Eigentlich dachte ich, dass es nun vorbei wäre, doch da fragte der Personaler mich ganz beiläufig und in einem unbeteiligt wirkenden Tonfall:
„Was sind eigentlich ihre Schwächen?"
So eine Frage hatte ich erwartet, denn sie wird in Vorstellungsgesprächen gerne und häufig gestellt. Es wird dazu geraten, darauf möglichst ehrlich und unverblümt zu antworten:
„Ab und zu prokrastiniere ich."
Ein skeptischer Blick streifte mich, als ob ich damit bereits aus dem Rennen wäre.
„Ist das so? Dann nennen sie doch bitte ein Beispiel!"
Freundlich antwortete ich:
„Gerne! Bei meinem vorigen Arbeitgeber sollte immer alles sehr schnell gehen. Das entsprach im Grunde nicht meinem Naturell und ich fühlte mich nie ganz wohl dabei. Eine Lieferung hätte das Haus schon längst verlassen haben sollen, doch ich hatte es verschlafen. Plötzlich kam ein Mitarbeiter angerannt und sagte, dass in der Produktion möglicherweise ein Fehler unterlaufen sei und die Kunden umgehend informiert werden sollten, damit sie die fehlerhafte Ware wieder zurückschicken könnten. Ich antwortete ihm, dass zum Glück die ganze Charge immer noch hier sei und sofort ging alles wieder zurück in die Qualitätskontrolle."
Der Personaler war überzeugt:
„Ihre Neigung zur Prokrastination sehe ich nicht als Schwäche an, sondern als Stärke."
Ich hatte den Job.