● Spießer ●

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Taehyung

Als wäre das hier sein Zimmer, krallt der Rothaarige sich auch noch den letzten Pfannkuchen und steht wieder auf, nur um sich rücklings und immernoch kauend auf mein Bett fallen zu lassen, während ich wie angewurzelt vor der Balkontür stehe und ihn dabei beobachte. Er streckt sich und stößt einen ziemlich lauten Rülpser aus, bevor er fast schon erleichtert ausatmet.

Anstand kennt er wohl nicht.

„Musst du unbedingt mit deinen Straßenklamotten in meinem Bett liegen?“, stolpern die Worte aus meinem Mund, ohne, dass ich etwas dagegen tun kann. Ich habe das schon immer gehasst, selbst wenn sich bloß jemand auf die Kante meines Bettes setzen wollte. Man weiß schließlich nie, wo die Person schon überall gewesen ist. Und jetzt liegt hier einfach ein wildfremder Typ in 'meinem' Bett und stopft sich mit meinen Pancakes voll. Sicher, ich hätte sie sowieso nicht mehr gegessen, aber es geht ja hier ums Prinzip.

Der Angesprochene setzt sich sofort auf, macht aber keine Anstalten aufzustehen, im Gegenteil. Er macht es sich im Schneidersitz bequem und mustert mich mit einer hochgezogenen Augenbraue von oben bis unten. „So einer bist du also, verstehe...“, murmelt er vor sich her und ich lege den Kopf schief. „Wie meinst du das?“

„Na du bist 'n 1A Spießer“, haut er unverblümt raus. Okay, es gibt kein nettes Wort für Spießer, aber muss er das so direkt sagen? Ich weiß ja, dass ich nicht der Abenteuerlustigste bin, aber deshalb muss man es einem doch nicht so an den Kopf werfen. „Bin ich nicht“, murre ich deshalb beleidigt und setze mich verkrampft auf den Stuhl, auf dem der Fremde eben noch saß.

„Ach, nein? Wenn ich in deinen Schrank gucke, ist da nicht alles nach Farben sortiert? Die Schuhe nicht fein säuberlich aufgereiht? Du hast nicht all deine Bad-Artikel ordentlich aufgestellt? Und unter deinem Bett stehen nicht schon deine Pantoffeln bereit?“, grinst Jungkook und sieht mich abwartend an. Ehrlich, diese Augen und dieser Blick fühlen sich an, als würde er direkt in meine Gedanken sehen können.

Ich würde ihm wirklich gern widersprechen, aber er hat recht. Scheiße.

Trotzdem stört es mich, dass er mit Schuhen auf meinem Bett sitzt und ich kann es nicht lassen, ihm die ganze Zeit auf die Füße zu starren. Als könnte ich sein Schuhwerk so verschwinden lassen. „Ich bin halt ordentlich“, murmle ich nebenbei und trommle mit den Fingern auf dem Tisch herum. „Könntest du jetzt bitte deine Füße von meinem Bett nehmen? Ich würde darin gerne noch schlafen“, schiebe ich etwas lauter hinterher und richte mich auf, damit er sieht, dass ich es ernst meine.

Obwohl ich mir da überhaupt nicht sicher bin.

„Fein...“, sagt er und springt quasi vom Bett, zieht sich dann aber plötzlich sein Shirt über den Kopf und öffnet den Gürtel seiner Hose. Okay, was passiert hier? Sollte ich besser abhauen? Was mache ich jetzt? Fangen nicht so immer diese Psychofilme an? Ich habe Shining gesehen und befinde mich hier in einem Hotel...

Völlig in meiner Panik gefangen, bekomme ich gar nicht mit, wie er auf mich zukommt und sich mit nacktem Oberkörper zu mir runter beugt. „Keine Sorge Süßer, ich geh' nur eben duschen“, flüstert er mir ins Ohr und leckt einmal kurz über meine Ohrmuschel, bevor er grinsend im Bad verschwindet.

Und was mache ich?

Richtig, das Desinfektionsmittel holen.

Nachdem ich aber mit einem Tuch über mein Ohr gewischt habe, drehe ich mich um und sehe direkt in den kleinen Spiegel, der dort an der Wand hängt und sofort weite ich meine Augen, denn meine Wangen sind knallrot.

Wasting ⇴ ᴛᴀᴇᴋᴏᴏᴋ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt