Part 2

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Keine halbe Stunde später saß Karin bei Dr. Franke im Patientenzimmer. Die blonde Frau hatte gar nicht erst zurückgerufen, sondern war auf der Stelle zu ihrem Arzt gefahren. „Hat sich die Freistunde also doch gelohnt.", dachte Karin und verdrehte die Augen. Auf einmal erschien ihr der gewaltige Papierstapel auf ihrem Schreibtisch gar nicht mehr so unattraktiv.

Die Lehrerin rieb sich gedankenverloren über das Pflaster an ihrer rechten Armbeuge. Nach ihrer Ankunft hatte ihr eine junge Arzthelferin erneut Blut abgenommen, während Dr. Franke dabei war, die Akte mit ihren Befunden zu holen. Karin blickte derweil stumm auf das weiße Pflaster. Sie war nervös. Sehr nervös. Ohne einen leisesten Verdacht zu haben, fingen ihre Gedanken an, sich sämtliche Krankheiten auszuspinnen, die sie möglicherweise haben könnte. Mit jeder neuen Idee wurde sie bleicher. Hoffentlich ging es nur um etwas Harmloses wie zu hohe Alkoholwerte im Blut. Ja, das könnte es sein! Ihre Hochzeitsfeier war immerhin noch nicht allzu lange her!

Als Karin anfing nachzurechnen, wann und wie viel Alkohol sie in letzter Zeit zu sich genommen hatte, öffnete sich die Tür und Dr. Franke kam mit ihrer Patientenakte in den Händen in den Raum marschiert. Er ließ die Akte auf seinen Schreibtisch fallen, setzte sich gegenüber von Karin auf seinen Stuhl und atmete einmal kräftig aus. „Die Arzthelferin lernt noch, ne? Aber ich sag mal besser bei Ihnen als bei mir." Immerhin machte ihr Arzt keinen allzu ernsten Eindruck. Das war doch schon mal ein positives Zeichen! „Aber alles Routine?", wollte sich Karin daher vergewissern. Dr. Franke schaute sie zwinkernd an: „Wenn sie's dann mal endlich draufhat, ne?" „Äh, nein, ich meine für mich."

„Ja, ich weiß." Ihr Gegenüber schaute sie auf ihre Aussage hin nun doch ernst an, was ihr sofort Sorgen bereitete. Wann war dieser Mann bitte seriös? Augenblicklich wünschte sie sich seine unlustigen Sprüche zurück, bei denen sie sich sicher sein konnte, dass er ihr höchstens ein kleines Alkoholproblem diagnostizieren würde. Doch Karin schüttelte kaum merklich den Kopf. Es brachte nichts, sich etwas vorzumachen: Weder hatte sie in letzter Zeit viel getrunken, noch machte Dr. Franke gerade einen Witz...

Karin spannte sich daher unweigerlich an, als der Arzt ihre Akte öffnete und schaute ihm unruhig zu, wie er durch die Unterlagen blätterte. „Ja. Im Blut ähm... da gibt's einfach biologische Substanzen, die auf 'ne Erkrankung hinweisen können und bei Ihnen ist ein Enzym erhöht, was auf 'ne Gewebebeschädigung hindeutet."

Bei seinen Worten wich alle Farbe aus ihrem Gesicht. Die Lehrerin war zwar Lehrerin und keine Ärztin, aber was eine ‚Gewebebeschädigung' zu bedeuten hatte, das wusste sie. Krebs. Sofort stieg Panik in ihr auf und sie schluckte. „Sie meinen..." „Ja, da unterbreche ich Sie mal gleich, das kann alles Mögliche sein." Karin war zwar noch nicht beruhigt, doch atmete erst einmal auf. „Gut." „Sogar ein Fehlalarm.", fuhr Dr. Franke fort und bei Karin bildete sich ein leichtes Lächeln. „Noch besser."

„Und deshalb fahren wir jetzt auch einfach das komplette Laborproramm und ich hab auch schon einen Expresskurier bestellt, damit wir die Ergebnisse einfach so schnell wie möglich haben." Dieser Satz ließ die Angst und Panik in Sekundenschnelle zurückkehren. Karin schaute ihren Arzt mit großen blauen Augen an. „Was?" Zu mehr als einem Flüstern war ihre Stimme nicht in der Lage. Wäre das hier ‚ein Fehlalarm' oder ‚alles Mögliche' dann müssten sie doch auch nicht so viele Untersuchungen machen, oder?! Karin fühlte sich in diesem Moment unglaublich hilflos. Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein! „Machen Sie sich jetzt mal nicht verrückt.", versuchte Dr. Franke sie zu beruhigen. Es war offensichtlich, wie aufgewühlt die blonde Frau von der Nachricht war.

Dr. Franke fuhr aufmunternd fort: „Und ich ruf sie morgen einfach an, sobald wir die Ergebnisse haben und bis dahin, bitte ich Sie, machen Sie sich einfach keine Sorgen." Karin starrte ihren Arzt weiterhin an. Dies war definitiv leichter gesagt als getan. Nichtsdestotrotz nickte sie zögerlich. „Okay."

Vollske - Nimm dein Schwert mitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt