Kapitel 4

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'Liebes Tagebuch,
3 Wochen sind nun schon Sommerferien, die absolut blödesten Ferien, die ich je hatte. Die letzten Jahre habe ich Sprotte jeden Tag gesehen, wenn wir Ferien hatten.
Wir wären gemeinsam den ganzen Tag am Wohnwagen geblieben und hätten uns um die Hühner gekümmert, wir wären am See schwimmen gegangen oder zelten oder oder oder. Aber jetzt? Nichts.

Nach dem Fest von Frau Rose hatte ich ja eigentlich vor mit ihr zu sprechen. Nach meinem mehr als dürftigen Zeugnis packte sie ja die große Überraschung aus. Ihre Diashow war wirklich gut, das muss man ihr lassen. All die Bilder unserer glücklichen Kinderzeit waren zu sehen. Es machte mich richtig glücklich. Das Bandenleben fehlt mir definitiv, wir sind zwar noch eine Bande, aber seit die Hühner sich aufgelöst haben, ist es nicht mehr dasselbe. Irgendwie haben wir uns auseinander entwickelt. Und dazu kam noch, das auf vielen Bildern Sprotte und ich noch als Paar gezeigt wurden. Das machte mich zuerst richtig glücklich, bis ich realisierte, dass wir ja garnicht mehr zusammen waren. Dannach tat jedes Bild weh. Wir beide zusammen tanzend in der Disco. Meine Güte war ich damals nervös, unbedingt wollte ich mit ihr tanzen.
Wir beide am Getränkeautomaten nach der Aufführung, als sie zum ersten mal meine Hand nahm, das war ein unbeschreibliches Gefühl. Und dann die letzte Klassenfahrt. Unser letzter Kuss als Paar.
Ich wollte unbedingt mit ihr reden. Ich hatte mich die ganze Zeit dagegen gewehrt, zu ihr zu sehen, damit sie meine Verzweiflung nicht mitbekommt.

Doch nun suchte ich sie verzweifelt. Doch ich fand sie nicht, ihr Stuhl war leer. Ich stand auf und lief wie ein verwirrtes Huhn herum und fand sie doch nicht. Dass sie das einfach so stehen lassen wollte, tat mir weh.

Sie kam auch nicht zurück zum Fest. Lange hielt ich es dort aber auch nicht aus. 3 Wochen sind seit dem nun vorbei und Sprotte hatte ich seit dem nicht mehr gesehen und nichts von ihr gehört. Immer wieder versuchte ich sie anzurufen, schaute am Wohnwagen und am See vorbei, ich fragte ihre Freundinnen, doch die schalteten bei mir eh auf Stur.

Ich war oft kurz davor, bei ihr daheim zu klingeln, aber traute mich doch nicht.
Aber nichts, keinerlei Antworten von ihr.
Oft saß ich danach nachts stundenlang am Rande des Baumhauses und dachte nach. Ich wünschte mir nichts sehnlicher als wieder mit ihr zusammen zu sein, doch offensichtlich gab sie mir keine Chance mehr. Ich beschloss, dass ich dieses Kapitel abschließen musste, so weh es auch tat. Ich durfte keine Gefühle für Sprotte mehr haben, leichter gesagt als getan.
Ich hoffe nur das wird auch halten, wenn wir morgen alle zusammen zu Torte fliegen.'

'Meine Güte was sich alles bei den Leuten getan hat. Kaum hatte ich mich aus der Herberge verabschiedet, da scheinen wohl alle verrückt geworden zu sein. Als ich die Nachrichten von meinem besten Kumpel Steve bekam, fielen mir fast die Augen aus dem Kopf.

Fred hatte am selben Abend noch beschlossen, mit dieser Sabrina zu schlafen. Mir war von Anfang an klar, dass dieses Mädchen nur Ärger bringen würde, sie war mir herzlich unsympathisch, was man von Fred nicht behaupten konnte. Von Beginn an redete ich auf ihn ein, dass sein Ärger mit Sprotte nur vorübergehend war und das er von dieser Schnepfe fern bleiben solle, ich brüllte ihm das einmal förmlich ins Gesicht.

Doch natürlich hatte er nicht auf mich gehört, seit Monaten war er nur noch schwanzgesteuert gewesen. Steve und Trude hatten sich endlich gefunden, wir alle waren an ihrer Schüchternheit schon langsam verzweifelt.
Und Willi? Der hatte sich Frida geschnappt, meine Frida. Naja was das wohl geben würde wenn die gleich landen werden.', dachte sich der Junge als er zum Flughafen fuhr.

Voller Vorfreude wartete Torte am Kopenhagener Flughafen auf seine Freunde. Die 3 Wochen seit Beginn der Sommerferien waren kaum vorbei gegangen. Nun stand er da und wippte von einem Bein auf das andere, bis er endlich ein vertrautes Gesicht sah, nie würde er dieses Gesicht vergessen.
Nie war es ihm so ganz gelungen, über dieses Gesicht hinwegzukommen. Doch seit er hier in Dänemark war, hatte sein Herz begonnen zu heilen. So tat es ihm auch nicht weh, dass seine Frida da Hand in Hand mit Willi lief, bis sie seine Hand losließ, um auf Torte zuzustürmen. Grinsend fiel sie ihm in die Arme, sodass der immer noch kleinere Junge aufpassen musste, dass sie nicht beide nach hinten umpurzelten.

Willi beobachtete die sich abspielende Szene sehr amüsiert und begrüßte seinen Freund mit einem coolen Handschlag. Nach und nach begrüßten alle ihren Freund und begannen auch gleich zu erzählen, denn seit der Klassenfahrt hatten sie kaum Kontakt gehabt.

Oft mussten sie aufpassen nicht alle gleichzeitig auf ihn einzureden. Torte musste immer wieder lachen, sie schienen ihn wirklich vermisst zu haben.
Aber auch er war froh, endlich hatte er seine Freunde wieder. Er beobachtete alle sehr genau. Sie hatten sich alle kaum verändert. Nur mit ihren Beziehungen war er noch etwas überfordert.

Aber fast alle anderen schienen damit klar zu kommen und glücklich zu sein, sogar Melli war aktiv am Gespräch beteiligt und er spürte keine Feindseeligkeit zwischen ihr und Willi oder Frida, was er durchaus verstanden hätte.

Nur das Oberhuhn und Fred waren nicht so wie früher. Irgendwie wirkten sie viel ruhiger und irgendwie trauriger, als würde ihnen etwas fehlen. Als alle am Gepäckband angekommen waren, hatte Torte eine Idee, die er im Kopf nur allzu witzig fand.
So nutzte Torte das allgemeine Koffersuchen aus um Fred anzusprechen.

"Na Boss, von dir hab ich bis jetzt noch nichts gehört, wie geht's dir?", fragte mit etwas sarkastischem Unterton.

"Ganz gut und dir?", antwortete Fred ihm beiläufig.

"Ach komm erzähl mir doch keinen Mist, ich hab doch Augen im Kopf, wo ist der freche Typ hin, der immer dumme Ideen hat? Du schleichst hier durch die Gänge, als wär jemand gestorben. Normalerweise hättest du Sprotte schon 3 mal durch den Flughafen gejagt!", sofort biss sich Torte auf die Zunge, was hatte er da nur gesagt, das war sicher ein wunder Punkt für ihn? Doch anders als erwartet muckte ihn der Boss nicht an, wenn er etwas für ihn unangenehmes aussprach, sondern antwortete normal.

"Tja was soll ich dir sagen Torte, die Dinge haben sich anders entwickelt. Sie wollte nicht mehr mit mir zusammen sein. Die letzten 3 Wochen hat sie kein Wort zu mir gesagt. Mir ist das ehrlich gesagt zu blöd. Sie liebt mich offensichtlich nicht mehr und ich will sie auch nicht mehr lieben. So einfach ist das."

Torte wusste nicht so recht ob er das glauben konnte, nie hatte er gedacht, das mal zu hören, was Beziehungen angingen, waren die beiden ihm stets ein Vorbild gewesen, auch wenn sie so ihre Problemchen hatten.
Doch in Freds Stimme hatte er nicht erkennen können, dass er lügt. Doch eins war ihm nicht entgangen, und zwar dass Sprotte Fred die ganze Zeit angestarrt hatte. Was ihn wieder zu seinem Scherz brachte.

"Sprotte ich glaub hier ist ein Koffer von dir!", schrie er zu ihr rüber. Doch als sie kam, um ihn zu holen, verdrückte er sich grinsend und sie stand allein vor Fred.

"Wo soll mein Koffer sein?", fragte sie ihn vorsichtig.

"Keine Ahnung, ich hab keine gesehen.", antwortete er kurz und bedachte Torte mit einem Todesblick.
'Ich bring diesen Bastard um', dachte er sich dabei nur.
Die peinliche Stimmung zwischen den beiden war für beide kaum zu ertragen.

"Wie waren deine Ferien bisher?", fragte sie ihn, um die Peinlichkeit zu überdecken.

"Ganz gut und deine?"

"Auch", es wollte sich einfach kein Gespräch zwischen beiden entwickeln, doch dann nahm Sprotte plötzlich ihren ganzen Mut zusammen.

"Du Fred, ich glaub wir müssen uns mal unterhalten, wie wär's, gehen wir heute Abend irgendwo einen Kaffee trinken? So um 8 Uhr? Wir fahren ja morgen früh schon weiter?"

"Okay ich hol dich dann ab oke?", sagte er noch und nahm dann seine Taschen und ging.
Sprotte sah ihm nach und war voller Hoffnung. Endlich würde sie ihm alles gestehen können. 3 Wochen hatte sie sich davor gedrückt. Sie würden wieder glücklich werden, hoffte sie jedenfalls...

Die wilden Hühner in DänemarkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt