Kapitel 7

605 22 4
                                    

Die nächsten zwei Tage vergingen schnell. Samu kümmerte sich rührend um die Sängerin, verarztete ihren Knöchel und achtete penibel darauf, dass sie sich nicht zu viel bewegte. Ein wahrer Gentleman eben. Den Namen "Doktor Haber" hatte er definitiv nicht umsonst bekommen.
Inzwischen war es Sonntag Abend, Samu war am Vortag einkaufen gewesen, stand nun in der Küche und kochte. Was, wollte er Yvonne nicht verraten, was sie unglaublich ungeduldig machte. Samu jedoch bewahrte sein kleines Geheimnis. Er wusste, wie neugierig sie war, was er gerne herausforderte.
Die Sängerin saß nun, mehr oder weniger freiwillig, auf ihrem Sofa und schaute gerade das Ende der Nachrichten. Der verlockende Duft, welcher aus der Küche kam, ließ sie jedoch garnicht richtig zuhören. Irgendwann hielt sie es nicht mehr aus. Yvonne stand auf und belastete vorsichtig ihren rechten Fuß. Zuerst folgte zwar ein kurzer Schmerz, dieser war jedoch nach wenigen Schritten verschwunden. Doktor Haber hatte ganze Arbeit geleistet. Die Sängerin schlich sich in die Küche und schmiegte sich von hinten an den Finnen. „Du sollst doch nicht stehen", erinnerte er sie mit strengem Unterton. „Es ist aber alles wieder in Ordnung, ich habe noch nichtmal mehr Schmerzen", beruhigte Yvonne ihn und legte ihren Kopf an seinen Rücken. Samu gab ein unzufriedenes Brummen von sich, sagte jedoch nichts weiter. „Verrätst du mir jetzt endlich, was du da kochst? Ich halt das so langsam nicht mehr aus." Samu musste schmunzeln. „Have you ever heard of the word surprise?" „Natürlich habe ich das." „Dann weißt du ja auch, was jetzt zu tun ist", meinte er. „Man Samu, jetzt sei doch nicht so. Bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte-" Der Finne lachte. Er stellte die Temperatur des Herdes runter und drehte sich dann zu ihr um. „You know what? Du bist neugieriger als meine Schwester, and that's almost impossible." Sie lächelte ihn an. „Darf ich das als Kompliment auffassen?" Samu lächelte und zuckte mit den Schultern. „Wait, let me think...I love my sister and she's annoying and you're even more annoying so I think I...", er grinste, „Hate you." Yvonne erwiderte sein Grinsen. „Don't worry, I hate you too", erwiderte sie. Samu lachte. Dann hob er sie hoch, woraufhin sie einen überraschten Schrei ausstieß und setzte sie auf die Arbeitsplatte. „Unter normalen Umständen würde ich dich kitzeln, but we have Food here", entschuldigte er sich. Sie schüttelte lächelnd den Kopf. Yvonne wollte gerade wieder von der Arbeitsplatte runter, doch Samu stellte sich vor sie und schaute sie streng an. „Du bleibst hier sitzen, i don't wanna see you standing. Doktor Haber hat dir Ruhe verordnet." Yvonne lächelte. Sie rechnete ihm seine Fürsorglichkeit hoch an. „Ist ja gut Papa, ich bleibe hier sitzen." Der Finne gab sich damit zufrieden und wandte sich nun wieder dem Essen zu, welches er gerade auf zwei Teller verteilte. „Hast du wirklich keine Schmerzen mehr?", wollte er nach einer Weile wissen. Die Sängerin schüttelte den Kopf. „Habe ich wirklich nicht mehr. Du hast ganze Arbeit geleistet", antwortete sie. Samu lächelte. „That's good. By the way, hast du schonmal Täytetyt paprikat lohen kanssa gegessen?" Verwirrt sah sie ihn an. „Habe ich schonmal was gegessen? Samu, du weißt, dass mein finnisches Vokabular nicht sonderlich groß ist." „I know. Okay, weil ich a nice guy from Finnland bin, übersetz ich's Dir. Es sind gefüllte Paprika mit Lachs." „Na geht doch. Aber um auf deine Frage zurückzukommen, nein habe ich noch nie gegessen." „Time to change that. Setzt dich schonmal hin, ich komme jetzt." Yvonne folgte seiner Aufforderung. Samu nahm sich die zwei Teller und stellte sie auf den Tisch. „Weißt du, an wen du mich gerade erinnerst?" Der Finne schüttelte den Kopf. „An mich, als ich früher gekellnert habe", gab sie zu. Überrascht sah Samu sie an und setzte sich hin. „Du hast mal gekellnert?", wollte er wissen. Die Sängerin lächelte. „Tatsächlich habe ich mal gekellnert. Oder besser gesagt; musste." Yvonne grinste bei der Erinnerung. „Why?" Jetzt war sein Interesse geweckt. „Willst du das wirklich wissen?" Samu nickte. „Of course." Während sie also ihr Abendessen aßen erzählte Yvonne ihm die Geschichte. „Das ist alles eigentlich ziemlich verrückt. Ich war damals, glaube ich, 16 oder 17 und war Abends auf einer Party, obwohl meine Mutter mir das ausdrücklichst verboten hat." „Traut man dir actually gar nicht zu", meinte Samu und zwinkerte ihr zu. Sie lachte. „Glaub' mir, auch ich war nicht immer brav. Wie auch immer, ich war dann abends auf dieser Party und am nächsten Tag war mein Rucksack weg. Da waren aber meine Auftrittklamotten drin und noch irgendwas von meiner Mutter und die durfte natürlich auf keinen Fall erfahren, dass ich auf der Party war, zumal das alles ziemlich viel Geld gekostet hat. Also habe ich mir dann einen Job gesucht, um die ganzen Sachen nochmal zu kaufen." Samu lachte. „Oh, seriously?" Sie lächelte gequält. „Ja, das ist alles so passiert." Er grinste. „Also du hast wirklich einen Drang dazu, to loose your stuff. I mean, du könntest deine Head verlieren, wenn der nicht angewachsen wäre", meinte der Finne. „Jaja, ich weiß. Du bist aber auch nicht gerade besser", meinte die Sängerin. „Of course bin ich das!", entgegnete er überheblich. „Wenn ich dich mal dran erinnern darf; Du hast gestern dein Handy gesucht, während dieses in deiner Hosentasche war", konterte Yvonne grinsend. „I've never said anything." Sie lachte. „Was hättest du eigentlich gemacht, wenn du kein Weltmusiker geworden wärst?" Samu grinste. „Key-Account-Manager in einem finnischen Technologieunternehmen", erzählte er. Ungläubig sah die Sängerin ihn an. „Sounds crazy, but it's true. Maybe 15 years ago, habe ich da gearbeitet. I had everything war aber überhaupt nicht glücklich. Ich wollte das einfach nicht mehr. Ich wollte nicht in 50 years in meinem Haus sitzen und überlegen ob diese Musikdings geklappt hätte. Abends habe ich dann "Fight Club" gesehen. You know, this Movie with Brad Pitt and he said something und ich dachte, dass ich was ändern muss. The next day habe ich dann einfach gekündigt." „Du machst auch echt keine halben Sachen, oder?" Der Finne zuckte mit den Schultern. „Why should I?" „Jetzt stell dir doch mal vor, dass mit der Musik hätte nicht geklappt. Was hättest du dann gemacht?", fragte Yvonne. „Honestly, ich habe keine Ahnung", gestand er, „Aber somehow habe ich auch gespürt, dass das funktionieren wird." Samu tippte auf eines seiner Tattoos, welches seinen linken Unterarm zierte. Follow your Heart. „Wie man sieht, hat's ja auch funktioniert", meinte die Sängerin lächelnd. „A Little bit", grinste der Finne.
„Schmeckt's Dir?", fragte er nach einer Weile. Eifrig nickte sie. „Das Essen ist wirklich großartig", lobte Yvonne ihn. Samu lächelte. „Kittos."
Nachdem sie mit dem Essen fertig waren, war es bereits 21:45 Uhr. Nach einer kurzen Absprache beschlossen sie, bereits ins Bett zu gehen. Immerhin müssten sie morgen wieder ins Studio gehen um eine weitere Blindaudition aufzuzeichnen und so ein Drehtag kostete durchaus Kraft. Keiner von beiden konnte sich auch nur im Traum ausmalen, was sie morgen erleben würden...

Don't worry, I'll be there for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt