p a g e s i x

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his voice lulled me 

in a gorgeous paradise 

of warm words

as he read to me. 

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somewhere in southern france, 1986

pov. jeongguk:

Ich konnte nicht verhindern, ihn erst ein wenig perplex anzusehen, als er diese Worte aussprach. Ihm vorlesen? Wozu? Konnte er die niedergeschriebenen Worte nicht selbst in den Mund nehmen, weil er sich zu sehr dafür geschämt hätte?

Was lag ihm denn sonst daran, dass ich seine Gedanken las? Nicht im stummen für mich, sondern laut, als ob er von meinen Lippen ablesen könnte, wie ich denn darüber dachte. 

Es schien so, als wäre es das alltäglichste der Welt für ihn, sich vorlesen zu lassen. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass dieses Ritual tagtäglich in England vorgenommen wurde, weshalb ich zunächst nichts mit der Aussage anzufangen wusste.

Wollte er mich auf Glatteis führen? Mich meines Wissens oder Vorstellungen prüfen, sich versichern, dass ich auf seine Fragen genauso klug wie andere Studenten antworten könnte? 

War das nicht ein wenig viel verlangt? Diese einfache Bitte warf Türme von Fragen in mir auf, die ich mir zuvor nie zu stellen vermochte. 

War ich ihm zu still? Wollte er mich einfach nur länger sprechen hören? Meiner Stimme lauschen, sich in ihrem Klang verlieren? Oder doch bloß eine andere Sichtweise auf seine Dichtungen bekommen? Konnte es sein, dass ein Schreiber seine Werke anders betrachtete, wenn er sie aus anderen Mündern hörte? Wenn ja, so wollte ich ihm durchaus gern behilflich sein. 

Ich griff nach dem dünnen Heft, welches nunmehr vor mir lag, sah ihn noch einmal kurz an, um mich zu vergewissern, dass er seine Bitte auch wirklich ernst gemeint hatte. Sein Blick sprach eine gewisse Neugierde aus, darauf fokussiert, was ich nun tun würde.

Ich bemerkte, dass meine Hände schwitzig wurden, mein Herz raste bei dem Gedanken, dass seine Blicke nur mir geschenkt waren, er allein meiner Stimme lauschen würde, dass allein er jeden Winkel meines Gesichtes beobachten würde, während ich meinen hochroten Kopf auf die vergilbten Seiten des Buches gerichtet hätte. 

"Eine bestimmte Seite gewünscht?", brachte ich heiser heraus, räusperte mich kurz danach. 

"Was dir beliebt.", gab er nur zurück und machte es sich auf der Decke bequem. Er schien es wohl zu genießen, dass ich seinem Wunsch nachgekommen war. 

Ich blätterte Seite 27 auf, meine Lieblingszahl, bevor ich mich noch einmal kurz räusperte. Meine Kehle schien auf einmal staubtrocken und heiser, ich wünschte mir nichts sehnlicheres als einen Schluck Wasser, während selbst der Speichel in meinem Rachen stecken zu blieben schien. 

"Einige der freundlichsten Seelen, die ich kennenlernen durfte, haben in einer Welt gelebt, die nicht so freundlich zu ihnen war. Einige der besten Menschen, die ich kenne, haben so viel durchgemacht, und sie lieben dennoch so innig und tiefgehend, sie sorgen sich dennoch um andere Menschen, die ihnen so viel Leid angetan haben. 

Manchmal sind es genau die Menschen, die am meisten verletzt wurden, die sich weigern, sich von dieser Welt brechen zu lassen, die sich weigern, ihr Herz zu verschließen. Weil sie niemals wollen, dass eine andere Person den gleichen Schmerz empfindet, den sie empfunden haben. 

Wenn das nicht etwas ist, vor dem man Ehrfurcht haben sollte, dann weiß ich auch nicht."

Ich war erstaunt und gefesselt von seinen Worten. Auch wenn ich die Wortwahl manchmal ein Stück weit verbessern wollte, so erreichte er das Ziel eines Autoren: mich zum Nachdenken zu bringen. Ich las die ganze Doppelseite, noch bevor ich umblättern wollte, schaute ich kurz zu ihm auf. Er sah mich neugierig an, nickte mir bloß zu und bat mich, weiterzulesen. 

Es musste ihn wohl ein Stück weit amüsieren, seine Worte von meiner Zunge zu hören, doch er schien tatsächlich daran interessiert zu sein, was ich dachte. 

"Lies weiter", bat er mich leise, bevor er sich wieder ein Stück von mir entfernte und seinen Körper auf der Decke ausstreckte, seine Augen schloss und ruhig ein und ausatmete. 

Ich erwischte mich dabei, ihm für die nächsten Stunden vorzulesen, bis die Sonne kurz über dem Horizont stand und man uns sagte, dass wir bald zu Abend essen würden. Ich bemerkte erst später, dass meine Kehle ganz heiser geworden war. Loslösen konnte ich meine Gedanken von seinen allerdings nicht. 


[12/2/19] 

thanks for reading.

je t'aime | taeggukWo Geschichten leben. Entdecke jetzt