Good boys don't eat {Stexpert}

•~7~•

Mit noch schläfrigen Augen wache ich auf und mein Nacken schmerzt.
Es hatte angefangen zu regnen und die Temperaturen sind drastisch kälter geworden. Mir ist nie aufgefallen, dass es schon so kalt ist, dabei ist es eigentlich ganz normal. Es ist Ende November und ich sitze ohne Jacke am Abend im Freien. Selbstgewähltes Einzelschicksal würde ich mal sagen. Wahrscheinlich sollte ich wieder reingehen, aber ich will nicht. Ich möchte nicht zurück und am liebsten würde ich wieder so tun, als würde ich schlafen. Vielleicht würde man mich dann vergessen und für immer hier auf den Balkon alleine lassen. Das sind alles nur Träumereien und bald wird sowieso jemand kommen um mich zu holen. Also entscheide ich noch eine zu rauchen, während die Kälte meinen Körper durchzieht. Wie spät ist es eigentlich? Ich suche nach dem Mond, doch dieser ist nicht zu sehen. Ist heute Neumond? Ich weiß es nicht und ich weiß auch nicht wie lange ich geschlafen habe.
Plötzlich wird die Tür geöffnet und Freddie lässt sich neben mir nieder und zündet sich auch eine Kippe an. Er hat schon seine Schlafanzugshose angezogen, doch sein Mantel verdeckt sein Oberteil.

"Ich glaube dir ist bewusst, dass ich dich reinholen soll oder?"

Fragt er mich, aber ich nicke nur zur Bestätigung und starre ins Nichts.
Auch als wir beide unsere Kippen schon lange in den Aschenbecher entsorgt haben, bleiben wir sitzen und schweigen vor uns hin, bis er das Wort ergreift, welches aber mehr ein Wispern als ein Sprechen ist.

"Was ist bei deiner Therapie passiert? Die Betreuer haben nur gesagt, dass du im Moment nicht imstande warst am Abendessen teilzunehmen und wir dich nicht wecken sollen."

Schlagartig wird mir schlecht und ich verkrampfe mich. Es ist peinlich darüber zureden, obwohl ich Freddie vertraue.

"Ich... ich habe mich gesehen... aber nicht im Spiegel, sondern auf einer Kamera. Das kann ich nicht sein... ich will das nicht sein... dann bin ich zusammengebrochen, zumindest emotional... Ich hätte nie gedacht, dass ich so kaputt bin..."

"Aber das bist du oder? Es klingt merkwürdig, jedoch ist es ein Anfang: die Einsicht."

Flüstert er und schaut immer noch auf einen Punkt den ich nicht ausmachen kann.

"Ich fühle mich aber nicht bereit oder ich möchte noch nicht bereit sein... ich habe Angst vor Änderung."

Er gibt nur ein Murren von sich, welches ich nicht einordnen kann.
Oft sind diese Geräusche von ihm nett gemeint, doch dieses passt nicht rein. Es ist fast so, als würde er damit sagen wollen, dass er an dem gleichen Punkt ist, quasi als wären wir gleich unsicher. Vielleicht sind wir das sogar...

"Was ist eigentlich passiert, als ich geschlafen habe?"

Frage ich, obwohl es nur ein jämmerlicher Versuch ist die Stimmung zu heben. Ich merke wie der braunhaarige nervöser wird und mit dem Gedanken spielt, die Wahrheit zu vertuschen und etwas unwichtiges stattdessen zu erzählen. Trotzdem erhebt er seine Stimme und erzählt mir, dass Tim sich Sorgen um mich machte und Freddie ihn danach nicht mehr gesehen hatte. Außerdem vermutet er, dass Tim sich die Schuld dafür gibt, auch wenn es natürlich nicht stimmt. Mit aufgerissen Augen schaue ich auf meine knochigen Hände und überlege, was ich auf sowas antworten soll.
Es macht keinen Sinn, dass Tim sich so um mich sorgt, ich meine wir kennen uns erst einen Tag und trotzdem habe ich ihm schon mehr erzählt, als irgendjemand anders.
Das macht alles keinen Sinn...

„Aber warum..? Er kennt mich doch kaum und außerdem wieso denkt er, dass es so schlimm ist, wenn ich auf dem Balkon heule?"

Meine Stimme zittert beim Sprechen und auch ich werde wieder nervöser.

„Stegi da ist etwas zwischen euch, quasi eine Verbindung, die ihr Jahre lang verdrängt habt. Die Ader eines besten Freundes, dem ihr alles anvertrauen könnt.
Wahrscheinlich habt ihr diesen Platz für diese Person so vehement verbarrikadiert, nur um nicht wieder verletzt zu werden, aber dieser Platz muss wiedereingenommen werden, vielleicht in deinem Fall von Tim.
Komm. Wir müssen wieder rein."