Mein Schrei hallte über das Schlachtfeld und sofort gefrohr alles Wasser zu Eis.
Ich konnte meinen Blick nicht von Peter wenden
Wie in Zeitlupe sah ich, wie er zusammenbrach, auf den Boden fiel, massive Eiszapfen steckten in seinem Körper. Eiszapfen, die eigentlich mir galten.
Ich robbte auf ihn zu, bis ich ihm in die grünen Augen blicken konnte. Er verzog das Gesicht zu einem schmerzverzerrten Lächeln.
Meine Unterlippe zitterte.
"Du Idiot!", rief ich mit zitternder Stimme. Peter gluckste, zuckte allerdings sofort zusammen und ich sah, wie rotes Blut zwischen seinen, auf die rechte Brustseite gepressten, Fingern quoll.
Die Eiszapfen funkelten im Licht der Mittagssonne und als ich aussah, sah ich Oktavius grinsend auf dem Berg stehen. Wut krallte sich in mein Herz und ehe ich verstand, was ich tat, war ich aufgesprungen und schleuderte ihm einen Salve aus Eissplittern entgegen.
Oktavius zerschlug meinen Angriff mit einer Handbewegung und wollte zum Gegenangriff ausholen, als eine Feuerkugel auf ihn zurasste. Er ließ sich auf den Boden fallen und der Ball aus Feuer verfehlte ihn nur knapp. Alle drehten sich zu Isa um, die einige Meter hinter mir stand. Ihr Gesicht war von Wut verzerrt.
"Du hast unseren König verwundet!", schrie sie und schickte wie zur Verstärkung noch eine Feuerkugel auf meinen Bruder zu. Die Soldaten von Eralor brüllten zustimmend und hoben die Schwerter.
"Verschwinde von meinem Land, Oktavius Bellaqua!", schrie Scarlet und trat neben mich. Helios ergriff ihre Hand und hob sie in die Höhe, ein Zeichen dafür, dass die Bogenschützen feuern duften. Ein Hagel aus Pfeilen regnete auf meinen Bruder nieder. Oktavius schützte sich mit einer Wand aus Eis, doch ich sah, wie seine Kräfte nachließen. Ich schrie auf, breitete die Arme aus und Wasser umwirbelte meine Arme. Mit einer fließenden Bewegung schoss es aus Oktavius zu und umschloss seine Arme. Wir waren verbunden durch die Wassertentakel. Ich machte einen Schritt nach vorne und drückte Oktavius weiter nach hinten. Es kostete mich unglaublich viel Kraft, weiter gegen das Wasser und gegen meinen Bruder zu drücken.
Plötzlich zog Oktavius an den Wassertentakeln und ich wurde nach vorne geschleudert. Ich landete auf meinen Knien und Oktavius wollte mich schon weiter nach hinten ziehen, als sich ein Pfeil in sein rechtes Knie bohrte.
Scarlet stand mit hoch erhobenem Bogen hinter mir. Sie legte erneut einen Pfeil ein und bedeutete mir, mich bereit zu machen. Ein Blick in Isas Richtung sagte mir, dass sie ebenfalls bereit war. Mit zitternden Knien stand ich langsam auf. Ich hob die Hände und als ich Scarlets Bogensehne zurückschnellen hörte, schoss ein Wasserstrahl aus meinen geöffneten Handflächen auf Oktavius zu. Ein riesiger Feuerball schloss sich unserem Angriff an.
Oktavius kreischte frustriert und eine weitere Welle erhob sich, um ihn zu schützen, doch sie war nicht schnell genug. Oktavius Stirn traf mein Wasserstrahl, der Pfeil und die Feuerkugel erstickten im Wasser. Er taumelte zurück und hielt sich mit der Hand das rechte Knie, wo Scarlet ihn angeschossen hatte, bis er gegen sein Pferd taumelte. Er stieg auf, so schnell es ging, und ritt davon, warf mir über die Schulter allerdings noch einen letzten hasserfüllten Blick zu.
Ich sank in die Knie und bettete Peters Kopf in meinen Armen.
"Es ist vorbei!", sagte ich leise.
"Wie, wir reiten nicht hinterher?!", fragte Isa. Scarlet schüttelte den Kopf.
"Wir haben wichtigeres zu tun!", sagte sie und deutete auf mich. Isa knurrte irgendetwas, aber ich ignorierte die Beiden.
Tränen sammelten sich in meinen Augen, doch ich blinzelte sie weg.
"Du...", sagte er mit kratziger Stimme und roten Zähnen, "Du bist so wunderschön!" Ich spürte, wie ich schlagartig rot wurde, und hoffte, dass ihn außer mir niemand gehört hatte.
"Wieso hast du das gegen?!"platzte ich heraus, " Wieso hast du dich vor mich geworfen!?" Ich Strich ihm eine blutverschmierte Strähne aus dem Gesicht.
"Ich habe dich beschützt!", sagte er und verzog das Gesicht zu einem schmerzverzerrten Lächeln. Ich hatte das dringende Bedürfnis, auf ihn einzuschlagen.
"Und was wird jetzt aus dir!", schrie ich ihn an, "Was wird aus deinem Volk?! Und Cedar?! Und Alya?! Und...mir! Du wirst..." Meine Stimme brach.
"Sterben?!", verfolständigte Peter meinen Satz. Ich schluchzte auf und er legte eine Hand an meine Wange.
"Kaylen?", fragte er leise. Ich nickte.
"Sing für mich!", bat er. Ich schluckte.
Ich hatte seit dem Tode meiner Mutter nicht mehr gesungen. Dennoch beugte ich mich herab und begann leise eine Melodie zu singen, ein Schlaflied, dass meine Mutter nur für mich gesungen hatte.
*Fußnote; für alle, die sich noch nicht das YouTube-Video angehört haben, währe jetzt der passende Augenblick, dass zu Ändern;)(Anmerkung des Autors)
Als ich geendet hatte lächelte Peter. Schmerz explodierte in meiner Brust. Ehe ich verstand, was passierte, rollte eine einzelne Träne über meine Wange und tropfte auf seine Stirn. Schlagartig verdunkelte sich der Himmel. Ich riss den Blick von Peter los und starrte auf die graue Wolkendecke über mir, dort, wo vor einer Sekunde noch blauer Himmel gewesen war.
Ein Regentropfen landete auf meiner Wange, vermischte sich mit meinen Tränen.
"Wenn der König oder die Königin weint, regnet es in den SeaLands.", wiederholte Peter die Worte, die ich am Abend des Balls zu ihm gesagt hatte, kurz bevor er mich geküsst hatte. Dicke Tropfen durchnässten meine Haare, spülten Blut und Schlamm von meiner Haut.
Gemurmel wurde laut und als ich zu DEN SeaLandern schaute sah ich, wie sie ihre Schwerter fallen ließen und auf die Knie sanken. Einige wenige nur drehten sich um und ergriffen die Flucht. Ich ließ sie laufen.
Ich sah eine Obsidianschwarze Rüstung hinten aufblitzen und Cedar sank zusammen mit den Dunkelelfen auf die Knie. Die Eralorer folgten ihrem Beispiel, egal ob Elfen, Zwerge, Zentauren oder Menschen.
Peters Hand rutschte von meiner Wange, doch ich fasste seine Hand und schmiegte mein Gesicht in seine Handfläche. In seinen Augen lag ein seeliger Ausdruck, so als hätte er jetzt keine Schmerzen mehr, so als währe er jetzt glücklich. Ich presste meine Lippen auf seine Stirn.
In diesem Moment spürte ich, wie mein Herz für einen Moment aussetzte und da wusste ich, dass er tot war.
Ein Beben ging durch meinen Körper, als ich aufschrie, um den Schmerz in meiner Brust herauszuschreien. Erst später verstand ich, dass es mein Herz war, dass brach.
Ich drückte ihn an mich, betete, hoffte, flehte, dass er meine Umarmung erwidern würde, doch er bewegte sich nicht und tief in meinem Inneren wusste ich, dass es nie mehr geschehen würde.
Peter war gestorben um mich zu retten.
Ich weinte, doch es war mir egal. Der Regen über mir war die Zustimmung der Götter, meine Tränen Symbol meines Titels, Zeichen meiner Macht. Ich hörte die Eralorer hinter mir Schluchtzen. Eine Hand legte sich auf meine Schulter und als ich aufblickte sah ich in Cedars violette Augen.
"Er ist tot!", flüsterte ich und Cedar drückte meine Schulter, als Zeichen, dass sie mich verstand.
Jemand schob ein paar Soldaten aus dem Weg und bahnte sich einen Weg zu mir.
Durch einen Schleier von Tränen erhaschte ich die verschwommenen Umrisse von einem Mädchen mit einem mitternachtsblauen Kleid und weißen Seerosen, die aus der Karamellfarbenen Haut ihres Hauses wuchsen.
"Es gibt einen Weg!", rief sie. Ich horchte auf. Alle Augen waren auf Aisha gerichtet. Sie trug einen leuchtend blauen Stein in ihrer Hand.
Cedar schüttelte den Kopf.
"Das ist nicht möglich!", sagte sie. Aisha warf ihr einen undeutbaren Blick zu.
"Wir können ihn retten! Wir können den König wieder zum Leben erwecken, aber nur, wenn alle Elfen helfen!", rief sie. Cedar schüttelte abermals den Kopf.
"Es wäre nicht dass, was er wollte!", sagte sie.
"Ihr könnt ihn retten?!", mischte ich mich ein. Aisha nickte. Cedar warf mir einen mitfühlenden Blick zu.
"Kaylen, er wäre nicht mehr derselbe!", sagte sie. Tränen rannen mir über mein Gesicht.
"Rettet ihn!", flehte ich, "Bitte, rettet ihn!" Aisha warf Cedar noch einen Blick zu, bevor sie näher zu Cedar trat.
"Bitte!", weinte ich und der Regen verstärkte sich. Peony bahnte sich einen Weg durch die Soldaten.
"Es ist nicht dass, was er wollte, wiederholte Cedar noch einmal. Ich ignorierte sie.
Alle drei Elfen umfassten den Stein und ein gleißend helles Licht schimmerte durch die Ritzen ihrer Finger. Ich schloss die Augen.
Als ich sie wieder öffnete, hatten Aisha und Peony ihre Hand fallengelassen. Cedar hielt den Stein in ihrer Hand.
"Bitte!", flehte ich nochmal und sie trat zu mir und legte mir den leuchtenden Stein in die Handfläche.
"Lege den Stein auf seine Brust, genau da, wo sein Herz schlagen würde.", sagte sie ausdruckslos. Ich packte den Stein und legte ihn behutsam auf seine Brust. Er schimmerte heller, sobald er mit Peter in Berührung kam. Peony kniete nieder und berührte sanft Peters Arm. Cedar umfasst seine Hand und Aisha seinen Kopf, der immer noch in meinen Armen lag.
Weitere Elfen traten hervor und legten ihre Hände auf die Schultern der drei Elfen. Plötzlich warfen alle die Köpfe in den Nacken und murmelten seltsame Worte, eine Uralte Sprache, älter noch als die Zeit selbst, älter, als Licht und Dunkelheit.
Ich konnte meinen Blick nicht von Peters leblosen Gesicht läsen, als der Stein leuchtete, heller, als die Sonne. Ich schloss die Augen und als ich sie wieder öffnete, war der Stein verschwunden. Ich packte die Eissplitter, die immer noch in seinem Körper steckten und zog sie heraus, doch es blutete nicht. Ich zuckte zurück, als grüne Stängel aus seinen Wunden wuchsen, grüne Efeustängel.
Und da verstand ich, dass der Stein kein Stein gewesen ist, sondern ein Samen.
"Bitte!", flüsterte ich noch einmal.
Und in diesem Moment schlug Peter die Augen auf.
DU LIEST GERADE
Die Chroniken von Eralor- Kaylens Lied
FantasyKaylen, die Prinzessin der SeaLands, muss, kurz vor ihrer Krönung, aus ihrem Land fliehen. Sie wird im benachbarten Königreich aufgenommen, jedoch ohne das jemand ihre wahre Identität kennt. Doch zwischen beiden Ländern herrscht seit langem ein une...