Kapitel 4

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Wir schwiegen noch eine Weile, bis wir vor seinem Haus standen.

"Kommst du noch mit rein? Vielleicht bringt dich Kuscheln auf andere Gedanken!" Grinste er frech daher. Es war Freitag und in meiner WG wartet niemand auf mich. Also überlegte ich wirklich, noch mit rein zu gehen.

Ich stieg aus und lief zum Eingang. Liam lief schmunzelnd hinter her.

"Ich komme nicht deswegen mit! Bilde dir ja nichts ein!" Ich stupste ihn dann gegen die Stirn, als er vor mir stand. Ich wollte, dass er die Gedanken verdrängt. Durch sein grinsen konnte ich ahnen, was er denkt.

"Keine Sorge, diesmal meine ich wirklich nur kuscheln. Ich sehe aber, das was nicht stimmt. So geistesabwesend warst du noch nie!" Er legte mir meine Haare hinters Ohr und schaute mich mit einem liebevollen Blick an. Er wollte wohl wirklich nur helfen. Ich nahm seine Hand und lief mit ihm in's Haus.

Liam war von einer wohlhabenden Arbeiterfamilie. Seine Mutter war Anwältin, sein Vater Professor. Wir studierten beide Archäologie. Sein Vater hat dies auch studiert und als zweites Fach sogar nebenbei Biologie. Deswegen ist sein Vater nie zu Hause. Meist unterwegs in anderen Ländern. Seine Mutter ist zwar abends da, aber hat viel Bürokram um sich. Leider läuft ihr Job nicht so gut momentan, da kaum Klienten zu ihr wollen. Daher dient sie oft als gestellte Anwältin für jedermann.

"Mia müsste auch schon da sein, ich muss ihr noch was zu essen machen!" Er kümmerte sich immer rührend um seine Schwester, auch wenn er etwas streng war. Die beiden waren trotzdem Herz und eine Seele.

"Gehst du bitte hoch zu Mia? Sag ihr, sie soll runter kommen. Willst du mit essen?"

"Na ja, dann kann ich auch helfen, wenn du mir das schon anbietest!" Er schüttelte den Kopf.

"No Señora!" Sprach er mich auf Spanisch an. Ich fand es heiß, wenn er in der Zweitsprache mit mir redete, was er selten tat.

"¡ningún invitado cocina conmigo!" Dann zeigte er mit dem Finger rauf. Er meint, Gäste kochen bei ihm nicht. Er will nie, dass ich helfe, egal was er macht. Er möchte, dass ich bei ihm entspannen kann. Deswegen soll ich kein Finger rühren. Und es ist die Gastfreundlichkeit der Latinos. Seine Mutter ist auch so! Sein Vater ist Russe, er ist da ganz anders. Zwar auch gastfreundlich aber auf anderer Art. Etwas rauer. Aber etwas lockerer als Lucia. Lucia heißt seine Mutter, ich liebe ihren Namen. Olec heißt sein Vater. Beides typische Namen ihrer Länder. Liam hat noch einen Bruder, leider ist dieser verschwunden. Keiner weiß, was mit ihm ist. Die Familie hat mich von Anfang an freundlich aufgenommen, als gehörte ich schon immer dazu.

Ich lief durch das große Haus und klopfte dann an ihre Tür. Mia hörte gerade Musik und schien auf das klopfen nicht ganz zu Reagieren.

"Mia! Darf ich rein kommen?" Plötzlich erlosch die Musik und schnelle Schritte zu Tür waren zu vernehmen. Sie schwang kraftvoll die Tür auf und strahlte mich an.

"Du musst nicht klopfen. Hab's dir doch schon gesagt!" Ja, das hatte sie ... öfter sogar. Aber ich fand dies nicht angemessen. Sie ist zehn Jahre alt, da hat sie ihre Privatsphäre verdient. Und dazu gehört auch Klopfen. Sie lief wieder von der Tür weg und setzte sich auf ihren lila Stuhl.

Ihr ganzer Raum war lila eingerichtet. Aber nicht in hellem Ton, oder sehr mädchenhaft, sondern sehr dunkel mit schwarzen Akzenten. Sie war nicht, dieses typische Mädchen was mit Barbie spielt und rosa Wölkchen auf der Tapete hat.

Sie erinnerte mich, an mich selbst. Ich war auch so, nur das mein Zimmer blutrot war. Meine Eltern fanden es furchtbar.

"Ich soll dir nur Bescheid geben, das du runter kommen sollst. Gibt bald essen und du weißt, du sollst etwas helfen." Sie rollte mit denn Augen und legte den Stift beiseite, mit dem sie was schrieb.

"Ich komm gleich!"

"Guck nicht mich so an. Ich bin nur Nachrichten Überbringer!" Sie stieg auf und schlenderte in meine Richtung. Sie schob mich aus dem Zimmer und lief den Flur entlang.

"Kommst du auch?" Rief sie dann mir entgegen. Ich nickte und lief ihr nach.

"Ok, dann kannst du den Tisch decken! Schaffst du das diesmal ohne Meckern?" Sprach Liam sie mit bissigem Unterton an.

Sie rollte wieder mit den Augen und schien genervt.

"Das hab ich gesehen! Kannst auch mit den Augen wieder nach oben rollen, aber ohne essen!" Ich ging zu ihm, da ich merkte, dass er etwas angespannt war.

"Schatz, alles ok?" Ich fuhr ihm durch sein Haar, das jetzt wild durcheinander fiel.

"Sie macht doch. Du musst sie nicht belehren!" Er rührte weiter im Topf rum und schnaufte ein Mal kurz laut.

"Sorry Kleine.."ich lächelte ihn an und gab ihm ein Schmatzer auf die Wange.

Er lächelte dann auch und schien etwas runter zu kommen.

" Siehst du, viel besser!" Flüsterte ich ihm dann entgegen. Ich lief zum Tisch und half Mia.

Als wir am Tisch saßen und ich Mia beobachtete, wie sie ihre Nudeln aß, musste ich grinsen. Ihr klebte die Soße sogar auf der Nasenspitze. Ich selbst aß nicht viel. War auch immer noch Gedanken. Ich stocherte im Essen rum und schob den Teller nach ein paar wenigen Bissen von mir.

"Was los? Kein Hunger? Du denkst wieder nach, stimmt's? Ich sehe es an deinem Blick." Leider kannte mich Liam zu gut.

Nach mehr als vierzehn Jahren, kein wunder. Wir hängen auch ständig zusammen ab. War nur einmal längere Zeit ohne ihn. Da, wo sich meine Eltern trennten und ich kurze Zeit im Heim war. Seine Eltern wollten mich zu sich holen, aber dies war leider nicht möglich. Meine Eltern kümmerten sich ja nie um mich. Mein Vater hat sich vor kurzem in den Tod gesoffen und meine Mutter ist weggezogen. Ich habe noch teils Kontakt mit ihr, aber nicht mehr viel. Geschwister habe ich nicht. Selbst ich war ein Ausrutscher.

Ich stieg auf und räumte mein Teller vom Tisch. Liam war etwas genervt, sein Blick sprach Bände. Mia schlürfte weiter ihre Nuddeln. Ich war erstaunt wie so ein kleiner Magen, so viel essen aushält. Ich wollte mich, einfach nur etwas hinsetzten und etwas entspannen, deswegen ging ich hoch. Liam hatte ein angrenzendes Zimmer, was als Büro und Wohnzimmer diente. Ich saß lieber dort, als im großen Wohnzimmer, dort war man ungestört.

Ich ließ mich auf die große Couch fallen, die dort stand und schloss die Augen.

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