Good boys don't eat {Stexpert}

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Der Tisch sieht aus wie jeden Abend.
Brot, Butter, Wurst und Käse, hier und da Gemüse und natürlich Wasser und Tee.
Alles so dekoriert damit "das Auge mitisst". Meine Augen essen nicht mit. Alles was ich sehe sind Kalorien, Fett und Zucker. Es ist doch grotesk wie die Betreuer Essen schön machen, obwohl dieses Zeug nur ekelerregend ist. Es mag sein das nur ich so denke und die anderen es so schöner finden, aber für mich ist es befremdlich.
Tim und Freddie nehmen sich etwas und bevor Freddie mir wieder etwas auf den Teller legen möchte, lege ich das Besteck drauf und schiebe den Teller ein Stückchen von mir weg.
Ich ignoriere das Gemurmel der Betreuer und die traurigen Blicke von Tim und Freddie.
Dem Bartträger sollte es aber eigentlich klar sein, dass ich jetzt nichts essen werde, weil ich eben wegen meinem Gewicht wieder geheult habe. Er weiß das ich dann die nächsten Mahlzeiten nichts mehr essen werde, beziehungsweise kann.

"Lukas? Trinkst du wenigstens was?"

Wieso können sie mich nicht Stegi nennen? Ich kann diesen Namen nicht hören , weil ich ihn nicht mehr verdiene.
Der Name bedeutet so viel wie "der Helle" oder "der Erleuchtete". Es ist ironisch, dass die Dunkelheit mich gefunden hat und mich festhält ohne einen kleinen Schimmer Licht der Hoffnung. Lukas strahlt so viel positives aus und trotzdem bin ich in dem negativen Strudel gefangen.
Ich habe diesen Namen einfach nicht verdient.
Stöhnend nehme ich mir die Flasche Wasser und gieße mir einen Schluck in mein Glas ein. Betonung liegt bei einen Schluck. Jeder normale Mensch würde einmal ansetzen und schlucken, aber ich nippe Tropfen für Tropfen.

"Willst nicht auch noch ein bisschen essen?"

Fragt der gleiche Betreuer von eben. Allein das Wasser liegt irgendwie schwer in meinem Magen und dann soll ich noch Essen in mich reinstopfen? Unmöglich...

"Ich muss nichts essen, wenn ich nichts will. Das habt ihr selbst gesagt."

"Ja so sind die Regeln... Aber du weißt auch, dass wenn dein BMI unter 15 liegt, du wieder eine Sonde bekommst. Wir machen das sehr ungern, doch wenn du schon wieder zusammenbrichst, muss sowieso wieder eine her. Dann doch lieber vorsorgen, nicht wahr?"

Allein schon von der Vorstellung wieder so ein Ding zubekommen wird mir schlecht. Ich werde morgen wieder gewogen und ich bin unter diesem Wert. Mit Sicherheit...
Ich möchte nicht wieder diesen Schlauch in meiner Nase spüren und merken wie diese ekelhafte Pampe in mich reingedrückt wird.
Unterbewusst drücke ich meinen Bauch zusammen, verkrümme mich und spüre dabei deutlich meine Hüftknochen. Dieses war schon immer ein Zeichen, dass sich mein Kopf vor dem Hunger wehrt und stark bleiben möchte.

"Dann wird er eben eine Sonde bekommen... Im jetzigen Moment können wir ihm sowieso nicht zum Essen zwingen. Er schafft es einfach noch nicht..."

Freddie spricht zwar leise, aber deutlich sodass die meisten ziemlich verwirrt drein schauen. Er redet so gut wie gar nicht und wenn dann ausschließlich mit mir. Und ab heute mit Tim...

"Das mag sein, aber er ist schon seit knapp sechs Monaten hier und er macht kaum Fortschritte, sondern eher Rückschritte... Es wird langsam Zeit."

"Manche Menschen brauchen einfach mehr Zeit... Niemand kann einfach eine Therapie anfangen und nach einem Monat geheilt sein... Sowas braucht seine Zeit."

"Da widersprechen wir dir ja auch nicht, aber sechs Monate sind eine sehr kurze Zeitspanne für wahrscheinlich drei Magensonden."

"Hab ich denn in meinen acht Monaten irgendwas erreicht? Nein..."

"Wir wissen das dir Lukas sehr am Herzen liegt, aber er sollte sich einfach mal eingestehen das es so nicht weitergehen kann."

"Vielleicht würde es ihm ja schon helfen wenn ihr ihn nicht Lukas, sondern Stegi nennt. Ich meine auch ihr könntet-"