Kapitel 3.

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Jonah

Noch deutlich eingeschüchtert ging ich zurück zu Mike, der noch immer seelenruhig vor sich hin schlummerte, als wenn nicht gerade eine Mikrowelle durch die gesamte Küche gedonnert worden wäre. Unter normalen Umständen hätte ich ihn ja schlafen lassen, doch ich zitterte am gesamten Körper und konnte einfach nicht zur Ruhe finden. 

"Mike?" vorsichtig stupste ich ihn an bis er irgendwann verschlafen die Augen öffnete.

"Hmn? Was ist los?"nuschelte er verwirrt und ich kuschelte mich nervös an ihn heran. 

"Ist dir kalt? Du zitterst ja." bemerkte er relativ schnell und wieder einmal erstaunte mich seine schnelle Auffassungsgabe. Ich glaubte kaum, dass mir so ein Detail auffallen würde, wenn ich gerade erst wach geworden war. 

"Nee. Aber ich wollte mit dir nochmal über deinen- ähm Bruder sprechen." wisperte ich unsicher und sofort war er hellwach. 

"Hätte ich gewusst, dass er wieder da ist, dann hätte ich dem Treffen nie zugestimmt. Ich hätte dich gern von ihm fern gehalten." murmelte er ernst und ich strich mit meinen Fingern zärtlich über seine Wange. Ich mochte es nicht wenn Mike so ein finsteres Gesicht machte. Es passte nicht zu ihm. Immerhin war er doch mein Sonnenschein. 

"Was ist mit ihm passiert?" fragte ich leise und er versteifte sich sofort.

"Wieso interessierst du dich so für ihn? Er ist einfach ein Arschloch und du solltest am besten jeglichen Kontakt zu ihm vermeiden. Wir müssen uns wohl einen neuen Ort zum treffen suchen, wenn Lucas von nun an wieder ständig Zuhause rumhängt." murrte er und auch wenn ich wusste dass es mich nichts anging, so nagte doch die Neugierde an mir, die mehr über diesen scheinbar verkorksten Menschen in Erfahrung bringen wollte. 

"Ich bin ihm eben in der Küche begegnet." gestand ich kleinlaut und erntete augenblicklich einen wirklich entsetzten Blick von meinem Freund. 

"Ich wollte mir einen Kakao machen, so wie immer. Aber dann kam er auch in die Küche. Wir haben einen Moment geredet und dann-"

"Hat er dir etwas getan? Zitterst du deswegen so?" fragte Mike direkt besorgt und musterte mich einmal von oben bis unten. 

"Ja und nein. Also er hat mir nicht weh getan oder so.. Aber ich glaube ihr braucht eine neue Mikrowelle." erzählte ich weiter und Mike wirkte nicht einmal sonderlich überrascht. 

"Sowas passiert öfter, oder?" stellte ich fest und er seufzte einmal laut auf. Anschließend setzten wir uns im Bett auf und während Mike sich mit dem Rücken gegen die Wand lehnte, so hockte ich vor ihm im Schneidersitz und musterte ihn aufmerksam. 

"Ich hasse es, dass du von ihm erfahren hast. Vor allem weil dich das Thema ja ganz offensichtlich nicht los lässt." stöhnte er genervt und fuhr sich einmal über das Gesicht, ehe er sich einmal zu mir vorbeugte und knapp meine Lippen küsste, als wenn dies irgendwie weiterhelfen könnte.

"Also gut. Ich beantworte dir jetzt deine Fragen - Unter der Voraussetzung, dass wir hiernach nie wieder über dieses Thema sprechen werden. Und damit meine ich auch nie wieder. Halte dich einfach von ihm fern und ignorier alles was mit ihm in Verbindung steht. Versprochen?" Mir gefiel eigentlich nicht, dass ich vorgeschrieben bekam mit wem ich etwas zu tun haben durfte und mit wem nicht, doch Mike schien sich wirklich Sorgen um mich zu machen und ich kannte Lucas nicht gut genug, um ihn vom Gegenteil überzeugen zu können. Ich willigte also den Bedingungen ein und ignorierte das flaue Gefühl in meinem Magen. 

"Um auf deine Frage von eben zurück zu kommen - Ja es ist quasi normal in unserem Alltag, dass er ständig irgendwelche Sachen kaputt macht oder sie durch die Gegend wirft. Wie dir mit Sicherheit schon aufgefallen ist hat er ein 'kleines' Aggressionsproblem, wobei er eigentlich generell Probleme mit etlichen Emotionen hat. Wir kriegen vom Möbelhaus schon Rabatt, weil wir ständig etwas nachkaufen müssen. Du hast doch mal gefragt wieso wir keinen Fernseher im Wohnzimmer haben.. Hier hast du deine Antwort." erzählte er und ich machte bei dieser Antwort große Augen. Kein Wunder dass da irgendwann niemand mehr vom Lärm geweckt wurde. Sie hatten sich einfach daran gewöhnt, dass Nachts ein wild gewordener Lucas die Wohnung auseinander nahm. Das war aber längst noch nicht alles was ich erfuhr. 

Der Sommer meines LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt