Kapitel 2

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Völlig verdutzt stand er da. Sie hatte ihn einfach so in der Dunkelheit stehen lassen. Klar, er konnte sie verstehen und machte ihr auch keinen Vorwurf. Aber mit der Situation war er einfach überfordert. So stand er bei sich vorm Haus und sah nochmal den Abend vor sich. Seit Sprottes Brief war er sehr nachdenklich geworden. Er dachte viel an seine gemeinsame, meistens glückliche, Zeit mit ihr zurück und seine Selbsthass steigerte sich ins Unermessliche. Er war nur gottfroh, dass grade Schulferien waren. Fast jeden Abend war er zum Grab seines Großvaters gefahren, mit seinen Eltern konnte er nicht darüber sprechen, die hatten ihn nie so gut verstanden wie sein Opa. Immer hatte er irgendwie gehofft, dass Sprotte am Grab wäre, nicht um sie zurückzugewinnen, sondern um sie einfach mal wieder bei dich zu haben. Und als er das ihm nur allzu gut bekannte Fahrrad vor dem Haupttor sah, war sein Herz voller Hoffnung. Nur hatte er Angst, dass sie garnicht mit ihm sprechen würde. Doch auch sie unterhielt dich mit seinem Großvater über ihre Beziehung, auch für sie war er ein wichtiger Mensch gewesen. Überraschenderweise kamen die beiden sogar ins Gespräch und unterhielten sich so offen wie noch nie über ihre Gefühle. Es fühlte sich an wie früher mit ihr rumzualbern, doch nachdem sie bei ihm ankamen, küsste er sie einfach. Aus Gewohnheit. Es war gewesen wie früher, doch sie konnte es nicht. Und das machte Fred unheimlich traurig.

"Willst du eigentlich mal reinkommen oder hast du vor, draußen im Stehen zu schlafen?", fragte ihn seine Mutter. Er hatte gar nicht bemerkt, dass er da schon eine Stunde gestanden hatte. Ohne ein Wort zu sagen ging er hinein. Auch beim Abendessen sagte er nichts. Er bekam nicht mal mit, was seine Eltern redeten und ihre Fragen bekam er auch nicht mit. Er war in seiner eigenen Welt, bei Sprotte.

"Fred verdammt noch mal? Halloooo? Hat dir jemand die Zunge abgeschnitten?", sein Vater wurde langsam wütend.
"Wann musst du morgen wieder in die Schule?", wild vor seinem Gesicht rumfuchtelnd, schrie er seinen Sohn quasi an.

"Um 8 Uhr" sagte der kurz und ging in sein Zimmer. Das hätte er fast vergessen, ab morgen kam er wieder in den Genuss, Sprotte jeden Tag zu sehen, sehnsüchtig schlief er irgendwann im Gedanken an sie ein.

"Das glaube ich nicht?! Was ist bitte passiert, ihr habt euch geküsst?? Und das erzählst du mir erst JETZT???" Frieda war völlig aus dem Häuschen. Sie war diejenige ihrer Freundinnen gewesen, die ihr und Fred noch am ehesten eine gemeinsame Zukunft gewünscht hatten. Klar alle waren schockiert und seitdem war der Umgang der wilden Hühner mit Fred sehr eisig. Die restlichen Pygmäen hielten zwar zu ihm, aber hatten ihn auch ordentlich zusammengestaucht.

"Sprotte bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist? Er hat dich doch so verletzt.", entgegnete Wilma. Sie war am kritischsten eingestellt, mal abgesehen von Melanie, die grade aber was gegen alle Jungs hatte. Sprotte hingegen bereute es langsam, ihren Freundinnen überhaupt davon erzählt zu haben. Doch die hatten sie so lange bearbeitet, denn offenbar wurden sie und Fred auf dem Heimweg zusammen gesehen, bis sie nachgab.

" Leute das war doch garnicht mit Absicht. Es war irgendwie eine Reaktion auf unser Verhalten. Es fühlte sich an wie als wir noch zusammen waren. Ich hab den Kuss aber auch schnell abgebrochen", antwortet Sprotte endlich ihren ungeduldig wartenden Freundinnen.

"Und hat es noch gekribbelt?", natürlich kam die Frage von Meli.

"Damals leider ja, aber ich habe meine Gefühle für ihn damals dann zurückgelassen. Ich liebe ihn nicht mehr." Antwortete Sprotte, aber der letzte Satz war kaum glaubhaft. Es war ihr auch sehr schwer gefallen, diesen Satz auszusprechen. Von ihren Freundinnen erntete sie nur amüsierte Blicke, sie glaubten ihr kein Wort.

"Ist wirklich so, aber wenn ihrs mir nicht glaubt, auch egal", sagte sie etwas sauer. Langsam begaben sie sich dann auch ins Schulgebäude, denn es hatte schon das 2. Mal geklingelt. Kaum am Klassenzimmer angekommen, blieb Freds Blick sofort an ihr kleben.

"Man Willi ich will sie wiederhaben, ich vermisse sie so."

"Tja das hättest du dir mal vorher überlegen können, du Hohlbirne, aber egal, pass auf, du musst ihr zwar Zeit geben, ihre Wunden zu heilen, aber ihr auch zeigen, dass du ihr nicht egal bist. Interessier dich für sie, rede gelegentlich mit ihr, sei ein guter Freund. Dann kommt Vertrauen und dann wieder die Liebe." Entgegnete Willi. Fred wunderte sich, normalerweise war er echt kein Meister der Worte, aber was das Thema anging, kannte er sich ja wirklich aus. Auch er hatte einst Meli enttäuscht und dann wieder zurückgewonnen, aber Fred wollte ungern 2 Jahre lang warten. Und bei Frieda wollte er am Ende auch nicht landen. Also tat er, was Willi ihm empfohlen hatte, in den letzten 3 Schulwochen der 10. Klasse, die sie nun fast beendet hatten, lächelte er sie nett an und redete oft mit ihr. Nicht über Gefühle, sondern was in ihrem Leben so abging, was sie so erlebte usw.. Interesse musste er nicht mal vortäuschen. Es war fast wie früher, sie hatte ein Problem und er ließ sie sich bei ihm ausheulen. Fred war so glücklich, wie lange nicht mehr. Und auch Sprotte tat es richtig gut, mit ihm zu reden, dass jedes mal wenn er sie in den Arm nahm oder er sie ansah, ihr Herz schneller schlug und ihre Schmetterlinge nur so flogen ignorierte sie einfach. Mit nur Freunde sein war sie zufrieden, irgendwie.

Als die letzte Schulwoche anbrach, kündigte Frau Rose eine Überraschung an. Sie würden alle ihr Zeugniss nicht normal im Unterricht bekommen, sondern sie würde bei sich zuhause eine kleine Feier geben. Alle waren total begeistert und da die Feier bereits in 2 Tagen war, konnte es keiner mehr erwarten.

"Ich freu mich so auf die Feier bei Frau Rose, die wird bestimmt super toll. Du hast noch gar nichts dazu gesagt Sprotte?", Frida neben ihr war völlig aus dem Häuschen und hatte sie seit antritt des Heimweges zugetextet. Sprotte war hingegen ruhig geblieben.

"Ich weiß nicht ob ich da lange bleiben werde, nach dem offiziellen Teil gehe ich wohl heim.", Sprotte hatte endlich etwas gesagt, doch das überraschte ihre beste Freundin.

"Was ist denn eigentlich mit dir los?", da war sie wieder, typisch Frida. Wollte immer alles wissen und wusste auch genau, wie sie es einem entlocken konnte.

"Ach keine Ahnung, weißt du meine Laune schwankt grade ständig, mal bin ich total glücklich und dann wieder zu Tode betrübt."

"Wenn du es nicht weißt werde ich es dir gerne sagen, du bist immer noch in Fred verleibt meine Liebe. Wenn du bei ihm bist, bist du glücklich und sonst fehlt er dir. Wenn du deine Gefühle so unterdrückst, dann ist es klar, dass es dir sonst immer scheiße geht.", sagte Frida ernst, aber Sprotte machte das richtig wütend.

"Ich bin nicht mehr in ihn verliebt, wieso will mir das jeder noch anhängen?", sie schrie nun regelrecht und es wäre nicht verwunderlich gewesen, wenn Fred das gehört hätte auf seinem Heimweg, obwohl er in die andere Richtung muss.

"Manchmal kannst du so stur sein, wieso leugnest du es denn, das hilft dir keinen Meter weiter?", nun war Frida genauso sauer.

"Gegenfrage warum unterstützt mich da nicht mal eine von euch und fühlt mit mir mit? Tolle beste Freundin!"

"Ach weißt du was, mach doch was du willst, aber komm nicht in ein paar Tagen angekrochen und bitte um unsere Hilfe, ihn wieder zu bekommen", schrie Frida ihr nach, denn sie war schon losgerannt. Sie wollte einfach nur weg. Warum wollte das keiner einsehen. Ihre Gefühle für Fred machten keine Sinn mehr, sie taten nur weh also hat sie sie beerdigt. Sie liebte ihn nicht mehr, dabei war so sich sehr sicher.

Die wilden Hühner in DänemarkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt