Teil 2:
Als sie umgeben von Kissen und bedeckt von einer dünnen Decke dalag, betrachte Anela eben jene Krone und Melancholie kam in ihr auf. Es schien, als wolle diese Emotion ein neuer stetiger aber ungeliebter Begleiter von ihr werden. Bevor sie vor Erschöpfung einschlief, versuchte sie noch Reikja zu erreichen, doch er schien noch zu weit fort zu sein. Der Schlaf, in den sie fiel, war unruhig und durchzogen von wilden Träumen und Tod und Krieg und brennenden Städten. Als eine Diener den Raum betrat, um Anela zu wecken, war sie ihr schon fast dankbar, auch wenn sie im Grund viel zu müde sein sollte, um aufzustehen. Die junge Frau reichte Anela das Übergewand und eröffnete ihr dann, dass die Köiginmutter vor der Tür warte, um eine Audienz bei ihrer Tochter zu erbitten.
„Ruf sie herein." Seufzte Anela resigniert und ließ sich auf dem Stuhl vor dem riesigen Marmorkamin nieder. Ihre Mutter war fürwahr die letzte Person, die Anela in diesem Moment sehen wollte. Zudem die letzte, von der sie geglaubt hatte, sie in ihren Gemächern zu sehen. Die Dienerin verschwand mit einem tiefen Knicks und an ihrer statt stand Anelas Mutter im Zimmer.
Die gebrechlich wirkende Frau blieb für einige Augenblicke in der Tür stehen und sah sie um. Es war ihr sichtlich anzusehen, wie unwohl und verloren sie sich in dieser Situation fühlte und sie wirkt verwundert, aber das war ihr auch keineswegs zu verdenken. Ihr letzter Besuch in dem Gemach ihrer einzigen Tochter war mehrere Mondzyklen her. Seither war aus dem Zimmer einer jungen, chaotischen Frau das Zimmer einer Königin geworden. Das Bett, groß und mit weißen Tüchern behangen, stand mitten in den Raum hinein. Rechts davon befanden sich bis an die hohe Decke Regale voll mit Büchern. Einige über die Geschichte, die wichtigsten Familien der Drachenlanden oder den anderen Völkern Patriam. Dicke, alte Bücher über Etikett am Hof, Kampftechniken oder die Sitten des Reiches. Wieder andere Bücher waren nur Legenden oder Erzählungen und dann befanden sich noch die Bücher der vergangen Jahre über die Finanzen in diesem Raum, die Anela am Ende des Mondzyklus immer von Karl bekam und hier aufbewahrte.
Ihre Mutter trat an den Tisch heran und bediente sich an der Wasserkaraffe. Anela hatte sich fest vorgenommen, das erste Wort ihrer Mutter zu überlassen, doch diese Face dauerte ihr zu lange, sodass sie begann: „Was verschafft mir diese Ehre?" In ihrer Stimme klang unüberhörbar Gram mit, doch das war ihr einerlei. Ihre Mutter stellte das Glas mit Wasser auf dem Tisch ab und setzte sich dann ihrer Tochter gegenüber auf den Stuhl.
„Anela," Ergriff ihrer Mutter das Wort. Es sollte wohl einfach der Beginn einer Unterredung werden, doch für Anela klang es noch immer trügerisch.
Damals, bevor sie von Reikja erwählt worden war, hatte sie viel Zeit mit ihrer Mutter verbracht. Sie laß ihr vor, spielte mit ihr, wählte ihre Kleider mit ihr und brachte ihr Sticken und Nähen bei, auch wenn dies sie oft einige Nerven gekostet hatte. Doch dieses Verhältnis brach, als Anela all ihre Zeit auf die Übung auf die ihr bevorstehende Aufgabe aufbringen musste. Als der Vater dann starb und Anela Königin wurde, hatte sie die Frau, die ihre Mutter einst für sie gewesen war, endgültig verloren.
„Was wünschst du?" Fragte Anela gereizt, als ihre Mutter nicht weiter sprach und und zog aus Gewohnheit das Band des Gewandes fester um ihre Taille.
„Über das Angebot der Arents noch einmal in Ruhe mit dir sprechen. Du bist meine einzige Tochter." Gestern Abend noch hatte sie versucht, Anela zu erklären, wie gut es wäre Lenco zu heiraten und dass sie schon lernen würde, ihn zu lieben und nun schien die Unterredung in die völlig andere Richtung zu gehen.
Anela lachte bitter auf: „Was soll mir das sagen?" Sie lehnte sich zurück, gespannt auf das, was ihre Mutter ihr nun zu sagen hatte. Doch bevor sie zu reden begann, nahm sie zunächst einen Schluck Wasser und rieb ihre Hände aneinander als wisse sie nicht, wie sie beginnen solle.
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Reikja - Der Untergang
Fantasy"Durch die Verbundenheit der Völker in den vor ihnen liegenden Jahren würde der Baum gedeihen und ein breites Wurzelwerk in der Erde hervorbringen. Diese Wurzeln sollen für das Reich von nun an bis in alle Tage ein Bindeglied im Frieden sein und sei...