Kapitel 6

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Am nächsten Morgen wartete ich, bis Sora an meinem Zuhause vorbeilief, ehe ich dieses verließ und zu ihr aufschloss.
"Morgen", grüßte ich sie.
"Mor... . Kaori, was ist denn mit dir passiert?! Hast du dich geprügelt?", fragte sie mich geschockt.
"Was, nein! Hinata und Kageyama haben sich gestern gestritten und ich bin dazwischen gegangen und dabei habe ich einen Schlag abbekommen", antwortete ich ihr.
"Ach so, tut es sehr weh?", dabei berührte sie leicht meine Wange.
"Es tut kaum noch weh", meinte ich schlicht.
"Gut. Aber sag mal du hast doch nicht etwa das Training geschwänzt, oder warum gehst du jetzt erst zur Schule?", fragte sie mich stutzig.
"Ich hab nicht geschwänzt, die Sporthalle ist heute wegen einer Inspektion geschlossen."
"Das heißt wir können heute zusammen nach Hause gehen", sagte sie erfreut.
Den Rest des Weges schwiegen wir. Es war eine angenehme Stille, im Gegensatz dazu, wenn mich die Jungs abholten. Sie redeten meist durcheinander oder mischten sich in die Gespräche anderer ein. Das war manchmal echt nervig.
Im Schulgebäude vernahm ich aufeinmal Yamaguchi's Stimme. Sora schien sie auch gehört zu haben, denn sie wurde augenblicklich hellhörig, als dieser mit Tsukishima sprach.
"Du Tsukki, es gibt da ein Mädchen, was dich sehr gern hat."
"Er sollte es ihm doch nicht so direkt mitteilen", innerlich schlug ich mir selbst gegen die Stirn.

"Mir doch egal. Sie ist wahrscheinlich nur an mir interessiert, weil ich im Volleyballclub bin", kam es von Tsukishima.
Als Sorano dies hörte liefen ihr einzelne Tränen die Wange hinunter.
Tadashi versuchte zwar Kei vom Gegenteil zu überzeugen, doch dieser beachtete das gar nicht.
"Komm lass uns gehen", meinte ich leise zu meiner besten Freundin, welche versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken.
Wir gingen auf die Mädchentoilette, wo ich erstmal versuchte sie zu beruhigen.
"Er mag mich nicht", schluchzte sie.
"Hey, alles gut. Tsukishima hat einfach nur ein völlig falsches Bild von dir. Das wird schon", sagte ich und umarmte sie dabei.
"Tsukishima wird sich zumindest bei ihr entschuldigen. Dafür werde ich sorgen!"
Der Versuch Sora aufzumuntern war erfolgreich. Sie wusch sich noch ihr Gesicht, damit keiner sehen konnte, dass sie geweint hatte und dann gingen wir in unser Klassenzimmer. Der Unterricht verlief schleppend, Sorano war nicht ganz bei der Sache. Sie schrieb kaum mit und auf die Fragen des Lehrers konnte sie auch nicht immer antworten. Die Worte von Tsukishima haben sie sehr verletzt. Dieser Mistkerl, wieso muss er immer so herablassend und arrogant sein?! Als ob sich noch andere Mädchen für ihn interessieren würden.

Als es dann endlich Mittagspause war meinte ich zu Sora, dass ich kurz mal auf die Toilette müsste, aber in Wahrheit ging ich zum Klassenraum 1-4, um mit Tsukishima zu reden. Er saß auf seinem Platz und hörte Musik. Er schien mich zuerst gar nicht zu bemerken, bis ich direkt vor seinem Tisch stand. Der blonde Mittelblocker sah zu mir und nahm seine Kopfhörer von seinen Ohren.
"Tsukishima, ich würde gerne mal mit dir ein Gespräch unter vier Augen führen."
Er erwiderte genervt: "Wenn es denn sein muss."
Er erhob sich von seinem Platz und folgte mir, bis zum Schulhof nahe der Sporthalle.
"Also was wolltest du?"
Ich packte ihm am Kragen und zog ihn ein wenig näher.
"Jetzt hör mir mal gut zu, Bohnenstange. Sora ist keines dieser oberflächlichen Mädchen, die sich nur für einen Jungen interessieren, weil er in einem Sportclub ist. Sie mag, nein, vielmehr sie bewundert dich dafür, dass du immer offen deine Meinung sagst und dich nicht vor den Konsequenzen fürchtest. Also entschuldige dich bei ihr und zwar noch heute!"
Tsukishima seufzte genervt.
"Ja, ja, jetzt lass mich los."
Ich folgte seiner Aufforderung und ging ein paar Schritte weiter, ehe ich mich noch einmal umdrehte.
"Ach und solltest du Sora noch einmal in irgendeiner Weise verletzen, dann mach ich dich fertig", drohte ich ihm, bevor ich das Schulgebäude betrat. Einige Erstklässler sahen mich teilweise verängstigt an und tuschelten hinter meinem Rücken. Ein Gespräch lief in etwa so ab "Nimm dich vor ihr in Acht, sie hat sich gestern mit zwei Erstklässlern geprügelt und vorhin hat sie den blonden Riesen aus der 1-4 bedroht." und als ich mich zu ihnen umdrehte schrie der eine "Nichts wie weg".

Ich hoffe, Tsukishima hat sich bereits bei ihr entschuldigt, denn noch länger würde ich diesen Anblick nicht ertragen. Im Klassenzimmer saß Sora, welche über das ganze Gesicht strahlte.
"Kaori du ahnst nie, was gerade passiert ist", weiter kam sie nicht, da der Lehrer den Raum betrat und mit dem Unterricht anfangen wollte.
Ich vermutete, dass sie mir alles nach dieser Stunde auf dem Heimweg erzählen wird. Und so war es, kaum dass es zum Stundenende geklingelt hatte begann sie damit mir zu berichten, wie sich Tsukishima bei ihr entschuldigte. Ab der Hälfte habe ich aufgehört zu zuhören, da ich ja weiß, was passiert ist.
"Auf jeden Fall haben wir uns in den Sommerferien verabredet, um gemeinsam die Hausaufgaben zu machen", endete ihr Redeschwall.
"Zumindest ist sie jetzt wieder glücklich."
An meinem Haus angekommen verabschiedeten wir uns von einander.

In den darauffolgenden Tagen verbrachte Sora in den Pausen mehr Zeit mit Tsukishima und Yamaguchi. Ich hingegen saß gelangweilt auf meinem Platz, stocherte in meinem Bento herum und beobachtete Nishinoya, wie er ausgelassen mit Tanaka redete.
Im Training hatte sich nicht viel geändert, abgesehen davon, dass Hinata und Kageyama nicht mehr zusammen in einem Team spielten. Und es trainierten immer mehr Jungs individuell ihre Fähigkeiten, sodass der Platz in der Sporthalle nicht mehr ausreichte. Deshalb hatte Daichi das Mädchenvolleyballteam gefragt, ob wir nach ihrem Training die Halle benutzen könnten, mit Erfolg. In der ersten Sporthalle übte Kageyama zusammen mit Yachi eine neue Art des Zuspiels, in der der Ball am Schlagpunkt des Angreifers anhält. Ebenso Sugawara, Sawamura, Tanaka und Ennoshita, die versuchten den Synchronangriff zu meistern. In der zweiten Halle übte Asahi einen Sprung-Aufschlag solide durchzuführen. Ab und an versuchte Nishinoya ihm zu zuspielen. Yamaguchi trainierte zusammen mit Shimada seinen Aufschlag. Tsukishima lief nach dem regulären Training immer gleich nach Hause. Und Hinata trainierte beim berühmten Trainer Ukai. So verlief das Training bis zu den Sommerferien. Wir würden gleich am ersten Ferientag nach Tokio fahren, diesmal für eine ganze Woche. Dies wird das letzte Trainingscamp vor dem Beginn des Vorentscheids sein.

Volleyball war ihr Leben und könnte es wieder werdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt