Part 7

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Karin saß bewegungslos auf ihrem Stuhl. Sie hörte den Sekundenzeiger der Uhr hörbar ticken. Ansonsten war es still.

Sie spürte eine unfassbar große Leere Besitz von ihr ergreifen. Die Worte hallten unaufhörlich in ihrem Innern nach. Vielleicht würde sich Frida gar nicht an sie erinnern.

Vielleicht würde das blonde Mädchen nie wissen, wie sehr ihre Mutter sie doch liebte. Beziehungsweise geliebt hatte...


Nach einer halben Ewigkeit waren ihre Tränen versiegt und sie konnte wieder klar sehen. Es vergingen weitere Minuten, in denen sie stumm ins Leere starrte.

Aber dann, als sie ihren Blick ein wenig schweifen ließ, sah sie ihren Laptop. Er lag vor ihr auf dem Schreibtisch. Unwillkürlich musste Karin an den gestrigen Nachmittag denken und klappte das Gerät langsam auf. Warum denn nicht? Einen Versuch war es immerhin wert. Die blonde Frau wischte sich mit den Händen die letzten Tränen aus dem Gesicht, während der Laptop hochfuhr. „So Spiel. Lenk mich ab."



Einige Minuten später war Karin in der Tat abgelenkt. Ihre Spielfigur erstach gerade ein angreifendes Monster mit dem großen Schwert. „Okay. Nimm das! Und das! Ja!" Die Lehrerin fühlte sich langsam immer besser und es bildete sich sogar ein freudiges Lächeln auf ihren Lippen. Schließlich hatte sie das Vieh in neuer Rekordzeit besiegt!

Karin ließ mit entsprechender Tastenkombination ein Pferd erscheinen, auf welches sich ihre Figur sogleich schwang. „So, wo ist die nächste Aufgabe?" Sie ritt mit ihrem Pferd durch die Landschaft und musste schmunzeln. Wenn Stefan sie gerade sehen könnte. Der blonden Frau gelang es nicht nur, geradeauszulaufen, sie konnte auch ohne Probleme reiten und schaffte es sogar – ohne sich vorher ‚aufzuwärmen' – die Gegner erfolgreich zu bekämpfen.

Das Pferd ritt immer weiter und Karin fühlte sich gleichzeitig immer unbeschwerter. Doch dann vernahm die junge Mutter plötzlich das Klingeln eines Telefons. Ihre blauen Augen weiteten sich auf der Stelle. Sie sah ängstlich zu ihrem aufleuchtenden Handy und las den Namen des Anrufers: ‚Dr. Franke'. Zum wiederholten Mal an diesem Tag blieb ihr Herz für wenige Sekunden stehen, bevor es in doppelter Geschwindigkeit weiterschlug. Diesmal hatte sie sich allerdings nicht einfach nur erschrocken. Dieses Mal wusste sie, was auf sie zukommen würde und hatte gleichzeitig keine Ahnung. Die nächsten Sekunden würden alles entscheiden. Die Lehrerin schluckte. Alles oder nichts.

Sie nahm zögernd ab und hielt sich ihr Handy ans Ohr. Das Blut rauschte in Rekordgeschwindigkeit durch ihre Adern. „Dr. Franke. Endlich."

Während Karin den Worten ihres Arztes gebannt lauschte, blendete sie ihre Umgebung völlig aus. Sie bekam nicht mit, dass das Pferd auch ohne ihren Befehl immer weiterritt. Als ihre Spielfigur an einem Sumpf angelangt war, stieg diese von ihrem Pferd ab und es verschwand wieder. Allerdings war Karins Figur hier nicht alleine. Eine weitere Spielfigur tauchte in der neuen Landschaft auf und begann sich ihr zu nähern...

Karin atmete tief ein und aus. Sie lauschte Dr. Frankes abschließenden Anweisungen. Sie glaubte, das Herz würde ihr gleich aus der Brust springen, doch ihr restlicher Körper war wie gelähmt. „Okay, danke.", verabschiedete sich die Konrektorin und legte auf. Sie platzierte ihr Handy leise an seinem ursprünglichen Platz und hielt danach kurz die Luft an. Alles war still. Sie saß ruhig an ihrem Platz und bewegte sich keinen Millimeter. Solange, bis ihr Gehirn die eingetroffenen Informationen einigermaßen verarbeitet hatte...

Als es soweit war, löste sie sich aus ihrer Starre und atmete ein letztes Mal tief durch. Karin blickte wieder auf den Bildschirm vor sich und hob verwundert eine Augenbraue. Sie konnte gerade noch lesen, wie eine andere, ihr bekannte Spielfigur „Karin?" schrieb. Es war Stefan. Die blonde Frau schaute sich kurz in der neuen Umgebung um. Stefans und ihre Spielfigur standen zusammen in einer Art Tümpel. „Was machst du hier?", stellte Stefans Männchen die nächste Frage.

Vollske - Nimm dein Schwert mitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt