Ich war den Tränen nahe. Ich versuchte es zu verstecken, doch es fraß mich von innen auf. Die Trauer, der Schmerz, die Sorgen, der Druck, die Angst, all das war in den letzten Tagen zu einem großen Kloß in meinem Hals geworden. Ich schloss die Augen aber es linderte nichts, es machte es schlimmer. Denn, wenn man zu Ruhe kommt und man anfängt alles zu verarbeiten, kommen die ganzen negativen, aufgestauten und versteckten Punkte in deinem Leben zum Vorschein. Sogar die Sachen, von denen man gar nicht dachte, dass sie einen belasteten.
Auch wenn es nichts half, ließ ich meine Augenlieder schwer werden und atmete tief durch.Luc merkte natürlich sofort, dass mir alles zu viel war. Er wollte schon anfangen mit mir zu reden, jedoch machte ich nur eine ablehnde Handbewegung und lehnte mich an den schwarzen Leder-Sitz. Ich zog mich immer zurück, wenn es mir schlecht ging. Ich war lustlos, ich wollte das nicht, weder einen neuen, mentalen Zusammenbruch zu erleiden, noch hier weiterzuleben.
Hätte ich nur den Satz nicht gesagt, hätte ich nur nicht meinen Vater erwähnt.Luc saß da und sah mich an.
Irgendwie schaffte ich es etwas zu sagen: „Schau auf die Straße, bi-bitte.“ Meine Stimme war wacklig aber er verstand es und folgte meinen Anweisungen.Gedankenverloren wagte ich es zu versuchen der Trauer zu entweichen. Die Bäume zogen an mir vorbei, der Himmel war inzwischen von dicken, grauen Wolken bedeckt. Das Licht der Sonne brach an ihnen und kam nicht hindurch. Ob es bald regnen würde? Vielleicht würde sich die Wolkendecke ja noch lichten. Vielleicht würde ein Regenbogen entstehen. Vielleicht würde ich jetzt einfach einen Regenbogen in meinem Leben brauchen. Vielleicht einer der mir Hoffnung schenkt. Vielleicht.
Ich fing wieder an zu grübeln, über den Traum, unsere Begegnung, alles. Ich nahm kaum wahr, dass Luc in unsere, noch offene Garage fuhr. Erst als er mich anstupste, registrierte ich, wo wir waren.
Wir stiegen aus und die Türen unseres großen Autos knallten zu.
Manchmal machen wir Menschen seltsame Sachen, etwas was wir nicht vermutet hätten oder etwas, das, das Gegenteil von Logik ist. Aber seit wann sind Gefühle schon logisch.Ich stand versteinert vor dem Kofferraum und dort machte Luc etwas, was ich in diesem Moment am wenigsten von ihm erwartet hätte. Ich wollte es erst nicht aber ich brauchte es. Wenn ich es zulassen würde, könnte ich mich nicht mehr beherrschen.
Ich wusste nicht wie mir geschah, doch was ich noch weiß, ist, dass ich am Ende in seinen starken Armen landete. Die Wärme der Umarmung drang tief in mich. Ich legte meinen Kopf auf seine weiche, muskulöse Brust und schniefte. Ich schluchzte in sein dämliches, graues T-Shirt, hielt mich an seinen dummen, kräftigen Rückenmuskeln fest und spürte seine doofen Hände behutsam an meinem Kopf. Die Melodie seines hämmerndes Herzens schlich sich in mein Ohr.
Ich hatte ihn so oft beleidigt, ich war das Monster. Er sollte verletzt von mir sein, eingeschüchtert, beleidigt, wütend, er sollte mich anschreien und er- er hielt mich nur.
Zum ersten Mal in dieser Welt, vertraute ich ihm mein Leben an, voll und ganz und es- es tat gut, richtig gut. Ich ließ all den Kummer aus mir heraus und Luc war für mich da.
Kurz verhaarten wir in dieser Haltung. Irgendwann hörte ich auch ein Schluchzen von ihm, da wurde mir plötzlich klar, dass es ihn genauso belasten musste. Er hatte auch eine Familie. Ich wusste nicht ob er weinte aber darauf kam es nicht an. Wir gaben uns gegenseitig einen Halt.Nachdem wir einen Donnerschlag hörten, wischte ich mir die Tränen ab und er ließ mich los. Seine Augen waren gerötet und feucht. Er schniefte nochmal und spähte in den Himmel: „Ich denke, das wird ein heftiges Gewitter. Geh schonmal rein. Ich komm nach und bringe die Sachen mit.“
Ich willigte, noch überfordert von der Situation, ein. Der Schlüssel unter der Fußmatte war noch vorhanden und so sperrte ich die Haustür auf. Zuhause. Es war angenehm wieder da zu sein. Das runtergefallene Messer lag immer noch dort. Ich hob es auf und steckte es in die Messerhalterung.
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ALONE
Science FictionSehr Kurze Leseprobe: Die Dornen zerkratzten meine Arme und mein Gesicht, aber ich kümmerte mich nicht darum. Ich rannte aus dem Dickicht, ein paar Meter an dem Campingplatz vorbei, direkt weiter auf einen kleinen Weg, welcher eigentlich gesperrt wa...