„Tim, Benny, ihr müsst aufstehen." Ertönte die Stimme der Betreuerin, die wie jeden Morgen harsch am Türrahmen stand und die zwei Jungs aus dem Bett rausschmiss.
Während der eine Junge motiviert und voller Tatendrang aufsprang und die Gardinen vom Fenster riss, wollte oder besser gesagt konnte Tim das nicht. Er zog sich die Decke über den Kopf und wollte zurück in seinen qualvollen Schlaf, obwohl das Leben für ihn nur noch grausamer war. Er konnte sich wie immer einfach nicht aufraffen, zu schwer war es sich zu erheben und in den Tag zu starten. Mal wieder hatte er nur knapp zwei Stunden Schlaf, mal wieder wurde er von Gedanken gequält und mal wieder wurde er im Traum genauso heimgesucht, wie wenn er wach war. Er konnte nicht mehr. Ihm war jede Sekunde zu viel.
„Mir geht es nicht gut." brummte er unter der Decke, doch Benny ließ nicht locker.
„Dir geht es jeden Morgen ‚nicht gut', also kannst du genauso gut aufstehen. Sei doch nicht immer so ein Morgenmuffel!" Dieser Junge nervte Tim. Jeden Morgen dasselbe. Jeden Morgen der gleiche Vorwurf, jeden Morgen das gleiche Leid und der gleiche Gedanke: Wäre ich doch nur gestorben. Wäre ich doch in seiner Position gewesen.
Tim blieb liegen. Ihm fehlte schlichtweg die Kraft aus seinem Bett zu fallen, erst als erneut eine Betreuerin ihn warnte, dass wenn er nicht aufsteht er weniger rausdarf, raffte er sich auf, schmiss sich in Klamotten und verband heimlich seine Arme neu. Die Wunden sind wie jeden Morgen wieder aufgeplatzt. Es tut ihm weh, keine Frage, doch noch mehr blutet sein Herz, welches mittlerweile nur noch zwei Zustände hat. Der eine, wo es so leergefegt ist, dass sich in dem Jungen nur noch eine innere Leere bildet, die ihn zerreißt. Obwohl er sich so leer fühlt, überschlägt sich sein Kopf, seine Gedanken sind ihm zu viel. Vom lauter Nachdenken, bekommt er fast jeden Tag Kopfschmerzen.
Und dann gibt es noch den Zustand, wo sein Herz so sehr schmerzt, dass sich seine Luft zuschnürt, er unkontrolliert zittert, schwitzt und von der Außenwelt nichts mehr mitbekommt. Er ist ganz gefangen von dem Gefühl, als hätte er einen Herzinfarkt. Ihm geht es nie gut und wenn es wieder einen klitzekleinen Moment gibt, wo er sich in Ordnung fühlt, kommt dieses Monster über ihn und flüstert in seinem bedrohlichen, hauchenden Ton: Du bist der Mörder.
Wie jedes Mal, glaubt er dieser Bestie. Laut ihm, muss er der Mörder sein, er muss schuld sein. Doch seine Sehnsucht selbst in den Tod zu flüchten, ist zu stark. Er geht daran kaputt.
„Ach Tim, schon wieder bist du nur in Schlafkleidung hier am Tisch. Wenn du nicht aufstehen kannst, dann müssen wir irgendwann dir deinen Ausgang wegnehmen." Tim fängt an zu schwitzen, er würde es nicht aushalten wie am Anfang nur in den kalten Räumen zu sitzen und betrübt aus dem vergitterten Fenster zu starren. Im Gefängnis war er nicht, doch wenn sowas passiert, dann fühlt es sich so an. Gefangen in Gedanken und gefangen in der Klinik. Dabei will er doch nur zu ihm. Zu seinem besten Freund. Die Aussage nimmt er nur nickend und abwesend an, beißt in sein Brötchen, was wie jeden Morgen nach rein gar nichts schmeckt. Weder die Butter, noch den Käse oder die Wurst, es schmeckt nach nichts. Er nimmt es nur zu sich, damit er Nahrung hat. Dabei könnte er genauso gut auf Pappe rumkauen. Es hätte den gleichen Effekt. Wenn er wirklich nachdenken würde, würde er einsehen, dass ihm nichts mehr Spaß macht und nur dafür da ist, seinen Nutzen zu erfüllen. Selbst das Zocken war schon lange nicht mehr dafür dass er Spaß hat. Nur Ablenkung und Flucht. Ablenkung von all seinen Problemen. Flucht vor sich selbst und den Erinnerungen. Seine Online-Freunde machen sich bestimmt Sorgen, wo er hin ist. Normalerweise war er fast den ganzen Tag online, selbst in der Schulzeit und egal wenn irgendjemand Zeit hatte, Tim war der Erste, der zusagte die nächsten Stunden miteinander zu verbringen. Während er digital sein neues Zuhause fand, distanzierte er sich von allen, die ihm eigentlich mal nahestanden. Seine Eltern, den Rest seiner Freunde, seine gesamte Familie, einfach allen. Er wollte all seine Kontakte kappen, nur damit er niemals mehr so verletzt werden kann.
Zu seinen Freunden im Netz kannte er keine Gesichter, was bedeutete, dass sie ihm nicht so viel bedeuten konnten, wenn sie weg sein würden. Was er nicht wusste, war wie der TeamSpeak Server mit all seinen Freunden schon seit Wochen ausartete vor Sorgen, was mit Timolia passierte. Was war mit ihm? Wieso war er nicht mehr online? Wieso reagierte er auf keine Nachrichten? Selbst die zwei Personen, die seine Handynummer hatten, kamen nicht an ihn ran. Nur Tims Eltern bekamen die ständigen Anrufe mit und versuchten in seinen Computer reinzukommen, doch Tims spärliches Informatikwissen reichte aus, damit niemand außer er seinen PC entsperren konnte und seine geheimsten Informationen finden konnte. Irgendwann wollte er Informatik sogar studieren, doch dieser Traum wurde Schall und Rauch. Nun wollte er nichts mehr. Er erwartete vom Leben nichts mehr, außer noch mehr Schmerz, noch mehr Qual. Nur sein Tod würde ihn befreien. Und irgendwann würde der finale Moment kommen, nachdem es beim ersten Versuch nicht funktioniert hatte. Wenn er an genau diesen Tag dachte, wurde ihm übel. Es war der Tag, weswegen er überhaupt in dieser Klinik war. Sein finaler Absturz.
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Good boys don't eat {Stexpert}
Fiksi Penggemar"Du bist fett! Iss nichts! Lass die Finger vom Essen! Wehe du kotzt das alles nicht wieder aus!" "Stegi... Du musst essen. Sonst verhungerst du noch oder bekommst wieder eine Sonde..." "Sie sind unter dem angegebenen BMI." Ihr könnt nicht verstehen...