Part 12

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Am nächsten Morgen wurde das Ehepaar abrupt aus ihrem Schlaf gerissen. Urplötzlich ertönte ein sehr lauter Knall und beide rissen erschrocken die Augen auf, bevor sie in die Höhe schossen. In ihrer nun sitzenden Position fand sich Karin dicht an Stefan gedrängt wieder. Automatisch hatte sie nach seiner Hand gegriffen.

Die Konrektorin erkannte jedoch schnell den Grund für ihren frühzeitig beendeten Schlaf: Die Bürotür, die Stefan lediglich in den Türrahmen gestellt, aber nicht wieder befestigt hatte, lag neben ihnen am Boden. Sie war also für den unerträglichen Krach verantwortlich gewesen.

Statt der Tür standen nun Jonas und Rose an deren Stelle. Stefans Sohn hatte eine Hand noch immer auf halber Höhe zu einer Faust geformt, woraus Karin schloss, dass es wohl er war, der durch sein Anklopfen die Tür unabsichtlich zu Fall gebracht hatte. Während er mit verwundertem Blick zu dem Paar hinabschaute, war Rose wie immer leicht genervt: „Was ist hier los?"

Augenblicklich bekam Karin einen hochroten Kopf. Ihre Hand verkrampfte sich um die Decke und sie zog diese ein gutes Stück weiter nach oben. Was hatten sie sich nur dabei gedacht, an einem so öffentlichen Platz miteinander zu schlafen?! Es war immerhin Freitag und das hier war das Büro der Konrektorin... Es war also abzusehen, dass früher oder später jemand vorbeikommen würde! Mit glühenden Wangen versuchte sie so unauffällig wie möglich an sich herabzuschauen. Sie atmete erleichtert auf, als sie feststellte, dass sie ihr graues Top trug. Ein kurzer Seitenblick zu Stefan verriet ihr allerdings, dass dieser oberkörperfrei war. Sie wollte gar nicht wissen, was sich die beiden Besucher bei ihrem Anblick dachten...

„I... ich sag mal so, wir hatten was zu feiern.", erklärte Stefan unberührt und schaute Rose offen in die Augen. „Sieht so aus.", nickte Jonas. Er wirkte noch viel zu bestürzt von der Szene, die sich ihm bot, und all der Unordnung im Raum, als dass er sich über anderes Gedanken machen konnte. Stefan schien das alles fast zu amüsieren: „Ja, wir haben gefeiert, dass Karin gesund ist und dass..."

„Und dass wir Pit endlich adoptieren können.", fiel Karin ihm ins Wort. Sie warf ihm einen vielsagenden Blick zu und drückte seine Hand leicht. Stefan nickte verstehend. „Genau. Wir wollen gleich zum Jugendamt fahren, um diesen viel zu langen Adoptionsprozess endlich abzuschließen." Karin lächelte ihren Mann dankbar an. Sie wollte mit der anderen guten Nachricht noch ein wenig warten, wollte all ihre Freunde zusammentrommeln und ihnen alles über ihre aktuelle Situation erzählen.

Rose sah die beiden nun abwägend an und fragte vorsichtig: „Also bist du nicht ernsthaft krank, Karin?" Als diese glücklich den Kopf schüttelte, schlich sich ein beruhigtes Lächeln auf das Gesicht des Direktors. „Fehlalarm. Ich hab nur Jodmangel." Auch Jonas atmete bei dieser Nachricht erleichtert auf und lächelte seine Stiefmutter, den Daumen nach oben hebend, an.

„Stimmt. Bevor wir zum Amt gehen, kaufen wir mindestens zehn Packungen Jodsalz.", hakte Stefan locker ein und legte einen Arm um seine Frau. Karin wusste, wie sehr die vergangenen Ereignisse auch ihn trotz allem mitgenommen hatten. Sie war mehr als froh, dass er wieder so ungezwungen wie immer war.

„Das machen wir.", bestätigte die blonde Frau gut gelaunt und ergänzte zuversichtlich: „Auf in den Kampf!" Rose war mittlerweile wieder ganz er selbst. Er rollte mit den Augen. „Erst in die Dusche, dann auf in den Kampf." Stefan hob zustimmend die Hand und deutete mit dem Zeigefinger auf den älteren Mann. „Ist ein guter Punkt."

Mit einem erfreuten Quietschen schmiss sich Karin leicht auf ihren Mann, der sich dadurch wieder in liegender Position befand. Die ganzen positiven Emotionen breiteten sich in ihr aus. Die Lehrerin fühlte sich einfach toll. Sie war gesund, schwanger und hatte ihren Lieblingsmensch an ihrer Seite. Viel besser konnte es nicht mehr werden. Sie hörte, wie Rose stöhnte und Jonas auflachte. Danach erklangen dumpfe Schritte, die Karin das Weggehen der beiden signalisierten.

Sie platzierte ihre Unterarme auf Stefans Brust und legte ihren Kopf auf diese. „Schade, dass wir nach dem Aufwachen nicht noch in Ruhe kuscheln konnten." Stefans Augen blitzten: „Schade, dass wir nach dem Aufwachen nicht da weitermachen konnten, wo wir gestern aufgehört hatten." Karin presste ihre Lippen lächelnd zusammen und senkte ihren Kopf, um Stefan zu küssen. Dieser legte seine Arme um ihren Rücken und strich mit seiner Zunge sanft über ihre Unterlippe. Karin ließ ihn den Kuss nur allzu gerne vertiefen.

Als sich die beiden wieder voneinander lösten, hatten sie ein seliges Lächeln auf den Lippen. „So gerne ich auch noch stundenlang mit dir hier liegen würde, aber wir..." „...wollen nicht noch mehr Zuschauer anlocken.", beendete Stefan zwinkernd ihren Satz, was Karin auflachen ließ. „Ich meinte zwar, wir wollen Pit endlich hochoffiziell adoptiert haben, aber... ja, das wollen wir wirklich nicht."

Stefan grinste sie glücklich an, seine blaugrauen Augen strahlten. Im nächsten Moment drehte er sich, die blonde Frau in seinen Armen, mit einem Ruck um, sodass er sich über ihr befand. Nach ihrem überraschten Aufschrei, lachte sie freudig und Stefan lächelte seine Frau liebevoll an. Seine Nase tippte zaghaft gegen die ihre. Er liebte es, sie so unbeschwert, so glücklich, so voller Energie und guter Laune zu sehen. Das sollte sich nie wieder ändern.

„Ähm, Stefan?" Karin fuhr die Konturen seines Gesichtes nach, während sie ihn mit einer gespielten Unschuldsmiene betrachtete. „Um Zeit zu sparen, sollten wir auf jeden Fall zusammen duschen. Was meinst du?" Stefan hauchte der blonden Frau einen Kuss auf die Stirn. „Und nebenbei holen wir noch die verpasste Zweisamkeit nach, hm?" Karin nickte. Ihre blauen Augen blitzten gefährlich auf und sie zog Stefan zu einem weiteren Kuss zu sich hinunter.


Vollske - Nimm dein Schwert mitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt