habt ihr mit ihr gemacht?"

Seine Instinkte drängten ihn die Gefahr für Lya zu beseitigen. Er hätte kein Problem damit diese Menschen auszuschalten. Aber sie waren auch gleichzeitig Lyas einzige Chance. Und die konnte er nicht einfach wegwerfen.

"Sie hat uns erkannt. Wir haben ihr nichts getan aber wir mussten sie ruhig stellen. Wir durften nicht zulassen, dass sie uns verrät."

Tyr knurrte leise. Er traute diesen Menschen nicht ein Stück. Zach starrte ihn unbeeindruckt an.

"Drew bring Ruben in Sicherheit. Tyr und ich holen Lya", befahl Zach.

Drew zögerte nicht. Er war froh Ruben von hier wegbringen zu können. Und er vertraute Zach sich diesen Wolfsmenschen vom Hals halten zu können, wenn nötig. Dann standen nur noch Zach und Tyr da. Tyr ließ Zach los. Dieser musterte ihn noch kurz. Dann ging er los. Ungeduldig folgte Tyr ihm. Sollte Lya irgendwas zugestoßen sein, würde er diesen Menschen persönlich dafür umbringen.

~~~

Lya war froh nicht mehr im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Sie war in die Ecke gedrängt worden als klar geworden war, dass der Junge befreit worden war. Sie zerrte an ihren Fesseln, die ihr die Hände immer noch hinter dem Rücken zusammen banden. Plötzlich trat jemand vor sie. Lya hob den Blick und erschrak vor Herrenführer Alastors grimmiger Miene.

"Wo ist mein Sohn? Hast du ihn angestiftet den Jungen zu helfen?"

Seine Stimme war genauso eisig wie sein Blick.

"Ich glaube nicht, dass ihr Sohn sich von jemanden etwas einreden lässt, auch nicht von mir", gab sie trotz schnellem Herzschlag ruhig zurück.

Jemand drängte sich zwischen sie.

"Alastor anscheinend weiß ich besser über euren Sohn Bescheid als ihr."

Balan grinste Lya an und zog sie zu sich.

"Sie muss ihn doch nur rufen und schon kommt er", sagte Balan im schmeichelndem Tonfall.

"Komm Vögelchen sing für ihn!"

Dann rammte er ihr einen Dolch in die Schulter. Vor Schock brachte Lya keinen Ton heraus und dann urplötzlich fuhr ein glühender Schmerz durch ihre Schulter. Lya entwich ein Schrei. Sie spürte das Blut an sich herunter laufen und schwankte. Ihr Blick fiel auf Alastor, der sie kalt betrachtete. Lya keuchte als Balan sie zu Boden gleiten ließ. Er machte keine Anstalten den Dolch rauszuziehen. Die Tür wurde schwungvoll aufgestoßen und Tyr trat ein. Sein wilder Blick fand Lya. In Sekundenschnelle war er bei ihr. Er verscheuchte Balan mit einem einzigen bösen Knurren und riss sich den Umhang von den Schultern, um ihn in Streifen zu reißen. Er sah Lya fest an.

"Das wird kurz wehtun", warnte er sie.

Dann zog er den Dolch mit einer einzigen Bewegung aus der Schulter. Lya biss auf den Stoffstreifen den er ihr gegeben hatte. Trotzdem entwich ihr ein klagender Schrei. Ein milchige Schleier legte sich über ihr Blickfeld. Der Schock vermutete sie und war dabei abzudriften.

Tyr bemerkte Lyas entrückten Blick. Panik wollte sich in ihm breit machen. Doch er unterdrückte sie. Stattdessen drehte er Lyas Kopf mit festen Griff in seine Richtung und fing ihren Blick auf.

Tyr beugte sich weiter über Lya und raunte ihr zu: "Hier geblieben Lya! Ohne deine Unterstützung schaffen wir es hier nicht raus. Mach dich bereit zu rennen."

Er spürte wie Lya sich zurück kämpfte und strich ihr kurz über die Wange. Dann zog er den Druckverband fest. Mit seinem Dolch befreite er sie von den Fesseln. Er legte einen Arm unter ihre Schulter und richtete sie auf. Balan trat misstrauisch einen Schritt auf sie zu.

"Fertig", raunte Tyr Lya zu.

"Jetzt", rief er und sie rannten los.

Im selben Moment wurde etwas in den Raum geworfen. Undurchsichtiger Nebel verteilte sich explosionsartig im Saal.

"Halt so gut es geht die Luft an", wies Tyr sie an.

Dann war plötzlich eine zweite Person neben ihr. Lya wollte schon schreien, doch die Person schob ihr ebenfalls einen Arm unter die Schulter und half ihr aus dem Saal raus. Also konzentrierte sich Lya darauf so flach wie möglich zu atmen und so schnell wie möglich zu rennen.
Ihre Schulter brannte mörderisch und sie spürte wie sich der Schmerz verbreitete. Ihre linke Seite war praktisch nutzlos. Schwarze Flecken tanzten vor ihren Augen. Sie blinzelte sie entschlossen weg. Sie wandte kurz ihren Kopf zur Seite und sah in blitzend grüne Augen. Der Mensch lächelte sie kurz an dann wandte er sich wieder nach vorn. Das war der Mann gewesen, der sie eingesperrt hatte. Warum half er ihnen jetzt? Und wo war sein Gefährte abgeblieben. Lya hörte auf darüber nachzudenken als sie vor der Tür waren, welche zur Außenmauer führte. Tyr stieß sie auf und zu dritt betraten sie die Mauer. Scharfer Wind schnitt ihnen ins Gesicht.

"Wartet", rief der Fremde und ließ Lya vorsichtig los.

Tyr beobachtete ihn misstrauisch. Lya schwante Böses als er ein grobes Seil aus seiner Tasche zog und an der Mauerzinne befestigte. Ihr Verdacht bestätigte sich als er das Seil an der Außenseite herab hängen ließ und eine auffordernde Geste machte.

Spiel der Wölfe Tyr & LyaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt