Kapitel 12

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Nachdem Colin seiner Wut Luft gemacht hatte sind wir alle auf unsere Zimmer gegangen. Ich hatte ein echt schlechtes Gewissen und sprang aus meinem Bett, um zu Colin zu gehen. Ich betrat leise sein Zimmer und schlich mich von Hinten an ihn ran. «Buh!» Hauchte ich ihm in sein Ohr und er schrie mädchenhaft auf. Ich kugelte mich vor Lachen am Boden. Colin versuchte ein ernstes Gesicht zu machen doch auch er stieg später in mein Lachen mit ein. «Du schreist wie ein Mädchen,» brachte ich schliesslich heraus. Wir lachten noch eine Weile. «Es tut mir leid,» entschuldigend sah ich ihn an als ich mich beruhigt hatte. Er nickte und drehte sich auf seinem Bürostuhl. «Was machst du da?» Fragend bin ich aufgestanden und sah auf seinen Schreibtisch. Er war über und über von Zeichnungen übersät. Einige waren mit Farbstiften, Bleistift oder Kohle gezeichnet worden. «Das ist voll hübsch. Du hast echt Talent.» Neidisch sah ich ihn an. Wenn ich zeichne sieht es aus als hätte ein Kindergartenkind gemalt. «Danke, aber das ist nichts Wichtiges.» Er log, das spürte ich und wie er krampfhaft versuchte, mit seinem Arm ein Bild zu verdecken entging mir auch nicht. «Ist das da hinten etwa eine Ratte?!» Schrie ich plötzlich und er drehte sich alarmiert um. «Wo?» Mehr Zeit brauchte ich nicht um mir das Bild anzusehen dass er versuchte vor mir zu verstecken. Es war wunderschön. Es zeigte einen Jungen wie er lässig an einer Mauer gelehnt stand und rauchte. Beim genaueren Hinsehen erkannte ich dass, es Marc war. «Wieso malst du Marc?» Irritiert sah ich meinen grossen Bruder an. Dieser seufzte und fuhr sich über sein Gesicht. «Das ist nicht wichtig.» Ich schnaubte und wedelte mit der Zeichnung vor seinem Gesicht herum. «Und ob das wichtig ist. Also?» Er versuchte mir das Bild aus den Händen zu nehmen doch ich wich ihm geschickt aus. «Sag schon,» bettelte ich und hüpfte im Zimmer herum. Er versuchte immer noch an das Bild zu kommen. Colin gab auf und sagte schnell: »Weilichihnmag« -«Was? Sprich langsamer Colin.» Er hatte es geschafft mich in eine Ecke zu drängen und blieb vor mir stehen. «Weil ich ihn mag,» knurrte er genervt und wütend. Ich quietschte entzückt auf. «Wie süss!» Er nahm mir das Bild aus den Händen und strich es vorsichtig glatt. «Ich bin nicht süss,» zischte er und sammelte alle Blätter auf seinem Pult ein. «Colin ist verliiieebt. Colin ist verlii.-« Er hielt mir meinen Mund zu. «Sei leise, dein Gequitsche tut in den Ohren weh.» Fuhr er mich genervt an. «Wie lange schon?» fragte ich ihn ernst. Colin zuckte mit den Schultern. «Keine Ahnung. Aber ich kann es nicht ausstehen wenn er sich mit anderen Jungs trifft oder sich bloss mit ihnen unterhält. Und ich hasse es dass er mich nur als guten Kumpel sieht.» - «Das ist so süss! Aber auch traurig.» Fügte ich den letzten Teil bedauernd dazu. «Ich werde dir helfen. Nenn mich ab jetzt Doktor Love.» Ich grinste ihn an. «Ich will nicht dass du mir hilfst. Es soll so bleiben wie es ist. So ist es am besten.» Er setzte sich auf sein Bett. «Woher willst du wissen ob es das Beste ist. Du hast es noch nicht einmal anders versucht.» Tadeln sah ich ihn an. «Weil er nicht schwul ist!» schrie er mich plötzlich an und ich zucke zusammen. «Schon gut beruhig dich wieder Colin. Ich werde mich nicht einmischen. Aber du müsstest dir ernsthafte Gedanken über deine Stimmungen machen. Die sind nicht auszuhalten.» Ich verliess sein Zimmer und traf draussen auf Eric. «Was ist denn bei euch los? Und wer ist nicht schwul?» Die anderen wussten es wohl nicht. «Wir haben uns über einen Schauspieler gestritten. Ich sage er ist schwul und Colin sagt, dass er es nicht ist.» Eric nickt kurz. «Andere Frage. Wie krieg ich Sophie rum?» Bettelnd sah er mich an. «Das musst du schon selbst herausfinden. Ausserdem weiss ich es selbst nicht.» Er stöhnte frustriert auf. «Ach komm schon. Meine sonstigen Anmachsprüche ziehen bei ihr nicht. Auf jeden hat sie eine passende Antwort parat. Bitte hilf mir.» - «Nope. Keine Chance.» Ich schloss die Tür und mache meine Abendroutine und ging schliesslich ins Bett. Ich träumte von Colin und Marcs Hochzeit und ich nahm mir vor sie etwas näher zu bringen. Ich meine dieser Traum war ein eindeutiges Zeichen. Auch wenn Colin dagegen war.

«Marc?» Ich zupfte an meinem grünen T-Shirt rum und sah nervös auf meinen schwarzen Rock. Um meinen Hals hatte ich ein enges schwarzes Band gebunden. «Bist du eigentlich schwul?» Platzte ich dann doch mit der Frage raus, die ich schon den ganzen Tag stellen wollte. Wir hatten gerade Mittagspause und sassen nur zu zweit auf der Schulmauer. Vor mir lagen Verpackungen von MC Donalds. Überrascht sah er mich an. Ich bildete mir ein einen Schimmer von Panik in seinen Augen zu sehen aber dafür war der Moment zu kurz. «Nein. Bin ich nicht.» sagt er kalt und starrte auf den Schulhof. «Wieso nicht?» fragte ich ihn verzweifelt. «Weil es nun einmal so ist,» zischte er wütend. Erschrocken sah ich ihn an. Marc war normalerweise nie wütend. «Schon gut,» murmelt ich und hob beruhigend die Hände. Man waren Jungs auf dieses Thema empfindlich. Wir sassen eine Weile schweigend nebeneinander und hingen unseren eigenen Gedanken nach. «Das heisst Ich weiss es nicht.» Ich sah ihn an. «Es muss dir nicht peinlich sein. Du bist immer noch die gleiche Person. Nichts wird sich für mich verändern.» Er zuckte nur mit den Schultern. «Mal sehen. Was läuft eigentlich zwischen dir und Hunter?» - «Wie kommst du darauf das zwischen uns etwas läuft?» Ich lächelte nervös. «Ach komm schon. So wie der mich mit seinen Blicken erdolcht und dir diese gierigen Blicke zuwirft wird es bald die ganze Schule wissen wenn man euch nur ein wenig beobachtet. Du siehst ihn die ganze Zeit heimlich an und Hunter starrt dich ganz offen an. Also?» Ich drehte mich zu Hunter. Er war an das Schulgebäude gelehnt und von seinen Freunden umringt. Er sah aus wie ein König, umringt von seinen Bediensteten. Irgendwie heiss. Er starrte mich an und ich starrte zurück. Er checkte mich ja auch ab konnte ich ja dann auch. Seine Haare waren kunstvoll hochgestylt. Seine schwarze Lederjacke, das weisse Shirt und die dunklen Jeans sahen verdammt gut an ihm aus. «Hört auf euch mit den Augen auszuziehen.» Ich drehte mich grinsend zu Marc um. «Ich brauche dich heute Abend übrigens als Alibi.» Er nickte nur und deutete in Hunters Richtung. «Hat es etwa etwas mit dem da zu tun?» Ich lächelte und mein Herz machte einen freudigen Hüpfer als ich an heute Abend dachte. Konnte ich das als Date zählen? «Hunter ist gefährlich vergiss das nicht. Er ist in der Unterwelt kein Unbekannter.» Marc versuchte mich noch umzustimmen. Erfolglos. Ich wollte es selbst herausfinden und wenn er es nicht ist. Dann ist es halt so. «Ich weiss was ich mache. Keine Sorge.»

Ich stand vor meinem Kleiderschrank und suchte etwas zum Anziehen. Ich hatte keine Ahnung wo wir hingingen. Wenn wir ins Kino gehen und ich dann viel zu auf gestylt bin? Oder in ein einfaches Picknick? Frustriert stöhnte ich auf und warf mich auf mein Bett. Wie konnte es sein dass ich so nervös bin? Ich kannte Hunter noch nicht lange, hatte ihn schon geküsst und mochte ihn ohne ihn wirklich zu kennen. In London war ich beinahe schon unantastbar für Jungs gewesen aber seit ich wieder hier bin ist alles anders. Mit meinen Brüdern verstehe ich mich gut auch wenn wir noch viele Geheimnisse voreinander haben. Habe Freunde gefunden und-. Durch ein Klopfen an der Tür wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Colin kam hinein. Er sah mich verwirrt an. «Was ist denn hier passiert?» Ich wusste dass er auf die vielen Kleider anspielte die kreuz und quer durch das Zimmer verteilt waren. «Geh wieder,» ich deutete auf die Tür doch er ging nicht. «Brauchst du Hilfe?» Seufzend rappelte ich mich auf. «Nein. Kannst du jetzt gehen?» Er hob eine Augenbraue. «Wie auch immer. Wir alle gehen auf eine Party. Und-« Ich unterbrach ihn. «Und ich werde hierbleiben und mit Marc Filme anschauen. Schon kapiert. Ausserdem sind die Partys bei euch nicht gerade so toll, In London waren sie viel besser.» Er schüttelte amüsiert den Kopf. «Wir sehen uns morgen wieder. Bleib nicht zu lange wach.» Colin ging wieder und ich liess mich in meine Kissen sinken. Was sollte ich anziehen? Ich beschloss Alice anzurufen.

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