Wo ist Henry?

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Wo ist Henry?

Mila schreckte auf, als der Gong der Glocke an Deck ertönte und richtete sich augenblicklich auf. Sie strich sich ihre langen dunklen Haare zurück und zog sich dann ihre schwarze Jacke über, ehe sie augenblicklich an Deck ging.

Oben herrschte wildes Treiben, denn sie hatten den Hafen von London erreicht und die Matrosen waren bereits damit beschäftigt, das Schiff zu entladen. Mila sah zu dem ersten Offizier, der Befehle erteilte und dann zu ihr sah.

,,Braucht Ihr noch etwas, Milady?"

,,Nein, danke! Ihr habt mir schon genug geholfen.", entgegnete sie und warf ihm kurzer Hand einen Geldbeutel zu, den er auffing und ihr dann ein charmantes Lächeln entgegenbrachte.

,,Willkommen in London, Miss Jones!"

Mila nickte nur und ging dann von Bord. Sie war froh, dass sie so mühelos als Passagierin an Bord hatte mitfahren dürfen, denn immerhin hielten die meisten Männer es für Unglück, eine Frau an Bord eines Schiffes zu haben. Allerdings hatte sich Mila für alle Fälle einen falschen Namen zugelegt und als sie nun auf dem Steg in Richtung Stadt ging, vermied sie jeglichen Blickkontakt mit den unzähligen Bürgern.

Ihre Gedanken kehrten wieder zu dem zurück, weshalb sie überhaupt nach London gefahren war. Normalerweise hätte Mila die Insel, auf der sie stets all die Jahre wartete, niemals verlassen, aber die vergangenen Ereignisse hatten ihr keine Wahl gelassen.
Denn ihr Sohn Henry, mittlerweile 21 Jahre alt und immer noch der gleiche Sturkopf wie eh und je, war vor einigen Monaten von zu Hause ausgebüchst und Mila befürchtete, dass er immer noch seinen alten Plan verfolgte, den mystischen Dreizack des Poseidon zu finden, der angeblich alle Flüche der Meere brechen konnte.

Mila unterdrückte den Schmerz, den ihr das Verschwinden von Henry bereitete und riss sich zusammen. Es war für sie schon unendlich schwer, ja nahezu unerträglich, jeden einzelnen Tag ohne Will verbringen zu müssen und, dass ihr Sohn sich jetzt auch noch allein auf einer gefährlichen Mission befand, die womöglich zum Selbstmordkommando werden würde, setzte Mila noch mehr zu.
Sie liebte Henry über alles. Er war der Grund, dass die vergangenen Jahre ohne Will für sie einigermaßen erträglich gewesen waren, denn in ihm erkannte Mila so viele Eigenschaften von ihrem Mann wieder. Henry kam nicht nur vom Äußeren her nach seinem Vater, er hatte auch den gleichen Sturkopf und den unendlichen Optimismus, den Will ebenfalls stets an den Tag gelegt hatte. Und obwohl Mila zuerst daran gezweifelt hatte, ob sie ihn alleine großziehen konnte...sie hatte es keine Sekunde lang bereut.

Kurz nachdem Will sie damals verlassen musste, um 10 Jahre lang auf See zu reisen, hatte Mila bemerkt, dass sie von ihm schwanger war und als Henry dann nach 9 Monaten auf die Welt gekommen war, hatte sie sich nur noch mehr gewünscht, dass Will eines Tages zu ihnen zurückkehren und mit ihnen vereint sein würde.
Und nach 10 Jahren, als er Henry das allererste Mal gesehen hatte, da war er so glücklich gewesen, wie Mila es noch nie zuvor gesehen hatte. Sogar die Tatsache, dass ein Fluch ihn an die Dutchman fesselte, war für diesen einzigen Tag fast vollkommen in Vergessenheit geraten und sie waren einfach nur eine glückliche Familie gewesen...wenigstens für einen einzigen Tag lang.

Aber vor 9 Jahren, als Henry 12 gewesen war, da war er ein gefährliches Risiko eingegangen, um die Dutchman und somit seinen Vater zu finden. Und in jener Nacht hatte Mila zum ersten Mal von den Nachforschungen über den Dreizack und von dem Plan ihres Sohnes, das mystische Artefakt zu finden, erfahren.
Natürlich sehnte sie sich ebenfalls nach Will und wünschte sich nichts mehr, als dass er endlich frei sein würde, aber sie wollte keineswegs, dass ihr Sohn sein eigenes Leben aufs Spiel setzte. Und die Tatsache, dass er für diese Mission ausgerechnet auf die Hilfe von Jack Sparrow baute, jagte Mila noch mehr Angst ein.

Adventures of the Caribbean 5 - Dead men tell no talesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt