- Epilog-

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Der Sommer brachte viele Dinge mit sich. Neue Abenteuer, neue Gefühle, neue Situationen. Es war ein schönes Gefühl, die Sonne auf der Haut zu spüren. Den sanften Wind in den Ohren zu hören. Das prickelnde Gefühl in der Nase zu haben, sobald man die vielen neuen Gerüche erschnuppperte. Der Sommer meines Lebens. 

Das Leben barg drei grundsätzliche Stationen.  Bei der ersten lernte man die Liebe kennen. Man entdeckte die Zuneigung zu einer anderen Person und öffnete sein Herz, ließ diese Person hinein und versuchte sie voller Hingabe an sich zu binden. 

Bei der zweiten Station musste man lernen, dass nicht jede Liebe für die Ewigkeit war. Trauer und Schmerz waren unsere Begleiter und brachten uns bei besser auf uns Acht zu geben. Wir lernten aus diesen Gefühlen und versuchten den Schmerz zu lindern, indem wir unser Herz vor dem Rest der Welt versteckten. 

Ich hatte geglaubt, dass jeder Mensch dazu in der Lage war die dritte und letzte Station zu erreichen, doch ich hatte mich bei diesem Gedanken getäuscht. Manch ein Schmerz war so groß, dass man den Blick für einen Ausweg verlor und ein Teil der Dunkelheit wurde. Ein Teil des einzig großen Nichts. Denn manchmal da traf man nur ein einziges Mal in seinem Leben auf eine Person, die das Herz bewegte. Manchmal, da endete ein Weg wo ein anderer erst begann. Und ab und zu war es okay sich aus der Masse abzuheben um frei zu sein, denn manchmal musste man erst aufhören Mensch zu sein, um seine Menschlichkeit wieder zu bekommen.

...

Lucas

"Du bist manchmal zwar wirklich ein Idiot, aber trotzdem liebe ich dich." las ich leise vor und jedes einzelne Wort hinterließ einen bitteren Nachgeschmack. Wie oft hatte ich diese Zeilen schon gelesen? Wie oft hatte ich mir seine Bilder angesehen? Wie oft hatte ich mich selbst verflucht? Ich wusste es nicht mehr. 

"Ich dich auch... du Idiot." 

Jedes Mal wenn ich mich an unsere letzte Begegnung zurück erinnerte fragte ich mich, was Noah in diesem Augenblick gedacht hatte. Wieso war er mit mir gesprungen? Und wieso hatte er mich allein gelassen? Wieso hatte ich es zugelassen? Mein Kopf war voller Fragen, doch keine Antwort schien in Sicht. 

Ich besaß nicht viele Sachen. Tat ich nie und ich würde auch nie damit anfangen. Aber dieser eine Gegenstand schien den letzten Rest meiner Existenz beisammen zu halten und einen Teufel würde ich tun, dieses Buch jemals wieder los zu lassen. 

'Tragischer Unfall: Alkoholisierter Teenager nach Strandparty im Meer ertrunken' - So berichteten etliche Nachrichtensender und Zeitungsartikel von dem Vorfall mit Noah. Dabei war es eigentlich ganz anders verlaufen. Ich war der Betrunkene gewesen. Ich hatte ihn ins Wasser geschubst. Er war im Wasser. Nicht ich. Er war ertrunken. Nicht ich. Er war nun tot. Nicht ich. Trotzdem berichteten die Medien was sie wollten. Und ich beließ es dabei. Gut möglich das er ein wenig intus hatte. Gänzlich konnte ich es nicht ausschließen - Dennoch war es meine Schuld. Ich war Schuld. Ich war Schuld

Die WG war Geschichte.  Nach der Sache mit Noah wurde der Vermieter auf unsere Truppe aufmerksam und schmiss uns hinaus. Aber selbst ohne sein eingreifen hätten wir uns wohl alle voneinander getrennt. Rahel war zurück zu ihrer und Noah's Familie gezogen. Jasper, der seinen tot ziemlich schlecht aufgenommen hatte, ging wieder in eine Klinik für geistig Behinderte. Collin schien erstaunlich normal aus der Sache heraus gegangen zu sein, dennoch hatte ich nichts mehr von ihm gehört. Ebenso wenig von Mike. Er war wohl der einzige, der mir wahrhaftig ins Gesicht sagte, dass dies alles meine Schuld war. 

Der Sommer meines LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt