Aus der Normalität gerissen

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Es hätte ein ganz normaler, milder Samstag werden können, an dem ich wie jeden Samstag zuerst in die Bücherei der Uni gehe, um dort für meine anstehenden Prüfungen zu lernen, und dann anschließend bei dem Chinesen um der Ecke Halt mache, um mir dort etwas zum Essen zu kaufen. Vielleicht hätte ich mich wie so oft schon an den Tisch vor dem Fenster hingesetzt oder ich wäre wieder in meine kleine Wohnung zurückgekehrt.
Doch heute ist es anders. Schon seit ich die Tür hinter mir geschlossen habe und auf die Straße getreten bin, lässt mich das Gefühl nicht los, dass ich beobachtet werde.
Selbst jetzt in der Bücherei spüre ich immer noch Blicke auf mir. Ich kann weder sagen, von wem sie kommen, noch von wo. Beunruhigt krame ich mein Handy aus meiner schwarzen Lederjacke und schreibe eine Freundin von mir an, in der Hoffnung, dass sie vorbeischauen könnte.
Kurz darauf leuchtet das Display auf und ich nehme ihren Anruf an. "Alles okay, Süße?" , erkundigt sie sich und klingt dabei ziemlich besorgt. "Ich weiß nicht. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass mir jemand auf Schritt und Tritt folgt." , murmle ich leise, damit mich niemand hört. "Wo bist du denn gerade?" , fragt sie. "In der Bücherei." , antworte ich knapp und lasse meinen Blick von rechts nach links wandern, kann dabei jedoch keine einzige Person sehen, "So wie's aussieht ist niemand hier." "Bleib ruhig, ja? Du bist wahrscheinlich nur ein wenig wegen den Ereignissen in Sokovia so aufgewühlt. Das ist normal. Ich musste das auch erstmal verdauen." , versucht sie mich zu beruhigen, "Hör zu. Ich komm heute Abend nach meiner Schicht zu dir und zusammen schauen wir uns irgendeinen Film an, okay?" "Okay." , stimme ich ihr zu, woraufhin sie auflegt.
Seufzend stecke ich mein Handy zurück in die Jackentasche und schlage mein Mathebuch auf. Ich ziehe meinen Block und einen Kugelschreiber aus meiner durchsichtigen Plastiktasche, die ich mir wegen den Regeln hier in der Bücherei zugelegt habe. Es ist eine Sicherheitsmaßnahme, um sicher zu gehen, dass kein Student heimlich Bücher mit nach Hause nimmt.
Frustriert fahre ich mir durch die Haare, nachdem ich die Aufgabe zum fünften Mal gelesen habe und immer noch keinen Plan habe, was ich eigentlich machen soll. Mit einem genervten Seufzer hole ich meine Wasserflasche aus der Tasch, wobei ich einen Schatten neben einem der Bücherregale sehe. Sofort schlagen bei mir die Alarmglocken und ich versuche, so ruhig wie nur möglich meine Sachen zusammenzupacken.
Zügig verlasse ich das Gebäude und eile Richtung Innenstadt in der Hoffnung, in einer großen Menschenmenge zu verschwinden. Mein schnelles Gehen wird zu Joggen und irgendwann renne ich so schnell ich kann. Noch nie ist mir der Weg so lange vorgekommen wie jetzt. Währendessen versuche ich, mein Handy aus meiner Jackentasche zu fischen und wähle die Nummer der NYPD, wo mein Vater arbeidet, doch noch bevor ich auf den grünen Knopf drücken kann, werde ich zur Seite geschubst und stolpere in eine verlassene Nebengasse, wobei mein Handy einige Meter entfernt von mir am Boden landet.
Mein Herz schlägt schneller und ich will wieder zurück auf die Straße rennen, doch drei Personen vor mir versperren den Weg. Mit weit aufgerissenen Augen sehe ich sie an. Sie tragen Masken und dunkelfarbige Anzüge. An allen Anzügen ist ein Zeichen sichtbar, welches einem Totenkopf ähnelt. In ihren Händen halten sie Pistolen, die der Dienstwaffe meines Dads ähnelt.
Angst macht sich in mir breit, als ich realisiere, dass ich in einer Sackgasse gelandet bin und keine Chance habe, zu entkommen. Die Männer kommen mir näher und mit jedem Schritt, den sie auf mich zu machen, weiche ich zurück, bis ich irgendwann die kalte Mauer an meinem Rücken spüre. Ich will nach Hilfe schreien, doch meine Kehle fühlt sich trocken an. Wie angewurzelt stehe ich da und starre die Männer einfach nur an.
Als sie nur noch zwei Meter von mir entfernt sind, halte ich schützend meine Hände vor mein Gesicht, schließe die Augen und schaffe es endlich, einen lauten Schrei von mir zu geben. Während ich mich auf das Schlimmste gefasst mache, höre ich auf einmal ein dumpfes Geräusch. Langsam öffne ich ein Auge und erkenne alle drei Männer, die bewusstlos am Boden liegen. Bei genauerem Hinsehen erkenne ich, dass die Gläser ihrer Masken zersprungen sind und ihre Anzüge sämtliche Risse haben, aus denen Blut läuft.
So schnell ich kann, stürme ich auf die Straße. Ein Motor hinter mir heult auf und ein Blick nach hinten verrät mir, dass ich erneut Verfolger am Hals habe. Tränen sammeln sich in meinen Augen und ich renne weiter, doch mit jedem Zentimeter holt der schwarze Van zu mir auf. Binnen Sekunden rast er an mir vorbei und kommt einige Meter vor mir zum Bremsen. Zwei Männer ebenfalls in Anzügen steigen aus und richten ihr Maschinengewehre auf mich.
"Jordan Lance, bleiben Sie stehen und kommen Sie ohne jeglichen Widerstand mit!" , ruft einer von beiden mit tiefer Stimme, welche durch die Maske gedämpft klingt. Der andere bewegt sich mit erhobenem Gewehr auf mich zu. Mit jedem Schritt schlägt mein Herz schneller und ich hoffe nur inständig, dass mich jemand gesehen hat und Hilfe holt. Ich schlucke schwer und hebe meine Arme leicht hoch. Meine Augen brennen und ich gebe mir keine Mühe, meine Angst zu verstecken.
Doch kurz bevor der Mann mich erreicht hat, fliegt ein Pfeil knapp an meinem Gesicht vorbei und durchsticht das linke Auge des Mannes. Sofort fängt der andere an, mit seinem Gewehr zu schießen und ich kneife vor Schreck die Augen zusammen, aber seine Schüsse treffen mich nicht. Irritiert sehe ich auf und entdecke einen Mann, der sich schützend vor mich gestellt hat. Als ich begreife, dass es sich um Captain America handelt, setzt mein Herz komplett aus.
Bevor ich noch irgendeinen klaren Gedanken fassen kann, werde ich von ihm hinter ein Auto an die Seite gezogen. "Geht es dir gut?" , fragt er mich und sieht mir dabei durchgehend in die Augen. Benommen nicke ich und versuche, das alles zu begreifen. Er springt wieder auf die Straße und schaltet mit Hawkeye und Black Widow die restlichen Männer aus, ehe er wieder mit den anderen beiden zu mir zurückkommt. "Wir nehmen dich mit zur Basis, okay?" , meint Black Widow und hilft mir auf. Ich kann nur nicken und werde in einen Helicarrier gebracht, wo ich mich auf einen der Sitze niederlasse und immer noch versuche, die Geschehnisse von gerade eben zu verarbeiten.
Black Widow kniet sich vor mich hin und setzt ein beruhigendes Lächeln auf: "Wie heißt du?" "Jordan. Jordan Lance." , antworte ich leise und sehe von meinen Händen auf. "Okay, Jordan. Und weißt du, was die Männer von dir wollten?" , fragt sie weiter. "Nein. Ich habe diese Leute noch nie zuvor gesehen." , gestehe ich und klinge dabei etwas verzweifelt. "Sagt dir der Begriff Hydra etwas?" , hackt sie nach. "Nein. Nur aus so alten, griechischen Mythologien." , erwidere ich kopfschüttelnd. "Lass sie doch erst mal zur Ruhe kommen, Natasha." , ertönt es hinter ihr. Captain America, welcher seinen Helm abgenommen hat, setzt sich neben mich. "Sie hat gerade einen Angriff von Hydra überstanden." , fügt er hinzu. "Okay, Cap. Aber vergiss nicht, du schuldest mir noch zehn Dollar. Ich hab mehr Agenten ausgeschaltet als Clint." , meint sie und lässt sich im Cockpit nieder. "Schön, dass ihr Wetten über meine Leistung abschließt." , meldet sich Hawkeye zu Wort, der den Heli fliegt.
Ein kleines Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht. "Du heißt Jordan, stimmt's?" , vergewisster Cap sich lächelnd. Ich sehe ihn kurz an und nicke. "Steve Rogers." , entgegnet er und hält mir seine Hand hin. Dankbar schüttle ich sie kurz und lege sie dann wieder auf meinen Schoß. "Wie geht's jetzt weiter?" , frage ich leise. "Du kommst jetzt erst mal zu uns ins Hauptquartier, wo du auf jeden Fall in Sicherheit bist. Wir werden versuchen, Hydra ausfindig zu machen und herauszufinden, was sie von dir wollen. Mach dir keine Sorgen, ich verspreche dir, dass alles gut wird." , kommt es von ihm in einem ruhigen Ton. "Okay." , murmle ich und schweige den restlichen Flug lang.

Out of the Shadows (Steve Rogers Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt