Kapitel 16.

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Jonah

"So schlimm ist es doch gar nicht, oder?" bemüht lächelnd sah ich Lucas an, doch der zuckte nur mit den Schultern. Da ich unbedingt so schnell wie nur möglich von Zuhause raus wollte, hatte ich ihn dazu genötigt mit mir auf Wohnungssuche zu gehen, doch dem lieben Herrn war mal wieder alles egal. Die aktuelle Wohnung lag gar nicht so weit von meiner Schule entfernt und noch dazu hatte man einen wirklich guten Weg in die Stadt. Das Haus in dem die Wohnung war befand sich meiner Meinung nach in einer perfekten Lage, um überall hinzukommen. Selbst ohne Auto. Nur eine Straße weiter befand sich schon die nächste Haltestelle der Straßenbahn und mit dieser konnte man entweder in Richtung Schule oder aber Innenstadt fahren. Das war total super. 

Und auch wenn die Wohnung klein war, für uns beide war sie allemal groß genug. Ein 2-Schlafzimmer/ 1-Badezimmer Apartment war für zwei Leute mehr als nur ausreichend und um ehrlich zu sein hatte ich mich schon entschieden. Der Preis war dabei wohl einer der wichtigsten Faktoren. Ja gut das Apartment war schon etwas herunter gekommen, doch schließlich war sie dafür auch nicht so teuer. Lucas und ich würden uns die Miete aufteilen. Er bekam sein Kranken- und arbeitslosen Geld und ich hatte Dad, der schon von Vornherein zugestimmt hatte mich zu unterstützen. Trotzdem wollte ich neben der Schule noch einen Nebenjob haben, denn so wie ich Lucas kannte würden wir wohl recht schnell wieder neue Möbel benötigen und ich wollte meinen Eltern nun auch nicht auf der Tasche liegen. Sie waren ja schließlich nicht für Lucas Unzurechnungsfähigkeit zuständig. 

Zu der Wohnung bekamen wir eine eingebaute Küche, die absolut furchtbar aussah, eine zerranzte Couch, die in einem knalligen Blau und einem ekligen Senfton schimmerte und ein Badezimmer mit dreckigen Fliesen. 

"Öffnet ja nicht den Dachboden." grunzte der Vermieter und zeigte nach oben an die Decke, in der eine kleine Luke eingebaut war. Von außen hing sogar ein kleines Schloss dran, was ich bei einer Dachbodenluke doch recht ungewöhnlich fand. 

"Also? Nehmt ihr die Bude oder nicht?" Ungeduldig zog der Mann seine Rotze zurück in die Nase und erzeugte dabei ein widerlich glitschiges Geräusch, weswegen ich mich angewidert schüttelte. Ich versuchte wirklich optimistisch zu bleiben, ganz gleich wie dreckig und ekelerregend dieses Loch von Apartment war, hoffte zeitgleich aber irgendwie darauf, dass Lucas eine andere Wohnung vorschlug. 

Ich musste nämlich gestehen, dass ich absolut beschissen darin war etwas zu organisieren. So wie Mike es stets gesagt hatte. Er hätte ohne Probleme eine passende Wohnung finden können, doch obwohl ich das gesamte Internet und letztendlich sogar die Zeitung abgesucht hatte, waren nur solch altbacken Apartments, in denen bestimmt schon der ein oder andere Junkie drauf gegangen war, übrig geblieben. Ich zwang mich also weiter zu einem krampfhaften lächeln, während ich mit dem äußerst suspekten Vermieter einschlug und wir gemeinsam einen Mietvertrag aushandelten. 

"Sorgt einfach dafür, dass die Luke geschlossen bleibt und keiner von euch drauf geht. Ich will nicht schon wieder eine Leiche vorfinden." verabschiedete er sich stumpf und wischte sich doch tatsächlich die Hand an seiner Hose ab, mit der ich zuvor eingeschlagen hatte, so als ob ich hier die unhygienische Person wäre. Nett. 

...

In der ersten Woche hatte ich tatsächlich noch die Motivation die Wohnung ein wenig aufzufrischen. Als mir dann aber bewusst wurde wie anstrengend das bloße Streichen war, gab ich es nach einer Wand letztendlich wieder auf und schmiss mich erschöpft auf die muffige Couch. 

"Die Wand leuchtet mich an." brummte Lucas, der mit einem Kasten Bier zur Haustür herein kam und die frisch gestrichene, schneeweiße Wand musterte. Im Vergleich zu den übrigen, gelblich verfärbten Wänden strahlte diese nun förmlich, was irgendwie anstrengend zu ertragen war. 

Der Sommer meines LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt