p a g e t w e n t y f i v e

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somewhere in southern france, 1986

pov. jeongguk

Ich genoss die Stille, als Taehyung und ich im hohen Gras neben den Aprikosenbäumen lagen. Es war später Nachmittag, die Sonne stand tief, die Vögel zwitscherten und der Wind wehte sachte um die Gräser neben uns. 

Das saftige Grün kitzelte meine Handflächen, als ich mit ihnen vorsichtig über die Spitzen der Gräser schwebte. Ich hielt meine Augen geschlossen, nicht zuletzt der Sonne wegen, die hinter meinen geschlossenen Augenlidern ein helles orange erscheinen ließ. 

Ich spürte, wie Taehyungs Körper sich zu mir wendete und ganz dicht neben mir liegen blieb, bevor sich ein Grashalm auf mein Gesicht herabsenkte. Als er auf meine Wange traf, kniff ich meine Augen reflexartig zusammen, bevor ich schnell meine Hände hob, um das kitzelnde Gefühl von meiner Haut zu bekommen. 

Meine Hand schlug den Grashalm von meinem Gesicht, was Taehyung ein helles Lachen entlockte. Er kicherte vor sich hin, und auch ich konnte mir ein verschmolltes Grinsen nicht verkneifen. 

"Musste das sein?", murrte ich lachend, was Taehyung mit dem Kopf schütteln ließ. "Nein, aber die Versuchung war zu verlockend.", lachte er.

Mein Mund klappte erstaunt auf, bevor ich mich aufrichtete und mit einer Hand abstützte, aufsprang und ihn versuchte am Handgelenk zu fassen. 

"Na warte, dir werd' ich noch andere Seiten beibringen!"

Er sprang ebenfalls hastig vom Boden auf und entwischte mir nur knapp, als er von mir davonrannte. Ich jagte ihm hastend nach, um die einzelnen Aprikosenbäume und Kirschlorbeersträuche.

Meine Lunge brannte, mein Atem ging schwer und mir wurde ganz taumelig, als er schließlich an einem der Bäume stehen blieb und sich eine Aprikose pflückte, die nächste zu mir herüber warf. 

Ich fing die kleine Frucht geschickt mit beiden Händen, ohne sie zu zerdrücken. Als ich sie in der Hälfte teilte und den Kern herauspulte, lief der Saft des reifen Fruchtfleisches über meine Finger, weshalb ich sie kurzerhand ableckte. 

Taehyung kicherte mit vollem Mund über meine Geste, bevor er noch zwei Aprikosen vom Baum pflückte, näher zu mir trat und kurz vor meinem Angesicht stehen blieb. Unsere Stirnen berührten sich leicht, die Aprikosen hielt er vor seinem Körper in beiden Händen. 

Sein schwerer Atem streifte mein Gesicht, während seine Augen von den Früchten zu meinen Augen wanderten. Er lächelte verträumt, bevor er murmelte:

"Frieden?" 

Ich nickte kaum merklich, um ihn danach eine der Aprikosen in meine Hand fallen zu lassen. Er wandte sich lächelnd von mir ab, biss in die süße Frucht und schlenderte zwischen den Bäumen hin und her. 

Ich beobachtete ihn still, warf die Aprikose von der einen in die andere Hand, bevor ich sie lange ansah. Sie war von allen Seiten in ein helles orange getaucht worden, an einigen Stellen etwas dunkler mit roten Sprenkeln. Der kleine braune Stiel war in eine Falte gebettet, über die ich meine Finger fahren ließ. Ihre Haut war weich und samtig, fast ein wenig pelzig, kleine weiße Haare zierten ihre Oberfläche. 

"Willst du sie auch essen oder sie bloß anschauen? Wenn nicht, darf ich sie dann haben?", riss Taehyung mich aus meinen Gedanken. Ich sah ruckartig zu ihm auf, bevor ich süffisant lächelte. 

"Ich weiß nicht. Vielleicht hebe ich sie mir ja auch für später auf.", entgegnete ich. 

"Warum?", zuckte Taehyung mit den Schultern. Er sah mich fragend an, wahrscheinlich auch ein bisschen verwirrt. 

Ich wollte sie nicht einfach so essen. Sie war unter der Sonne gereift, in der ich mich mit Taehyung stundenlang gesonnt hatte, im gleichen Sommer, den ich mit ihm verbracht hatte. Sie war ein Geschenk unserer Zeit gewesen, unseres gemeinsamen Platzes, eine süße Geste von ihm, und nun sollte ich sie einfach so essen? 

Das konnte ich nicht. Ich spielte wohl eher mit dem Gedanken, sie den ganzen Sommer auf meinem Nachttisch stehen zu haben, sie jeden Abend und Morgen zu betrachten und mich an diesen Tag zu erinnern, an dem Taehyung seine Stirn gegen meine gelehnt hatte, seine Augen zu meinen wandern lassen hatte und seine Hände diese süße Aprikose in meine gelegt hatten. 

"Warum nicht?", entgegnete ich. Er lachte kurz auf, bevor er seinen Arm ausstreckte und auf die anderen Bäume deutete. "Hier an diesem Baum gibt es genug Aprikosen, die du nach der hier essen kannst. Du kannst morgen wieder eine essen. Und übermorgen. Und den Tag danach." 

Ich schüttelte den Kopf, während ich in mich hinein lächelte.

"Nein. Ich weiß, dass dieser Baum noch hunderte Früchte tragen wird, auch im nächsten Jahr und in dem Jahr danach. Aber ich werde nie wieder diese Frucht hier essen können, verstehst du?" 

Ich sah zu ihm auf, während er leer schluckte. Alles in unserem Leben ist endlich. Alles schöne sowie schlechte endet, und es tut weh zu wissen, dass manche Momente nie wieder so sein werden, wie sie gerade sind. 

Er trat wieder näher zu mir heran, bevor er seinen Kopf leicht schief legte und mich lange ansah. Still. Ein wenig tröstend. So als würde er mir sagen wollen, dass dies nun mal der Lauf der Zeit wäre und man nichts daran ändern könne. 

Aber ich wollte etwas daran ändern. Wenn möglich, würde ich die Zeit still stehen lassen oder sie zurückdrehen, zu den Tagen, an denen wir uns noch nicht kannten und uns aus dem Weg gingen, denn ich wollte keine Sekunde ohne ihn sein. 

Aber ich hatte keine magischen Kräfte oder einen Wunsch frei, sodass mir nichts anderes übrig blieb, als zu sehen, wie er mir immer mehr entglitt. Wie wir uns immer weiter voneinander entfernten. Seine Semesterferien würden bald vorüber sein, und er würde wieder nach London fahren und ich würde allein sein, ich würde allein sein, ich würde hoffnungslos allein sein.

"Und ich werde wahrscheinlich kaum wieder eine Aprikose von diesem Baum essen, die du mir geschenkt hast.", flüsterte ich. Er lachte gequält auf, bevor er seine warmen Hände um meine Wangen legte und mein Gesicht näher zu seinem zog, sodass sich unsere Stirnen in der Mitte trafen. 

Ich schloss meine Augen und schluckte leer, unterdrückte meine aufsteigenden Tränen, hielt mich nur schwach an ihm fest, bevor ich leise von ihm hörte:

"Ich werde dir noch hundert oder tausend Aprikosen pflücken, wie du willst, selbst wenn du sie nicht essen wirst."

[11/4/19]

thanks for reading.

je t'aime | taeggukWo Geschichten leben. Entdecke jetzt