Vollske - Nimm dein Schwert mit

Part 13

Am Mittag kehrte das Ehepaar wieder zurück an die GSG. Als sie aus Stefans Auto stiegen, strahlten beide über das ganze Gesicht. Sie konnten nicht glücklicher sein.

Obwohl es sich beim Jugendamt um eine Behörde handelte und daher langes Wartes, viel Geduld, sowie Überredungskunst von Nöten gewesen war, hatten sie es tatsächlich geschafft. Ein Mitarbeiter hatte dann doch Zeit gefunden, sich um die Angelegenheit der Lehrer zu kümmern. Er hatte ihnen Stefans Gesundheitszeugnis abgenommen und nochmals bestätigt, dass ihr offizieller Antrag nun vollständig war. Dieser musste zwar noch einmal abschließend überprüft und von ein paar weiteren Menschen unterschrieben werden, aber das waren letztlich nur Formalitäten.

Stefan und Karin hatten bereits eine bestätigende Urkunde zu ihrer Adoption erhalten und wenn der Antrag in ein bis zwei Wochen dann auch von Seiten der Ämter abgeschlossen wurde, war es endlich soweit. Pit würde ganz offiziell ihr Sohn sein und bei ihnen leben können.

Das Paar lief Hand in Hand auf den Pausenhof. Karin zweifelte stark daran, dass die beiden ihr Lächeln so schnell wieder verlieren würden. Das Beste stand ihnen immerhin noch bevor. Sie würden ihren Liebsten jetzt erstmal die guten Nachrichten überbringen und dann konnte ihr neuer Lebensabschnitt beginnen. Sie waren mehr als bereit dafür.

Obwohl es vor wenigen Minuten eigentlich zum Unterrichtsschluss geklingelt hatte, war die Mehrzahl der Schüler noch im Pausenhof versammelt. Der Grund: Jule. Sie hielt gerade eine flammende Rede über ihr facettenreiches Ich und dass sie sich von nun an nicht mehr verstecken, sondern sie selbst sein würde. Stefan und Karin stellten sich zu Jonas und Emma, die stolz Jules Rede verfolgten. „Ich nehme mal an, dass sie da nicht ganz alleine draufgekommen ist, oder?", erkundigte sich Stefan bei seinem Sohn und Karin lächelte ihn anerkennend an. Jonas hatte fabelhafte Arbeit geleistet. Er würde ein toller Lehrer werden!

„Na, ich hab ihr nur das gesagt, was du mir auch gesagt hast. Dass man nicht immer versuchen soll, wie die anderen zu sein, sondern eben wie man selbst.", meinte Jonas grinsend und hob beide Daumen in die Höhe. „Wow." „Ah, das wär doch mal was.", mischte sich Emma plötzlich ins Gespräch ein und richtete sich an ihre Lehrer. „Ein ‚Sei-wie-du-bist' Tag. Damit allen klar wird, dass jeder einzigartig ist." Stefan legte zufrieden einen Arm um Karin und sie legte ihren Kopf leicht auf seine Schulter. Die Konrektorin war ungemein stolz auf die Entwicklung ihrer Schützlinge und wusste, dass es Stefan genauso ging. Vielleicht war ein bisschen glücklicher doch noch möglich.

„Solange es 'ne einmalige Aktion bleibt.", kommentierte Rose jedoch gleich unmotiviert, was Karin lächelnd die Augen verdrehen ließ. Der Direktor würde sich niemals ändern. „Ne, dann macht's ja keinen Sinn.", grätsche Stefan sofort ein und ließ seinen Blick über die Schülermenge schweifen. „Nur wenn jeder Tag ein Sei-wie-du-bist Tag ist, dann macht's Sinn!"

Es dauerte nicht lange, bis alle Schüler das Schulgelände verlassen hatten. Übrig blieben Barbara, Karl, Jonas und Rose. Als Michael mit Frida im Kinderwagen erschien und das kleine Mädchen an seine Mutter übergab, war die Runde komplett. Stefan und Karin hatten ihre Freunde im Vorfeld gebeten, sich hier zu versammeln. Sie wollten ihre guten Neuigkeiten allen verkünden.

Stefan hob Frida aus dem Kinderwagen und hielt sie liebevoll in seinen Armen, während Karin begann: „Danke, dass ihr alle etwas Zeit für uns gefunden habt. Und Günther: Stefan und ich werden den ausgefallenen Unterricht von heute und gestern nächste Woche natürlich aufarbeiten."

Stefan kicherte bei ihrem übertriebenen Verantwortungsbewusstsein leicht, was Karin aber nicht weiter beachtete. Ihr war die Erfüllung ihres Berufs äußerst wichtig. Die Schüler hatten schließlich ein Anrecht auf guten Unterricht. Die blonde Frau konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal zwei Tage hintereinander gefehlt hatte.