Kapitel 3

87 5 0
                                    

Vorsichtig wendete ich mich zu dem Chef der Organisation, wissend dass ich mich mit meiner Frage auf sehr dünnes Eis begeben würde: "Haben Sie schon einmal über die Möglichkeit eines Maulwurfs in Ihren Reihen nachgedacht?" Ich wartete auf eine Antwort, darauf gefasst, dass sich seine Stimmung sofort ändern würde und die Ernsthaftigkeit die er versprühte, in Wut umschlug. Stattdessen seufzte er nur, lehnte sich ein Stück nach Vorne und stütze seine Ellenbogen auf dem Tisch ab, um sein Kinn auf den ineinander gefalteten Händen zu legen. Mit seinem Blick rechts von mir auf das Gemälde an der Wand gerichtet, sprach er genauso ruhig wie zuvor weiter: "Natürlich haben Stephen und ich das. Als wir in unseren Akten keine Anhaltspunkte fingen konnten, haben wir uns in die Server der Kingsman gehackt, was zugegebenermaßen eine hartes Stück Arbeit war. Jedenfalls, wenn man keine Spuren hinterlassen wollte, die man zurückverfolgen konnte. Dort haben wir dann auch ziemlich schnell die Informationen über Ryan und seinen Überfall auf die Kingsman gefunden. Nachdem wir uns einen kurzen Überblick darüber geschaffen hatten, kamen wir schnell zu dem Entschluss, dass es sich bei unseren Angreifern um die gleichen Leute handeln musste Oder jedenfalls die Wahrscheinlichkeit dafür sehr hoch war. Stephen war beim Überfliegen aufgefallen, dass Sie besonders häufig erwähnt wurden und so haben wir uns auch noch Ihre Akte heruntergeladen, bevor wir die Verbindung trennten, um nicht endeckt zu werden. Er war es auch, der die weiteren Informationen nach Ihrem Ausstieg bei den Kingsman zusammengetragen hatte, welche Sie während der Fahrt hierher hoffentlich von Thomas gezeigt bekommen haben." Ich gab mir größte Mühe um bei dem Wort 'Ausstieg' dem Mann nicht sofort laut protestierend zu widersprechen. Wirklich, wenn das heute noch einmal jemand mir gegenüber äußerte, erkläre ich demjenigen mit allergrößtem Vergnügen lang und breit, was damals wirklich passiert war. Für den Moment hielt ich mich jedoch noch zurück, immerhin wollte ich dem Mann nicht groß ins Wort fallen. "Aber zu Ihrer Frage: Als wir gelesen hatten, dass sich Sam bei den Kingsman eingeschlichen hatte und für Ryan die Informationen beschaffen hatte, beziehungsweise die Agenten beabsichtigt mit falschen Daten ins offene Messer laufen lassen hatte, haben Stephen und ich natürlich sofort Maßnahmen ergriffen. Auch wenn es als sehr verwerflich oder als Vertrauensbruch seinen Mitarbeitern gegenüber anzusehen ist, haben wir jeden der Agents ohne ihr Wissen mit Abhörgeräten ausgestattet, sodass wir, jedenfalls während Ihrer Arbeitszeiten, alles aufzeichneten, was sie sprachen. Die mehreren hundert Stunden Material liefen während unserer normalen Arbeitstätigkeit nebenbei live mit, so hätten wir im Zweifelsfalle sofort eingreifen können. Jedoch zeigte sich keiner unserer aktiven Agents als verdächtig. Da wir alle unsere inaktiven Mitglieder ehrenhaft und in bester Freundschaft entlassen hatten, gehen wir nicht davon aus, dass einer von ihnen etwas mit der Sache zu tun hatte. Deswegen haben wir mittlerweile das Abhören wieder unterlassen, da Stephen und ich uns einig sind, dass wir aus unseren eigenen Reihen nie etwas zu befürchten hatten und weiterhin auch nicht haben. Abgesehen davon würde sich der Maulwurf früher oder später nur selber in eine missliche Lage bringen, wenn die Gruppe so weiter agiert, wie sie es momentan tut. Sie können ihn zwar entführen und so den Schein aufrecht bewahren, dass er uns gegenüber noch loyal ist, aber töten und die Leiche zu ihm nach Hause bringen würden sie kaum. Immerhin hätten sie dann ihren Informanten verloren und würden so zu keinen weiteren Details über unsere internen Angelegenheiten bekommen. Und ihn als einzigen übrig lassen wäre auch keine Option, dann würde er sofort auffliegen." Ich konnte seine Bedenken mit dem Abhören durchaus nachvollziehen, andererseits glaube ich, dass es die Agents durchaus verstehen würden, immerhin ging es auch um ihre eigene Sicherheit.
Außerdem finde ich es, nebenbei mal so erwähnt, wie bei den Kingsman damals auch sehr bemerkenswert, dass die Agents nicht ihren Job niederlegen, sich ihre Familien schnappen und versuchen abzuhauen, um dem Risiko entführt zu werden zu entfliehen, sondern hier bleiben um für ihre Leute zu kämpfen. Das sollte wirklich nicht als selbstverständlich angesehen werden.

Tutorea LibertatemWo Geschichten leben. Entdecke jetzt