Part 4

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Karin ließ sich erschöpft ins Bett fallen. Der Tag war für sie vor allem nervlich sehr anstrengend gewesen. Umso mehr freute sie sich jetzt darauf, sich an Stefan zu kuscheln und in seinen Armen – hoffentlich friedlich – einzuschlafen. Sie schaute zur angelehnten Badezimmertür. Dafür sollte ihr Ehemann allerdings so langsam mal zu ihr kommen...

Die blonde Frau machte es sich schon einmal gemütlich, bettete ihren Kopf in das weiche Kissen und deckte sich zu. Nachdem sie sich ein paar Mal leicht hin und her gewälzt hatte, um eine gute Position zu finden, starrte sie gedankenverloren zur Decke. Der Tag hatte ein deutlich schöneres Ende gefunden, als sie am Morgen befürchtet hatte.

Nach ihrem gemeinsamen Eintauchen in die Computerspielwelt waren Karin und Stefan zu Michael gefahren, da Frida den Nachmittag bei ihrem zweiten Vater verbracht hatte. Eine Weile hatten dort noch alle vier gemeinsam gespielt. Wieder zu Hause angekommen, hatte das Ehepaar anschließend beschlossen, Frida zu baden. Es erwärmte Karins Herz jedes Mal aufs Neue, wenn sie zuschauen konnte, wie ihre Kleine freudig mit der Quietsche-Ente und den anderen Badetieren spielte. Da Stefan und sie nach einigen Minuten ebenfalls eifrig am Mitmachen waren – und es bei Stefan manchmal den Eindruck machte, als hätte er letztendlich mehr Spaß als Frida selbst – dauerte das Baden deutlich länger, als eigentlich nötig.

Karin lächelte unwillkürlich. Frida mit ihrer Lieblingsschwimmschildkröte, aus deren Mund Wasser gespritzt kam, wenn ihre Tochter den grünen Körper etwas zusammendrückte, neben Stefan, der mit einem Mini-U-Boot für kräftige Wellen sorgte, zählte wohl zu einem ihrer Lieblingsbilder, die die blonde Frau von den beiden hatte.

Sie musste einmal gähnen und fuhr sich schläfrig über das Gesicht. Der Tag war letzten Endes wirklich schön gewesen. Sie hatten nach dem Badeabenteuer in Ruhe miteinander zu Abend gegessen und danach eine Folge „Puschel, das Eichhorn" geschaut, auch wenn Frida der Handlung natürlich noch nicht ganz folgen konnte. Aber Stefan zog sie ohnehin damit auf, dass die drei die Sendung eigentlich wegen ihr und gar nicht wegen Frida schauten. Karin kicherte leise. Sie gab es vor ihm zwar nicht zu, aber wirklich im Unrecht war er mit seiner Vermutung nicht.

„Hab ich was im Gesicht, oder warum lachst du, sobald ich aus dem Bad komme?", hörte Karin plötzlich die raue Stimme ihres Mannes. Stefans Augen funkelten sie interessiert an. Diese Eigenschaft war eine der vielen, die sie so sehr an ihm liebte. Egal, wie langweilig die Information auch sein würde, Stefan war immer ehrlich an allem interessiert, was Karin durch den Kopf ging. Vor allem, wenn es sie zum Lachen brachte. „Ich musste nur daran denken, wie dir Frida beim Baden Wasser ins Gesicht gespritzt hat und du dann gute fünf Minuten unter, ich zitiere, „höllischen Schmerzen" versucht hast, das bisschen Seife aus den Augen zu bekommen.", grinste Karin.

Stefan legte sich neben sie ins Bett und drehte sich auf die Seite, damit er sie besser ansehen konnte. „Sei nicht so gemein, das hat wirklich gebrannt.", verteidigte er sich und zog eine Schnute. Dieser Anblick brachte Karin jedoch nur noch mehr zum Lachen und sie fuhr ihm aufmunternd durch die braunen Haare. „Ich weiß. Ich war auch wirklich ganz stolz auf dich, dass du es ohne Arzt und Krankenhaus überstanden hast." Kaum hatte sie ihre Neckerei beendet, griff Stefan nach ihrer Hüfte und begann, sie aus Rache leicht zu kitzeln.

So entstand zwischen den zweien ein kleines Kitzelgefecht, bis Karin schließlich halb auf dem anderen lag und lachend ihre Aussage zurücknahm. „Na geht doch.", meinte Stefan selbstzufrieden und zog seine Frau vollends auf sich. Während beide noch ein wenig nach Luft schnappten, machte es sich Karin auf dem großen Mann bequem und schaute lächelnd in seine blaugrauen Augen.

Stefan erwiderte ihren Blick und so versanken beide für eine Weile in den Augen des jeweils anderen. Wie zu Beginn ihrer Beziehung konnte Karin auch nach all der Zeit noch den gleichen liebevollen Glanz erkennen, den seine Augen bei ihrem Anblick bekamen. Sie hoffte, dass die ihren ihm dasselbe zeigten: Zuneigung, Bewunderung und natürlich Liebe. Die blonde Frau durchlief ein angenehmes Kribbeln und sie beugte sich nach vorne, um Stefan einen liebevollen Kuss auf die Lippen zu hauchen.

„Danke, dass du mich gefunden hast.", flüsterte Karin und legte ihren Kopf entspannt auf seiner Brust ab. Ihr Ehemann begann ihr zärtlich durch das blonde Haar zu streichen. „Danke, dass du mich genommen hast.", entgegnete Stefan leise und legte seinen anderen Arm fest um ihre Hüfte. Karin schloss die Augen und genoss das Gefühl, das nur Stefans Nähe in ihr auslösen konnte. Sie wusste, sie hatte den Richtigen ‚genommen', obwohl sie das bei ihrem Kennenlernen nie und nimmer für möglich gehalten hätte. Aber Stefan war es. Der Eine.

Es hatte etwas sehr Beruhigendes, wie der Lehrer ihr im stetigen Rhythmus sanft durchs Haar fuhr. Außerdem fühlte sich die junge Mutter in seinen starken Armen beschützt und geborgen. Karin seufzte zufrieden auf und kuschelte sich noch enger an ihren Mann. Nahm seine wohltuende Körperwärme sowie seinen unglaublichen Duft in sich auf. „Danke, dass es dich gibt.", murmelte sie schläfrig. Sie fühlte, wie die Müdigkeit so langsam überhandnahm. Stefans Hand legte sich auf ihre Wange und sein Daumen begann liebevoll über diese zu streichen. „Ich liebe dich, Frau Vollmer."

Egal, wie oft sie die drei magischen Worte bereits von ihm gehört hatte, konnte sie nicht verhindern, dass sich ein glückliches Lächeln auf ihr Gesicht schlich. Ja, sie liebte ihn ebenfalls. Von ganzem Herzen. Die blonde Frau konnte sich ein Leben ohne ihn mittlerweile gar nicht mehr vorstellen. Stefan hörte ihr zu, er war immer für sie da und tat alles dafür, dass es ihr gut ging. Sie konnte mit ihm lachen und weinen. Sie konnten sich gegenseitig necken und ärgern und manchmal auch zur Weißglut treiben. Sie konnte sich ihm anvertrauen und ihr Herz bei ihm ausschütten. Sie konnte ihm blind vertrauen. Sie konnte sich bei ihm fallen lassen und sie selbst sein.

„Ich liebe dich auch." Karin hauchte ihm einen leichten Kuss auf die Brust. Sie wollte sich ein Leben ohne ihn gar nicht mehr vorstellen. Er war ihr bester Freund, die Liebe ihres Lebens und der Vater ihrer Tochter. Letztes war er natürlich mit oder ohne positivem Vaterschaftstest, das spielte überhaupt keine Rolle. Aber es war dennoch schön zu wissen, dass es Stefan war, mit dem sie die andere Liebe ihres Lebens gezeugt hatte. Ja, Frida und Stefan waren gewiss alles, was sie sich jemals vom Leben gewünscht hatte.

Und im Augenblick wünschte sich die blonde Frau nichts sehnlicher, als dieses Leben noch eine ganze Weile zu behalten. Mit diesem letzten Gedanken driftete sie schließlich endgültig ins Land der Träume ab...


Vollske - Nimm dein Schwert mitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt