Kapitel 13

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Mit Lya im Arm aufzuwachen, fühlte sich absolut richtig an. Trotz der Dunkelheit konnte er ihre Gesichtszüge sehen. Im Schlaf waren sie ganz entspannt. Sie bewegte sich ein wenig und er achtete darauf, dass sie ihren verletzten Arm nicht bewegte. Schritte ertönten und Tyr sah wachsam auf. Der schweigsame Mensch brachte ein Tablett. Sein Blick verweilte lange auf Lya, die selig in seinem Arm schlief. Tyr spürte wie sie sich bewegte. Langsam öffnete sie ihre Augen. Kurz schien sie orientierungslos, dann landete ihr Blick auf dem Menschen und ihre Wangen rötetetn sich.

"Guten Morgen, Drew", murmelte sie.

Tyr ließ sie nur unwillig los als sie sich aufrichtete. Der Mensch nickte ihnen zu.

"Guten Morgen, Ruben hat schon gefragt wo du bist."

Lya lächelte erfreut.

"Er hat mich gestern noch besucht", erklärte sie Tyr.

"Er hat auch nach dir gefragt aber es wurde ihm gesagt, dass du schon wieder gegangen bist."

Tyr könnte schwören, dass ihr Blick vorwurfsvoll auf Drew lag. Der verzog keine Miene. Tyr strich ihr beruhigend über den Arm. Zumindest wendete sie den Blick von Drew ab. Dieser stellte das Tablett ab und tauschte die nur noch schwach klimmende Fackel gegen eine neue aus. Tyr schob Lya auch ein Brötchen rüber und begann zu Essen. Lya nahm das Brötchen und sie frühstückten schweigend. Lya war etwas unbehaglich zu Mute. Drew war so still, dass man nie wusste, was er dachte.

"Rose will sich nochmal deine Wunde ansehen", informierte Drew sie als sie aufgegessen hatten.

Lya nickte und stand auf. Sie gab Tyr die Decke und folgte Drew, der mit dem Tablett voran ging. Drew ließ sie kurz vor der Krankenstation allein, denn die Küche lag in einer anderen Richtung. Lya fand es immer noch erstaunlich wie aus dem Höhlensystem ein Unterschlupf hatte werden können. Sie stand schon vor der Tür des Krankenzimmer als sie aufgebrachte Stimmen hörte. Lya zögerte.

"Du wirst vermutlich nie wieder richtig sehen können. Was hast du dir nur dabei gedacht?", hörte sie Rose' brüchige Stimme.

"Vielleicht wollte ich mich dir anpassen, Schwesterlein. Immerhin haben wir jetzt auf derselben Seite eine Narbe. Es muss halt Gemeinsamkeiten unter Geschwistern geben", ertönte die sarkastische Antwort.

"Wir haben nichts gemeinsam. Ich habe meine Narbe nicht aus Dummheit oder Leichtsinn. Wie lange soll ich mir dein selbstzerstörerisches Verhalten noch anschauen, Reed? Ich weiß du fühlst dich schuldig, aber es geht in dieser Sache nicht um dich. Komm darüber hinweg so wie ich darüber hinweg gekommen bin."

Rose Stimme war mit jedem Wort lauter geworden.

"Darüber hinweg kommen", donnerte die andere Stimme los, "du verkriechst dich hier und zuckst bei jedem Geräusch zusammen. Erzähl mir nicht, dass ich es vergessen soll, denn du hast es ganz bestimmt auch nicht."

Die Tür wurde so abrupt augestoßen, dass Lya nicht zurück weichen konnte. Sie stieß mit jemanden zusammen und fiel hart auf den Boden. Ihr gegenüber stieß einen hässlichen Fluch aus und drängte sich dann an ihr vorbei. Es war der Mann, dessen Gesicht verbunden war. Er verschwand wütend um die nächste Ecke.

"Oh nein!" Rose kniete sich neben sie und Lya sah sie an.

Ein stechender Schmerz fuhr duch ihre Schulter. Als sie einen Blick darauf wagte, sah sie einen kleinen Blutfleck.

"Kannst du aufstehen? Ich befürchte die Wunde ist wieder aufgerissen", informiert Rose sie und schob einen Arm unter ihre Schulter, um ihr aufzuhelfen.

Lya verzog das Gesicht. Auf jeden Fall war sie wieder empfindlich. Rose sah sich das ganze an und seufzte erleichtert.

"Es ist nicht so schlimm wie ich dachte. Aber ein Rüpel ist mein Bruder trotzdem."

"Der Mann, Reed, ist dein Bruder?", fragte Lya erstaunt nach.

Rose nickte.

"Was hat er mit seinem Auge gemacht?", hakte sie nach ohne zu verbergen, dass sie mitgehört hatte.

Rose verzog das Gesicht.

"Du weißt es noch nicht? Dann sollte ich es dir besser auch nicht sagen."

"Was denn nicht sagen? Rose langsam macht ihr mir Angst. Ist es etwas Schlimmes?"

Rose räumte alles weg und schien noch zu zögern. Dann gab sie sich einen Ruck.

"Na ja, wir wussten nicht ob der Wolf uns was tun würde. Also wollten die Wächter ihn betäuben. Reed hat leichtsinnig gehandelt und hat den Wolf provoziert. Er hatte sich schon veränderte und seine Klauen haben Reed das Gesicht zerschnitten."

Lya hielt erschrocken die Luft an. Das hatte sie nicht gewusst. Rose blickte durch sie hindurch, schien woanders zu sein.

"Das ist tragisch", murmelte Lya und riss Rose aus ihren Gedanken.

"Ich mache deinem Wolf keinen Vorwurf", zerstreute Rose Lyas Befürchtung.

"Mein Bruder war leichtsinnig. Es hätte schlimmer enden können."

Lya hatte Verständnis für das Misstrauen der Menschen, aber sie fand es trotzdem nicht in Ordnung, dass die Menschen Tyr so behandelten. Es war sein gutes Recht sich zu wehren, wenn er angegriffen wurde. Rachel kam zur Tür rein.

"Hey Rose wie geht's dir?", fragte Rachel und drückte sie kurz an sich.

"Ich hab gehört Reed war bei dir?", setzte sie als Erklärung hinterher.

Rose seufzte tief.

"Ich habe manchmal das Gefühl, er legt es darauf an sich selbst zu verletzen."

Rachel strich Rose über die Wange.

"Versuch weiter auf ihn einzuwirken. Auf dich hört er. Er wird schon wieder zur Besinnung kommen."

Sie wartete bis Rose nickte dann wandte sie sich an Lya.

"Ich dachte, ich kann dich ein bisschen rumführen", schlug sie vor.

Lya vermutete, dass Rachel sie auch im Auge behalten sollte. Aber sie stimmte trotzdem zu. Rose blieb auf der Krankenstation. Sie gingen durch verschiedene Gänge und Rachel versuchte Lya alles zu erklären. Als es kurz still war, wagte Lya eine Frage zu stellen, die ihr schon die ganze Zeit im Kopf herum spukte.

"Du hast Rose so vertraut berührt. Ist das bei euch so üblich?"

Rachel sah sie lächelnd an. "Nicht direkt, natürlich kümmern wir uns umeinander und Umarmungen sind ganz normal zwischen Freunden. Rose und Reed sind erst später zu uns gestoßen. Ich habe mich langsam mit ihr angefreundet. Inzwischen habe ich sie lieb gewonnen als wäre sie meine Schwester."

Lya vermutete, dass hinter der Geschichte noch mehr steckte, aber sie fragte nicht weiter nach. Manche vergangenen Geschehnisse waren einfach noch nicht bereit ans Licht zu gelangen.

Spiel der Wölfe Tyr & LyaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt