Kapitel 2

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Soeben hat mich das nervtötende Klingeln meines Weckers unsanft aus dem Schlaf gerissen. Es gab nur wenige Dinge auf dieser Erde, die ich wirklich hasste und dazu gehörte auch mein Wecker, denn jedes Mal wenn er seinen Dienst erfüllte, und mich aus meinen Träumen riss, holte er mich zurück in diese grausame Realität. Mit einem schmerzerfüllten Stöhnen setzte ich mich auf die Bettkante, nur um kurz darauf mit noch größeren Schmerzen in das Badezimmer zu schlurfen. Mit einem neutralen Gesichtsausdruck betrachtete ich mich im Spiegel. Meine dunkelgrünen, von dunklen Wimpern umrandeten Augen hatten schon lange an Glanz verloren und meine etwas volleren Lippen waren aufgeplatzt. Kurz über meinem linken Wangenknochen zierte ein dunkelblauer Fleck mein schmales Gesicht. Zögernd berührte ich mit den Fingerspitzen meine Wange und zuckte vor Schmerz zusammen. Bei der Empfindlichkeit wird es bestimmt toll den blauen Fleck mit Make-Up abzudecken, was leider nötig war, damit niemand etwas davon erfährt wie ich lebe. Das war einzig und allein meine Sache also ging es auch nur mich etwas an. Zudem hatte ich auch viel zu viel Angst vor den Reaktionen meiner Mitschüler, wenn sie es herausfinden würden.

Nach kurzem Überlegen setzte ich meine Musterung fort. Mir fiel auf, dass ich dünner geworden bin. Nicht, dass ich vorher dick war, nein im Gegenteil, ich hatte schon immer eine normale Figur, doch jetzt war ich noch dünner. Das liegt wahrscheinlich daran, dass mein Dad es nicht mehr für nötig hielt mir Geld für Essen zu geben. Das war auch der Grund dafür dass ich fast jeden Tag nach der Schule in einem Diner kellnern musste. Meine dunkelbraunen Haare gingen mir fast bis zu den Schulterblättern und könnten mal wieder eine Dusche vertragen. Trotz meinem Alter von 16 Jahren war ich mit einer Größe von 1,67m recht klein.

Erleichtert darüber, dass man von dem „Ausraster" meines Vaters nicht allzu viel sah entledigte ich mich meiner Kleidung und stieg unter die Dusche. Das heiße Wasser prasselte auf meinen Körper und ich konnte spüren wie sich mein verspannter Nacken ein wenig lockerte.
Nach der Dusche trocknete ich mich ab und ließ meine noch etwas nassen Haare frei über meine Schultern fallen, da Sommer war und sie so eh schnell von selbst trockneten. Vorsichtig über schminkte ich die Wunden in meinem Gesicht wobei ich die Luft ab und zu geräuschvoll einzog, wenn ich eine empfindliche Stelle traf. Mein Outfit bestand heute aus einer schwarzen High Waist Jeans und einem weiten dunkelroten T-Shirt. Also nichts auffälligem.

Leise tappste ich durch den Flur. Auf dem Weg zur Küche kam ich an dem Zimmer meines Dads vorbei und nach einem Blick ins Innere stellte ich erleichtert fest, dass dieser noch schlief. Aus Erfahrung wusste ich, dass es sehr unbequem werden würde, wenn dies nicht der Fall war. In der Küche schnappte ich mir meinen Rucksack sowie einen Apfel und ging zur Garderobe. Dort schlüpfte ich in meine geliebten Vans und zog eine schwarze Lederjacke an. Frühstücken tat ich morgens meistens nicht viel, weil ich nach dem Aufstehen einfach noch keinen großen Hunger hatte. Im Gegensatz zu den meisten Jugendlichen in meinem Alter besaß ich kein Auto und musste deshalb zur Highschool laufen, welche zum Glück nicht allzu weit entfernt war.

Nach 20 Minuten erreichte ich die Schule. Auf dem Parkplatz versammelten sich wie immer die üblichen Gruppen. Ich gehörte weder zu den Cheerleadern, den Footballern, den Nerds , den Beliebten , oder den Badboys. Nein, eigentlich gehörte ich zu gar keiner Gruppe an dieser Schule weswegen ich gekonnt an allen vorbei zum Eingang lief. Jetzt holte ich noch schnell die Bücher, die ich heute brauchte aus dem Spint und ging dann zum Klassenzimmer.

Ich ließ mich in der vorletzten Reihe neben meiner Sitznachbarin Lydia fallen. Wir beide verstanden uns ganz gut und waren Freunde, aber unsere Freundschaft diente überwiegend dem Zweck, dass wir nicht den ganzen Tag alleine waren.Obwohl... anfangs war das vielleicht so doch mittlerweile hatte ich sie richtig ins Herz geschlossen. Trotzdem konnte ich sie nicht mit zu mir nach Hause nehmen. Das Risiko, dass sie auf meinen Dad trifft war einfach viel zu groß. Sowie ich ihre war, war sie auch meine einzige Freundin hier und auch wenn wir beide außerhalb der Schule eher weniger Kontakt hatten, war ich froh nicht vollkommen auf mich allein gestellt zu sein und sie zu haben.

„Hey Ly!", sagte ich zur Begrüßung, so wie ich es eigentlich jeden Tag machte. „Hi" entgegnete sie schlicht, da sie eher ein ruhiger Mensch war und sah mich durch ihre Bernstein braunen Augen an. Ihre kurzen Haare, welche so dunkelbraun waren, dass sie fast schwarz erschienen, trug sie offen. Unsere mehr als nur grausame Französisch Lehrerin betrat das Klassenzimmer und die Klasse wurde schlagartig still. Und so begann mal wieder ein weiterer Schultag voller überaus langweiligen Stunden.

Lydia und ich stellten unser Mittagessen vor uns auf dem einzig freien Tisch in der Cafeteria ab und setzten uns. Wir saßen meistens alleine, was zumindest mich nicht weiter störte. So konnten wir wenigstens in Ruhe essen, was wir auch getan haben bis Lydia auf einmal die angenehme Stille brach indem sie die folgende Frage stellte. „Sag mal Ruby, gehst du eigentlich auf diese Party am Samstag?"

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Wow jetzt hab ich schon das zweite Kapitel *o*
Ich wünsche euch weiterhin viel Spaß beim Lesen...

Ruby Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt