Die Herrin des Waldes

Kapitel 9

Leise wie eim Raubtier auf der Jagd schlich sie zwischen den Bäumen hindurch. Kein Ast knackte, kein Blatt raschelte. Darauf war sie vorbereitet. Regel Nummer sechs: Immer leise sein. Anschleichen, täuschen, töten, das sogenannte att-Prinzip, wie sie es sich früher gemerkt hatte. Plötzlich blieb sie stehen, lauschte. Irgendjemand gab sich nicht soviel Mühe leise zu sein. Man hörte Rascheln, Jaulen und Knacken. Sofort rannte sie los, zog sich am nächstbesten Baum hoch und sprang auf den nächsten. So arbeitete sie sich vor bis zur Quelle des Lärms. Dort rollten zwei Werwölfe auf einer kleinen Lichtung ineinander verbissen, eine Blutspur hinterlassend. Der mit dem braunen Fell hing in der Schulter des Grauens, der wiederum hatte sich in den Schwanz seines Wiedersachers verbissen. Doch zu Lyras entsetzten schauten die Umstehenden nur zu anstatt zu helfen. Nachdem der Graue vom Schwanz des Braunen abgelassen hatte, und sich stattdessen den Kiefer um das Hinterbein schloss, ertönte ein Ohrenbetäubendes Heulen. Offenbar war es nicht angenehm in die Pfote gebissen zu werden. Lyra hielt es nicht mehr aus, sprang aus ihrem Versteck, rollte sich auf der plattgetretenen Erde ab und stand elegant wieder auf ihren Füßen. Doch die kämpfenden ignorierten sie einfach. Sie zückte ihre Zwillingsklingen, und machte sich auf den Weg um das Gerangel aufzulösen. Doch als sie nur noch wenige Meter entfernt war, heulte der Alpha auf und sofort war der Kampf beendet. Beide Kämpfer verwandelten sich in Menschen und verliessen den Platz mit gesenkten Köpfen. Die Wunden die vor wenigen Augenblicken noch stark bluteten waren jetzt nur noch Kratzer. Schnelle Selbstheilung. Ein weiterer Punkt auf ihrer Liste, in der ihr die Werwölfe überlegen waren. "Dürfte ich euch auf eine Tasse Tee einladen?" fragte sie Alpha. Stumm nickte sie. Sie war noch etwas geschockt, hoffte jedoch auf Antworten. Sie folgte ihm zum proviesorischem Rudelhaus.