Invasion

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August 2019

Eine Weile blieben wir noch im Restaurant und unterhielten uns. Ich war dankbar darüber, dass Lukas nicht auch Hals über Kopf davon gestürmt war, obwohl ich es verstanden hätte, wenn es so gekommen wäre. Anfangs verhielt er sich ein bisschen distanzierter und sagte auch, dass er das erst einmal verarbeiten müsste, aber er blieb und verbrachte auch den Rest des Tage mit mir. Nachdem wir das Restaurant verlassen hatten, kauften wir uns unterwegs einen Smoothie,  setzten uns an die Spree und genossen das Wetter. Da Lukas nicht so viel Sonne vertrug, suchten wir uns ein schattiges Plätzchen und setzten uns auf die von der Mittagssonne noch warmen Steinplatten. Irgendwann drehte er sich und legte seinen Kopf in meinen Schoss. Es kam mir vor wie ein Friedensangebot, denn ich wusste, dass es jetzt wieder okay war ihn zu berühren. Unsere Blicke trafen sich und er wirkte glücklich. Obwohl der Tag dank meines unüberlegten Handelns eigentlich so beschissen abgelaufen war, lächelte er mich an. Langsam bewegte ich meine Hand in seine Richtung, strich ihm sanft über die Wange und kämmte seine Haare nach hinten. 

"Du bist so wunderschön, Lukas", flüsterte ich ihm entgegen.

Seine Hand fuhr ebenfalls langsam über meine Wange, ehe er sie auf meine Hand legte und unsere Finger miteinander verschränkte.

[...]

Dag machte es mir dieses Mal nicht so leicht wie Lukas. Ganze zwei Tage meldete er sich nicht bei mir, selbst auf meine Nachrichten bekam ich keine Antwort. Die zwei blauen Haken machten mich fast verrückt, doch ich wollte ihm auch die Zeit geben. Schließlich hatte er nicht grundlos gesagt, dass er sich melden würde.

Ich hatte es verdient so zappeln gelassen zu werden, genau genommen hatte ich für mein Verhalten noch viel mehr verdient, doch ich hoffte inständig, dass er sich noch melden würde, bevor ich zu meinem Booking nach München fahren musste. Da ein größeres Shooting geplant war, wurden zwei Übernachtungen gebucht und ich wollte wirklich nicht abreisen, ohne vorher wenigstens mit ihm gesprochen zu haben. 

Nie hätte ich für möglich gehalten, dass ihn das so sehr mitnehmen würde. Was eigentlich ein ziemlich blöder Gedanke war. Nur weil Dag tougher wirkte, ein paar Jahre älter als Lukas war und aufgrund seines Jobs als Security eine harte Schale haben musste, bedeutete dies nicht gleich auch, dass alles an ihm abprallen würde. Oft genug gab es schon Situationen, in denen er mir seine weiche, gefühlvolle und sensible Seite gezeigt hatte und höchstwahrscheinlich machte es auch ihm zu schaffen, dass Lukas das krasse Gegenteil von ihm war. Obwohl er stets abgeklärt war, neutral an Situationen rangehen und über einigen Dingen stehen konnte, hatte er Gefühle. Viele und und starke Gefühle, die er mir in den letzten Monaten immer wieder deutlich gezeigt hatte. 

In diesen zwei Tagen fiel mir ganz bewusst auf, dass ich ihn immer für selbstverständlich gehalten hatte. Zwar spielte ich ihm nichts vor, denn auch ich hatte starke Gefühle für ihn, doch stand für mich stets außer Frage, dass er irgendwann die Reißleine ziehen konnte. Für mich war immer klar, egal was passierte, Dag würde bleiben. Doch genau das Gegenteil war der Fall und hinterließ ein großes Loch in meinem Herzen. Genauso wenig wie Lukas wollte ich ihn verlieren, denn er war ebenfalls etwas ganz besonderes für mich und hatte einen Teil meines Lebens eingenommen und einen Teil meines Herzens für sich beansprucht. 

Als er sich am Nachmittag vor meiner Reise nach München endlich meldete und ein Treffen vorschlug, fiel mir ein Stein vom Herzen. Er schickte mir eine Einkaufsliste, um die ich mich sofort kümmerte, sodass wir später gemeinsam kochen konnten. Natürlich wusste er, dass ich in der Küche eine Niete war, doch um die 'einfachen Dinge', wie er sie nannte, konnte sogar ich mich kümmern.

Zur Versöhnung hatte ich ihm ein paar Blumen und eine Tafel seiner Lieblingsschokolade, die weiße mit Crisp, gekauft. Mein Herz klopfte wie verrückt, während ich an der Wohnungstür stand und darauf wartete, dass er endlich die Stufen hochkam. Als ich seine Locken, seine blauen Augen und das leichte Grinsen auf seinem Gesicht endlich sehen konnte, war ich erleichtert. Für einen Moment stand er vor mir und schaute ein wenig finster auf mich hinab, begann dann jedoch zu grinsen und drückte mir einen dicken Kuss auf die Lippen.

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