8. Hoffnung

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Draco's POV

Ich hatte es gesagt. Ich hatte es ihr tatsächlich gesagt.
Warum eigentlich?
Ich wusste es selbst nicht.
Sie jedenfalls starrte mich mit leicht geöffnetem Mund und großen Augen an. Sie sah schon ziemlich süß aus, wie sie so verwirrt vor mir im Gras saß, und mit ihren wunderschönen, rehbraunen Aug- Draco jetzt reiß dich doch mal zusammen! ermahnte ich mich. Was war denn in mich gefahren?!
Granger, süß, wunderschöne Augen!? Wie kam ich denn jetzt schon wieder auf so bescheuerte Gedanken?
Ich tauchte wieder aus dem Strudel meiner Gedanken auf und bemerkte, wie Granger mich immer noch Verständnislos ansah.
Ich hatte sie anscheinend auch die ganze Zeit über angestarrt.
Mittlerweile hatte sie ihren Mund wieder geschlossen, doch der geschockte Blick blieb.

Diese Stille gepaart mit dem durchdringlichen Blick der Gryffindor vor mit ergab definitiv keine angenehme Kombination, weshalb ich mich entschloss, das Schweigen zu brechen.
,,Das mit deinen Eltern, das tut mir leid...", sagte ich mitfühlend. Sie musste ihre Eltern wirklich geliebt haben, sonst würde es ihr nicht so wehtun.
Bei mir wäre es anders. Meinen Vater habe ich nie geliebt. Bei meiner Mutter wusste ich zwar, dass sie mich liebte, doch das zeigte sie nicht gerade oft.
Aber das war etwas anderes. Jetzt ging es erstmal um Grangers Eltern, die bei einem Autounfall- was auch immer ein Auto sein mochte- ums Leben gekommen waren.

,,Woher..?'', riss mich die leise Stimme Grangers aus den Gedanken.
,,Ich habe den Brief gefunden, er lag neben dir im Gras..." erklärte ich mich und hielt währenddessen das Pergament in die Höhe, auf dem die Tinte schon - aufgrund von Grangers Tränen, ließ sich vermuten - leicht verwischt war.
Sie nickte daraufhin nur leicht und ich bemerkte wie sie schluckte, um vermutlich die erneut aufsteigenden Tränen zu verdrängen.
,,Danke", sagte sie ganz leise, sodass ich sie kaum verstand.
,,Wofür?", wunderte ich mich.
,,Dass du mich getröstet hast. Ich denke ich läge hier sonst immer noch am Boden zerstört und heulend im Gras.", sagte sie mit einem leichten Schmunzeln am Ende des Satzes, doch dieses verschwand sogleich auch wieder und machte einem traurigen Gesichtsausdruck Platz.
Sie ließ ihren Blick hinüber zum schwarzen See schweifen, dessen Oberfläche inzwischen leicht rötlich schimmerte, aufgrund der allmählich untergehenden Sonne.

,,Sie sind einfach gegangen. Einfach weg. Ich werde sie nie wieder sehen, nie wieder..."
Zum Ende hin wurde sie immer leiser, bis ihre Stimme schlussendlich versagte und ich in ihre glitzernden Augen sah, die sie immer noch traurig auf den See gerichtet hatte.
,,Verlust ist schmerzhaft, ich weiß. Meine Mutter sagte einmal früher zu mir: 'Wenn ein Mensch, den du liebst aus deinem Leben verschwindet, dann triffst du jemanden, den du genauso lieben kannst und wirst.'
Das hat sie gesagt, als meine Großmutter gestorben ist, vor zwei Jahren. Es hat so wehgetan, denn sie war eine der wenigen Personen die ich je geliebt habe...
Vielleicht ist ja was dran... Also dass man jemanden trifft, den man genauso lieben wird...
Bis jetzt habe ich diesen jemand jedenfalls noch nicht gefunden...."
Mit diesen Worten beendete ich meine kleine Rede.

Aber was erzählte ich der Granger da überhaupt? Das war etwas, über das ich noch nicht mal mit meinen Freunden reden konnte, und sie war meine 'Erzfeindin'!
Ich gab ihr hier gerade einfach meine Gefühle preis und das, ohne mit der Wimper zu zucken und darüber nachzudenken, welche Folgen es haben könnte. Ein Malfoy hat keinen Gefühle!, würde mein Vater jetzt sagen. Mein Vater, der Mann, der seit drei Wochen in Azkaban saß und dort auch lange genug bleiben würde. Der Mann, der mich geschlagen hatte, um mir beizubringen, wie ich mich gegenüber 'Minderwertiger' zu verhalten habe. Der Mann, von dem ich jahrelang dachte er würde mich lieben...

,,Ja, vielleicht.'', durchbrach die zarte Stimme des Mädchens neben mir die Stille. ,,Vielleicht werde ich irgendwann jemanden treffen, den ich genauso lieben werde, wie ich meine Eltern geliebt habe..."
Sie hatte aufgehört zu weinen, doch ich konnte immer noch die feuchten Spuren ihrer Tränen im Licht der untergehenden Sonne glitzern sehen.
Ich sah ihr in die Augen.
Ich hatte immer gedacht sie wären langweilig braun. Eben diese braunen Augen, die so viele Leute hatten. Aber nein.
Ihre Augen glänzten in einem warmen Braun und man konnte vereinzelt sogar kleine, goldene Sprenkel erkennen. Nach außen hin nahmen sie sogar einen grünlich- bläulichen Schimmer an, der dann in einem etwas dunkleren Kreis um die Iris mündete.
So wunderschöne Augen hatte ich noch nie gesehen. Es war nicht allein die Farbe, die mich so faszinierte, es war die Ausstrahlung die ich darin erkennen konnte, die Gefühle.
Ich konnte Trauer erkennen, aber auch einen Schimmer der Hoffnung. Es war wie ein Einblick in ihre Seele.

Was dachte ich da eigentlich?
Wie sollte man bitte nur anhand eines Blicks in die Augen eines Anderen dessen Gefühle erkennen können. Das bildete ich mir doch ein.
Heute war wirklich etwas komisch mit mir. Dass ich überhaupt auf die Idee gekommen war Granger zu trösten und jetzt auch noch angefangen hatte mit ihr über Gefühle zu sprechen...

Ich entschloss mich, der unangenehmen Stille ein Ende zu setzen und fragte deshalb, ob wir nicht langsam wiede rein gehen sollten.
Es wurde eh langsam dunkel und ich musste zugeben, es fröstelte mich ein wenig.
Wir machte uns nach einem Nicken ihrerseits also auf den Weg über die Ländereien, hoch zum Eingangsportal des Schlosses.
Wir liefen zusammen den Weg zu unserem Turm, den wir ja sowieso teilten und standen schlussendlich im Gemeinschaftsraum eben dieses Turmes.
,,Na dann, Granger. Gute Nacht", sagte ich noch, bevor ich durch die Tür zu meinen Schlafraum schritt, und diese hinter mir schloss.
Das leise 'gute Nacht' hörte ich gar nicht mehr....





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