Ich stellte die glänzenden Schüsseln zu dem Müsli und der Milch auf unseren üblichen Küchentisch. Nur die Löffel und etwas zu Trinken fehlte noch. Ich lief durch die geräumige Küche und spürte wie sich meine Füße aufwärmten. Die Schränke waren aus Eichenholz gefertigt und lackiert. Ich öffnete von den sieben, unterschiedlich großen Schubladen die dritte von links, nahm zwei Löffel heraus und legte sie auf den mittig platzierten Tisch. Die Wolken hatten sich verdrückt und Dank der Sonne konnte man die wenigen Pfützen auf der Straße schillern sehen. Ich schloss die Schublade wieder und schlurfte zum Kühlschrank, der in der Ecke unserer Küche stand, neben den vielen Schubladen. Ich entschied mich für den Orangensaft und sah auf die digitale Uhr. Das Gerät sagte mir, dass es 23° hatte, kurz vor neun war und ein Blick auf mein Handy, dass der Akku für den Mittwoch am 16.04.2019 reichen würde.
Ich sah ins Wohnzimmer. Luc lag immer noch versunken auf dem Sofa und wälzte sich herum. Ich schnaufte. Nach gestern hatte ich grundsätzlich nicht im Sinn sein Tagebuch zu lesen, dennoch ging ich zum zweiten Ausgang der Küche in den Eingangssaal.
Unsere Sachen waren ordentlich aufgestapelt, lagen zusammen geschoben oder nur gehäuft auf dem Boden. Ich erkannte die Box wieder. Ich überprüfte abermals, ob er noch schlief. Als ich ein leises Schnarchen vernahm, grinste ich und holte zügig das vergammelte Buch aus der Box.
Ich hatte nicht vor es jetzt abzuarbeiten, der Zeitpunkt war nicht der richtige. Ich legte es zurück, damit es nicht auffiel, wenigstens war es noch da. Ich sah wieder auf die Uhr, fast halb zehn. Konnte der Penner denn nie aufstehen? Zugegeben, der Abend gestern hatte mir gut getan und die Umarmung erst. Aber jetzt hatten wir vor, einen Plan zu schmieden, da konnte ich mich nicht auf meine Gefühle konzentrieren und schon gar nicht zulassen. Ich wusste noch immer nur die Sachen von ihm, von denen er auch gewagt hatte, sie mir zu erzählen. OK, gut, für Freundschaft reichte es aus und auch für volles Vertrauen. Trotzdem wollte ich mehr über ihn erfahren.Ich lehnte mich an den Türrahmen und beobachtete ihn. Wurde Zeit ihn zu wecken. Ich trat vor und blieb, zu meinem Leid mit meinem kleinen Zeh am Kommodenbein hängen. Wie sehr ich das hasste. „Shit, shit, shit!“ Die Kommode rückte einen Stück vor, ich schnappte laut nach Luft. Es reichte nicht um Luc zu wecken, dies übernahm er selber. Es kam ein gequetschter Ton von ihm, er drehte sich langsam um in Richtung Sofakante. „Oh nein, nein, nein!“, brachte ich noch raus, doch er landete schon mit einem 'Bumm' auf dem Boden oder einem, nun ja, massiven 'Rumms'. Man hörte ein gequältes Stöhnen unter der Decke, in die er sich eingewickelt hatte. Ich zog die Luft durch meine Zähne und ging zu ihm: „Luc? Alles OK?“ Wieder bekam ich ein genervtes, kurzes und müdes Stöhnen von ihm zu hören. „Könntest du mich- Ah, meine Schulter. Lass mich einfach schlafen.“ Natürlich ließ ich ihn nicht schlafen. Ich riss ihm die Decke weg. „Aufstehen! Wir wollen anfangen dem hier auf den Grund zu gehen. Schon vergessen? Ich bin in der Küche, Essen steht bereit“, sagte ich und verschwand in der Küche.
Nach ungefähr fünf Minuten fragte er total zerknautscht, wo denn die Dusche sei und nach weiteren fünfzehn tauchte er endlich wieder gut riechend auf. Er hatte in dieser Welt vermutlich noch nicht so oft geduscht, das war mir erst heute klar geworden. Wir setzten uns.
„Kann es sein- Wie reich muss man sein, um eine Fußbodenheizung in der Küche zu haben?“
„Das haben wir nur geerbt“, antwortete ich. Er schüttete sich etwas Müsli in die Schüssel.
„Ok- Wir haben gesagt, wir fangen an, also... Was ist der Plan?“, sagte Luc.
„Ich weiß nicht, wie kann sowas überhaupt passieren? Jetzt mal ehrlich, wie können wir die Einzigen auf der Welt sein?“ Die Frage, die wir alle lösen wollten.An der Frage zerbrachen wir uns den Kopf. Auf jeden Fall war ausgeschlossen, dass wir tot waren.
„Was wäre mit einer virtuellen Realität?“, fragte ich.
„Das kennst du?“, er klang unsicher. Ich warf ihm einen Ich-bin-nicht-doof-und-echt-jetzt-Blick zu. Er drehte nur den Kopf beiseite.
Letztendlich antwortete er: „Na ja, das kann schon sein... Es könnte sogar sein, dass wir von einem anderen Universum kommen. Das wär ja Mal mega cool!“ Ich verstand ihn nicht.
„Was wäre daran cool?"
„Überleg dochmal! Das würde heißen, wir kommen aus einer viel fortgeschritteneren Welt!“
„Trotzdem stecken wir hier fest! Also konzentrier dich!“
„Tut mir Leid, mein Nerd-Hirn kann ich nicht abschalten.“
Ich schmunzelte.
„Schon in Ordnung. Also, was ist der Plan?“
„Da wir die Einzigen sind-“
„Das wissen wir doch nicht wirklich. Was ist mit anderen Ländern? Wir wissen es nur von Deutschland.“
„Phee, das ist so unwahrscheinlich. Wir sind schon fast zwei Wochen hier, das wäre den anderen Ländern längst aufgefallen. Es gibt auch Kontakte, die über Grenzen hinausgehen und so viele andere Gründe, die widerlegen, dass das nichtmal im Geringsten stimmen kann.“Ich senkte den Kopf. Nicht einmal diese Hoffnung war mir geblieben.
Er wollte vorsichtig meine Hand berühren. Ich zog sie weg.
„Was bleiben uns noch für Möglichkeiten?“, lenkte ich ab.
Er nahm die Hand zurück und guckte enttäuscht. Trotzdem bemühte er sich um eine Lösung: „Was hälst du davon, wir gehen in die Stadt und teilen uns dort auf. Um drei Uhr treffen wir uns wieder am Herbert-Kröte-Gymnasium.“
Ich ging drauf ein: „Ich würde wirklich mal wieder gerne raus. Aber-Was sollen wir denn in der Stadt?“
„Erkunden. Wir suchen nach Hinweisen und ich bin mir sicher, die nächste Nachricht ist nicht weit.“
Das klang irgendwie gruselig und zugleich nach einem Plan.
Ich nickte und stellte mein Besteck und die Schüssel in die Spüle. Ich räumte das Müsli und die Milch auf. Auch den Orangensaft schnappte ich ihm vor der Nase weg: „Heyy! Ich wollte noch was! Ich weiß ja nicht, wie das bei euch ist aber bei uns wartet man bis alle mit dem Essen fertig sind.“
Diese Seite kannte ich noch nicht von ihm, die Hungrige. Ich rollte mit den Augen und stellte ihm den Saft wieder hin.Als er fertig war, packte ich mir eine kleine Tasche und er sich einen Rucksack. Mit dem restlichen Tank fuhren wir erst zu einer älteren Tankstelle. Während ich mir eine Tüte Chips mitnahm, fand Luc noch irgendwo etwas Benzin und betankte den Wagen.
Er kam zu mir ins Gebäude und legte etwas Geld auf den Tresen. Ne, das war doch nicht sein Ernst: „Was machst du da? Bist du dumm?“
„Das gehört sich doch so“, sagte er mit den Schultern zuckend.
„Ja aber wir sind alleine! So schnell werden die nicht mehr auftauchen“ , ich steckte das Geld wieder ein. Widerwillig setzte er sich zurück in den Wagen. Danach fuhren wir zu meiner Schule.„Phee? Es ist zwölf Uhr. In drei Stunden wieder hier. Abgemacht?“
„Abgemacht“, erwiderte ich und ging in Richtung Einkaufszentrum. Luc lief schnellen Schrittes zum Marktplatz. Ich war gespannt auf das, was wir finden würden. Würden wir überhaupt etwas finden? Mit guter Laune wanderte ich zum ersten Haus...Drei Stunden... Oder vier... So wenige Stunden, in denen so viel passieren konnte.
(1204)
DU LIEST GERADE
ALONE
Fiksi IlmiahSehr Kurze Leseprobe: Die Dornen zerkratzten meine Arme und mein Gesicht, aber ich kümmerte mich nicht darum. Ich rannte aus dem Dickicht, ein paar Meter an dem Campingplatz vorbei, direkt weiter auf einen kleinen Weg, welcher eigentlich gesperrt wa...