5. Trauer und Schmerz

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Die nächsten Tage bestanden darin, dass Hermine, wie sonst auch, Beleidigungen an den Kopf geworfen bekam, auf welche sie jedoch bald keine Reaktion mehr zeigte. Innerlich hingegen machte es ihr sehr wohl etwas aus, und komischerweise versetzte es ihr jedes mal einen Stich, wenn sie von Malfoy runter gemacht wurde. Das wunderte sie ziemlich, da es ihr früher nie etwas ausmachte und sie einfach darüber hinweg sah.
Sie hatte sich einfach mit der Zeit daran gewöhnt.
Warum war es plötzlich so verletzend?

Sie wusste es nicht und beschloss, diese Tatsache in nächster Zeit einfach beiseite zu schieben.

Hermine machte sich, wie sie es sich vorgenommen hatte, keine weiteren Gedanken über ihr Empfinden.
Die Blätter der Laubbäume verfärbten sich allmählich von ihrem saftigen Grün zu strahlenden Gelb- und Rottönen.
Die Gryffindor verbrachte viel Zeit in der Schulbibliothek um zu lernen und gewöhnte sich, langsam aber sicher daran, ihren Turm mit den anderen teilen zu müssen.
Verwunderlich war nur, dass die sonst täglichen Beleidigungen Malfoy's mit der Zeit an Häufigkeit abnahmen, wogegen Hermine jedoch nichts einzuwenden hatte.
Es wunderte sie schlicht und ergreifend.

Hermine POV

Ich fand es schon irgendwie komisch, dass Malfoy auf einmal so nett war. Naja, als nett konnte man das nun auch wieder nicht bezeichnen. Er ignorierte mich einfach.

Heute war Mittwoch und wir hatten gerade Mittagspause.
Zuvor hatten wir Zaubertränke bei Slughorn gehabt und ich hatte, wir eigentlich immer, ein 'Ohnegleichen' für meinen Trank bekommen.
Wir sollten den Trank der lebenden Toten brauen, was mir keine weiteren Probleme bereitet hatte. Jetzt saß ich mit Ginny und Neville am Gryffindortisch und aß meine Gemüsesuppe. Plötzlich hörte ich ein Flügelschlagen über mir, und als ich aufblickte, erkannte ich eine elegante Schleiereule, die direkt auf mich zusteuerte. Komisch, normalerweise kam die Post doch morgens...
Ich wunderte mich nicht weiter darüber und band den Brief vom Fuß der Eule ab, die sich in der Zwischenzeit vor meinem Teller niedergelassen hatte.
Ich sah mir die Pergamentrolle etwas genauer an und erkannte das Siegel des Ministeriums.
Das machte mich stutzig, was sollte das Ministerium von mir wollen?
Ging es um meine Eltern, die ich nach den gescheiterten Versuchen meinerseits ihnen ihre Erinnerungen zurückzugeben, dem Ministerium übergeben hatte?
Konnten sie wieder an mich erinnert werden?
Ich machte mir allerdings nicht allzu viele Hoffnungen, da der zuständige Abteilungsleiter meinte, bei meinen Eltern wäre es beinahe unmöglich, den Obliviate rückgängig zu machen.
Ich wollte den Brief nicht vor allen anderen öffnen, nur um dann mit Fragen bombardiert zu werden. Es starrten mich sowieso schon viele Augenpaare fragend an, da es sehr unüblich war, zu dieser Zeit Post zu bekommen.
Also entschloss ich mich dazu, an meinen Lieblingsplatz am schwarzen See zu gehen.
Ich entschuldigte mich mit der Ausrede, noch etwas in der Bibliothek nachschauen zu müssen, und achtete nicht weiter auf die etwas verwirrten Blicke meiner Freunde.
Ich machte mich auf den Weg zu der großen, alten Trauerweide, die ich in meinen dritten Schuljahr entdeckt hatte.
Hier kam ich immer her, wenn ich alleine sein wollte, oder es mir nicht gut ging.
Als ich angekommen war, setzte ich mich in das von der Herbstsonne erwärmte Gras und brach das rote Siegel entzwei.
Ich rollte das Pergament langsam und bedächtig auf und fing an die darauf verfassten Sätze zu lesen.
Zeile für Zeile las ich durch und bei jedem endenden Satz wurde der Schmerz in meinen Herzen größer, bis ich haltlos in Tränen ausbrach.
Wieso?, fragte ich mich immer wieder. Wieso meine Eltern?
An meinen Wangen strömten die Tränen hinab und mein Schluchtzen wurde immer verzweifelter, sodass ich meine Umwelt gar nicht mehr wahrnahm.
Ich war in ein Loch gefallen. In ein Loch aus Trauer, Schmerz und Verzweiflung.
Auf einmal spürte ich einen starken Arm um meine Schulter, der mich an einen warmen, muskulösen Körper drückte.
Ich konnte nicht erkennen, wer es war, dennoch war ich mir sicher, dass es ein Junge sein musste. Ich war einfach froh, dass jemand da war, mich davor schützte noch tiefer in das Loch zu fallen, noch mehr zu verzweifeln.
Ich lehnte mich an den Oberkörper der Person und schluchzte in den weichen Pullover hinein.
Langsam beruhigte ich mich wieder und auf einmal nahm ich den angenehmen Duft nach Minze und Apfel wahr.
Doch da war noch etwas...es roch, wie der angenehme Geruch, nachdem es geregnet hat.
Irgendwie kam mit dieser Duft bekannt vor, doch ich konnte ihn nicht zuordnen.
Ich hob meinen Kopf und....
,,Malfoy!?"

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follow your heart // dramione FfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt